BGH entscheidet: Umschuldung von Immobilienkrediten darf nichts kosten

Nach Angaben von Verbraucherschützern verlangen Banken und Sparkassen laut ihrer AGB Bearbeitungskosten von ihren Kunden, wenn ein Kredit zur Finanzierung einer Immobilie von einem anderen Institut übernommen wird. Und das dürfte auch in der Realität genau so gehabt werden. Viele Kunden merken das oft gar nicht, da der Betrag in den meist recht üppigen Summen eines solchen Kredits einfach untergeht. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch im September 2019, dass Bankkunden keine Gebühr für die Umschuldung von Immobilienkrediten zahlen müssen. Preisnebenabreden einer Sparkasse bei der Umschuldung von Immobilienkrediten, wie sie im vorliegend Fall zu beurteilen waren,  sind unwirksam, entschied das Gericht.

Keine Gebühren bei der Umschuldung von Immobilienkredit entschied der BGH 2019Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen eine Sparkasse aus Steinfurt geklagt, weil sie 100 Euro verlangt hatte, wenn ein Kreditnehmer nach Ablauf der Zinsbindung seine Immobilie bei einer anderen Bank weiterfinanzieren wollte. Konkret ging es um die unter “4.8 Sonstige Entgelte” in den Allgmeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu findende Klausel „Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen 100,00 €“. Der Anwalt des Bundesverbands argumentierte, dass die Pflicht der Bank sei, dem Kunden den Wechsel zu einem anderen Kreditinstitut kostenfrei zu ermöglichen,.

Der damit verbundene Aufwand sei letztlich durch den von den Kunden verlangten Zins abgegolten, so die Bundesrichter. Die Klausel erfasse aber auch den umgekehrten Fall, nämlich wenn die Bank als neue Darlehensgeberin im Rahmen der Ablösung eines bei einem anderen Kreditinstitut bestehenden Darlehensvertrags tätig wird. Mit der hierfür nötigen Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten verfolge Bank oder Sparkasse allein eigene Vermögensinteressen, so dass die Klausel als Preisnebenabrede einzuordnen sei.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer hat das Urteil weitreichende Folgen. Nach deren Kenntnis finden sich solche Klauseln in den AGB zahlreicher Banken – und sieht auch gute Chancen, dass betroffene Verbraucher Rückerstattungsansprüche geltend machen können.

Urteil des Bundesgerichtshof vom 10.9.2019; Az. – XI ZR 7/199 –

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EuGH-Urteil: Kommt eine Widerrufswelle bei KFZ- und Immobilienkrediten?

Wird ein privater Kreditnehmer beim Abschluss etwa von Immobilienkrediten nicht ordentlich über sein Widerrufsrecht informiert, so kann dieser noch Jahre nach Abschluss einer Finanzierung einen Widerruf aussprechen. Doch zuletzt war dies immer schwieriger geworden. Die deutschen Gerichte, allen voran der Bundesgerichtshof (BGH), hatten zunehmend bankenfreundlich geurteilt.

Das Urteil des EuGH vom März 2020 verschiebt die Lage jedoch wieder Richtung Verbraucherschutz. Kreditverträge müssten in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben, erklärte dazu der EuGH. Für den Kreditnehmer müsse klar und deutlich sein, wie sich die Widerrufsfrist berechnet und wann sie konkret beginnt. Andernfalls würde die Wirksamkeit des Widerrufsrechts ernsthaft geschwächt.

Der EuGH hat dabei besonders auf den sogenannten „Kaskadenverweis“ geschaut. Der ist als Teil der Widerrufsbelehrung in den meisten ab Juni 2010 abgeschlossenen KFZ- und Immobilienkrediten zu finden. Dieser lautet üblicherweise: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“ Ein Text, der Verbraucherschützern schon lange ein Dorn im Auge war,  mache es dieser doch dem Kunden besonders schwer, festzustellen, wann die Widerrufsfrist des Darlehens denn nun eigentlich genau beginnt.

Widerruf bei KFZ- und Immobilienkrediten durch EuGH-Urteil eventuell einfacher

Diese Frist startet laut Gesetz dann, wenn der Kunden von der Bank sämtliche Pflichtangaben genannt bekommen hat, so steht es im Mustervertrag. Doch welche sind das genau? Genau das ist die zentrale Frage: Im Vertrag wurde auf eine Rechtsvorschrift verwiesen, die wiederum auf weitere Vorschriften verwies – das widerspreche der Anforderung nach klaren und prägnanten Angaben zur Berechnung der Frist, so das europäische Gericht in seiner Urteilsbegründung. Es handelt sich hier um einen „Kaskadenverweis“ – Angaben in den Kreditverträgen, die auf eine nationale Vorschrift verweisen, die ihrerseits auf andere Normen verweist.

Doch das reicht dem EuGH nicht aus, Verbraucher könnten auf dieser Vertragsgrundlage nicht ernsthaft den Umfang ihrer vertraglichen Verpflichtung bestimmen – und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die sie verfügen können, bereits schon zu laufen begonnen hat.

Eigentlich steht europäisches Recht vor nationalem Recht. Dementsprechend hätte das verbraucherfreundliche EuGH-Urteil also Vorrang. Doch die deutschen Kreditinstitute können sich demgegenüber bei ihren Widerrufsbelehrungen auf den Musterschutz verlassen. Der besagt: Solange sie den gesetzlichen Mustertext für ihre Widerrufsbelehrung verwenden, haben sie alles richtiggemacht und können dafür nicht belangt werden. Was wiegt also stärker – der Musterschutz für Banken oder die Aussage des EuGH, dass die Formulierung unzumutbar für Verbraucher sei?

Da viele Kreditinstitute in der Formulierung ihrer Vertragstexte vom gesetzlichen Muster abgewichen sind, entfällt für sie dieser Musterschutz. Das könnte tatsächlich zu einer Widerrufswelle durch die Verbraucher führen – die Chance ist da. Doch ohne eine kleinteilige Prüfung der Details dürfte eine solche Vertragsauflösung  nicht ganz problemlos werden.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. März 2020, AZ – C-66/19 –

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