Reise-Stornierung: Gericht weist Rückerstattungsanspruch ab

Im Streit um einen Rückerstattungsanspruch aus einem Reisevertrag hat das Amtsgericht München in einemUrteil vom April 2024 gegen den Kläger entschieden, der 3.949 Euro zurückgefordert hatte. Der Kläger hatte eine neuntägige Reise nach Faro (Portugal) für 4.548 Euro gebucht und diese anschließend im Internet storniert. Daraufhin buchte das beklagte Resieunternehmen Stornogebühren in Höhe von 3.859 Euro vom Konto des Klägers ab. Der Kläger argumentierte, er habe sich lediglich über eine Umbuchung informieren wollen und versehentlich die Stornierung vorgenommen. Zudem habe er nach der Buchung von einer Baustelle neben dem Hotel erfahren.

Das Gericht stellte fest, dass die Stornierung wirksam war und eine Anfechtung wegen Irrtums in der Erklärungshandlung  nicht gegeben sei. Für die Stornierung waren fünf Schritte erforderlich, und ein versehentliches “Verklicken” bei jedem dieser Schritte sei lebensfremd. Nach Ansicht des Gerichts musste dem Kläger bewusst gewesen sein, dass er eine endgültige Stornierung vornahm.

Rückerstattungsanspruch bei Stornierung.Das Reiseunternehmen sei berechtigt, so die Richter, aufgrund des Rücktritts vom Vertrag vor Reisebeginn eine angemessene Entschädigung in Höhe von 3.859 Euro zu verlangen. Es hatte schlüssig dargelegt, dass es für die Buchung der einzelnen Reiseleistungen wie Flüge und Hotel in Vorleistung gehen musste. Die Gesamtaufwendungen beliefen sich auf 4.036 Euro.

Der Kläger konnte sich auch nicht auf die AGB der Beklagten berufen, da seine Behauptung über eine Baustelle neben dem Hotel nicht ausreichend konkret war. Es fehlte an einem schlüssigen Vortrag, dass von der Baustelle ausreichender Baulärm ausgeht, der einen erheblichen Reisemangel darstellt. Auch eine entsprechende Mängelanzeige war nicht erfolgt. Somit konnte der Kläger keinen Anspruch auf Rückerstattung geltend machen.

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung klarer und bewusster Handlungen bei Online-Buchungen und die rechtlichen Konsequenzen einer wirksamen Stornierung. Es zeigt zudem, dass eine Anfechtung der Stornierung wegen Irrtums nur unter sehr spezifischen Bedingungen möglich ist. Die Entscheidung des Amtsgerichts München hebt hervor, dass Reiseveranstalter berechtigt sind, angemessene Stornogebühren zu erheben, wenn Kunden ihre Buchungen zurückziehen und sie dadurch auf erheblichen Kosten sitzen bleiben.

Amtsgericht München, Urteil vom 18.4.2024; AZ –275 C 10050/23

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Korrektur falscher Schätzwerte bei Erdgasjahresabrechnung erlaubt

Das Amtsgericht München hat mit einem Urteil vom März 2024 entschieden, dass Energieanbieter durchaus berechtigt – quasi sogar verpflichtet – sind, falsche Schätzwerte nachträglich zu korrigieren. Dieser Fall betraf eine Erdgasjahresabrechnung über mehr als 4.200 Euro für den Zeitraum von März 2020 bis März 2021. Die Klägerin argumentierte, dass der ermittelte Gasverbrauch von 63.528 kWh deutlich zu hoch sei. Der hohe Verbrauch resultierte jedoch aus einer fehlerhaften Schätzung des Vorjahres, die zu niedrig angesetzt worden war.

Das Gericht stellte fest, dass der Verbrauchswert aus dem Jahr 2021 auf einer tatsächlichen Ablesung beruhte, während der Wert des Vorjahres geschätzt worden war. Die Schätzung des Vorjahres hatte sich im Nachhinein als zu niedrig erwiesen, was zu einer Korrektur in der Abrechnung 2021 führte. Das bayrische Gericht befand die Korrektur für rechtens, da diese auf realen, abgelesenen Werten basierte und somit den tatsächlichen Verbrauch korrekt widerspiegelte.

Die Beklagte ist berechtigt, die Schätzwerte anzusetzen Ein weiterer wichtiger Punkt des Urteils war die Verpflichtung der Klägerin, das tatsächlich verbrauchte Gas auch zu bezahlen. Das Gericht betonte, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, den Verbrauch am Ende des ersten Jahres selbst abzulesen, um eine genauere Verteilung der Kosten zu gewährleisten. Da diese Möglichkeit von der Klägerin nicht genutzt wurde, sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Schätzwerte anzusetzen. Die Schätzung des ersten Jahres und die Korrektur im zweiten Jahr entsprachen den gesetzlichen Abrechnungsmechanismen und führten insgesamt nicht zu einer fehlerhaften Gesamtabrechnung.

Das Urteil der Münchner Richter verdeutlicht die rechtliche Grundlage für die nachträgliche Korrektur von Schätzwerten bei Energieabrechnungen. Es betont die Bedeutung einer korrekten Ablesung zur Vermeidung von Streitigkeiten und stellt klar, dass Energieanbieter verpflichtet sind, fehlerhafte Schätzungen zu korrigieren, um so den tatsächlichen Verbrauch korrekt abzubilden. Diese Entscheidung unterstreicht die Verantwortung der Verbraucher, ihre Verbrauchswerte rechtzeitig und richtig zu erfassen, um unnötige Nachzahlungen zu vermeiden.

Das Gericht betonte zudem, dass keine relevanten Beweise vorgelegt wurden, die die Abrechnung in Frage stellen könnten. Dies zeigt die Bedeutung einer genauen und sorgfältigen Überprüfung von Schätzungen und tatsächlichen Ablesungen durch die Versorgungsunternehmen. Verbraucher sollten aufmerksam ihre Abrechnungen überprüfen und bei Unklarheiten rechtzeitig handeln, um ähnliche Fälle zu vermeiden.

Amtsgericht München, Urteil vom 19.3.2024; AZ – 172 C 12407/23

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Pro Klimaschutz: Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich erlaubt

Die Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen zur Deckung des privaten Energieverbrauchs im Außenbereich wird als privilegiertes Vorhaben anerkannt. Eine Entscheidung des Koblenzer Oberveraltungsgerichts vom April 2024 betont die Förderung der Windenergie als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Nutzung erneuerbarer Energien.

Im konkreten Fall beantragten Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids für vier Kleinwind-Energieanlagen mit einer Höhe von 6,5 Metern auf ihrem Grundstück im Außenbereich. Der Landkreis Altenkirchen lehnte diesen Antrag ab, da die Anlagen nicht der öffentlichen Energieversorgung dienen würden und öffentliche Belange dem Vorhaben entgegenstünden. Die Kläger erhoben daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht, das den Landkreis zur Erteilung des Bauvorbescheids verpflichtete. In der Berufung bestätigte das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Private Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass die Errichtung und der Betrieb der Kleinwind-Energieanlagen ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des Baugesetzbuchs darstellt. Die Privilegierung beziehe sich auf die Nutzung der Windenergie, unabhängig davon, ob der erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist oder für den privaten Verbrauch genutzt wird. Diese Auslegung unterstützt den umwelt- und ressourcenschonenden Ansatz der gesetzlichen Regelung und trägt zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien bei.

Die Argumentation des Landkreises, die Privilegierung solle nur für Windenergieanlagen gelten, die der öffentlichen Versorgung dienen, wurde vom Gericht als unbegründet zurückgewiesen. Auch aus der Entstehungsgeschichte der entsprechenden Gesetzesvorschrift ergaben sich keine Hinweise auf ein solches Erfordernis. Vielmehr unterstreicht die Norm die Bedeutung einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien, zu der auch privat genutzte Kleinwind-Energieanlagen beitragen können.

Bedenken des Landkreises hinsichtlich eines möglichen Wildwuchses von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich wurden ebenfalls entkräftet. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen die Errichtung solcher Anlagen im Außenbereich nur dann sinnvoll, wenn der erzeugte Strom vor Ort verbraucht wird oder eine Netzeinspeisung wirtschaftlich tragfähig ist. Da dies in den meisten Fällen nicht gegeben ist, bleibt das Risiko eines übermäßigen Ausbaus gering.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich erfüllt sind, wenn sie der privaten Energieversorgung dienen und keine anderen Belange entgegenstehen. Dies trägt zur Förderung erneuerbarer Energien und zum Klimaschutz bei, indem es die Nutzung von Windenergie auch für private Zwecke ermöglicht.

Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 4.4.2024; –  1 A 10247/23.OVG –

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Fehlberatung zu KfW-Fördermitteln bei energetischer Sanierung: Architekt haftet

Ein aktuelles Gerichtsurteil des Landgerichts Frankenthal vom Januar 2024 bestätigt, dass ein Architekt nicht nur für technische Beratung, sondern auch für die Richtigkeit der Informationen zu Fördermitteln haftet, wenn er diese als Teil seiner Beratungsleistungen anbietet. Der Fall betrifft eine Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Rheinland-Pfalz, die durch fehlerhafte Beratung finanzielle Einbußen erlitten hat.

Die Eigentümerin beauftragte einen Architekten, der auch als Energieberater tätig ist, mit der Planung und Durchführung einer energetischen Sanierung ihres Mietshauses. Der Architekt riet ihr, das Haus in eine Wohnungseigentümergemeinschaft umzuwandeln, um Fördermittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aus dem Programm „Energieeffizient Sanieren“ zu erhalten. Entsprechend diesem Rat stellte die Eigentümerin den Förderantrag, führte die Sanierung durch und wandelte die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen um.

Das Gericht betonte, dass der Architekt mit seiner Beratung zu Fördermitteln eine Rechtsdienstleistung erbracht habe. Die KfW verweigerte jedoch die Auszahlung der Fördermittel mit der Begründung, dass die Umwandlung in Wohnungseigentum bereits deutlich vor der Antragstellung hätte erfolgen müssen. Dies führte in der Konsequenz zu einer erheblichen finanziellen Belastung für die Eigentümerin, die daraufhin den Architekten auf Schadensersatz verklagte.

Das Landgericht Frankenthal entschied zugunsten der Eigentümerin und stellte klar, dass der Architekt für den entstandenen Schaden haftet. Das Gericht betonte, dass der Architekt mit seiner Beratung zu Fördermitteln eine Rechtsdienstleistung erbracht habe und daher auch für die Richtigkeit der Informationen über die Fördervoraussetzungen verantwortlich sei. Durch die fehlerhafte Beratung habe der Architekt seine Schutzpflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt.

Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Architekten und Energieberater, die ihren Kunden nicht nur technische, sondern auch rechtliche und finanzielle Ratschläge geben. Es unterstreicht die Notwendigkeit, sich umfassend über die Bedingungen von Förderprogrammen zu informieren und sicherzustellen, dass die Beratung in allen Aspekten korrekt und vollständig ist. Und um so umfangreiche Schadensersatzforderungen abzuwehren, die bei Einzelunternehmen zur Insolvenz führen können.

Eigentümer, die energetische Sanierungen planen, sollten umgekehrt sicherstellen, dass ihre Berater wirklich über fundierte Kenntnisse der relevanten Förderbedingungen verfügen.

Landgericht Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 25.1.2024; – 7 O 13/23 –

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Dürfen Vermieter die Telefonnummer von Mietern an Handwerker weitergeben?

Die Weitergabe der Telefonnummer eines Mieters durch den Vermieter an Handwerker wirft verschiedene datenschutzrechtliche Fragen auf. Laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind Telefonnummern als  personenbezogene Daten zu verstehen und unterliegen daher strengen Regelungen. Grundsätzlich ist die Verarbeitung solcher Daten verboten, es sei denn, es liegt eine gesetzliche Erlaubnis oder eine ausdrückliche Einwilligung vor.

Die Übermittlung der Telefonnummer des Mieters an einen Handwerker stellt eine Datenverarbeitung dar. Nach den Grundsätzen der DSGVO muss diese Verarbeitung transparent und rechtmäßig erfolgen. Der Vermieter ist verpflichtet, den Mieter darüber zu informieren, dass seine Telefonnummer weitergegeben wird. Zudem darf nur die für den Zweck notwendige Information weitergegeben werden, also in diesem Fall ausschließlich die Telefonnummer, nicht jedoch zusätzliche Daten wie E-Mail-Adresse oder Kontoverbindung.

Eine Einwilligung des Mieters muss freiwillig und nachweisbar sein. Problematisch wird es, wenn der Mieter sich gezwungen fühlt, seine Einwilligung zu erteilen, weil sonst notwendige Reparaturen nicht durchgeführt werden könnten. Eine erzwungene Einwilligung gilt jedoch nicht als freiwillig und ist daher unwirksam. Darf man dem Handwerker von Vermieterseite einfach eine Telefonnummer des Miters geben?

Falls der Vermieter die Telefonnummer ohne die erforderliche Einwilligung weitergibt, können rechtliche Konsequenzen folgen. Mögliche Folgen sind Schadenersatzansprüche seitens des Mieters – sollte es gar zu irgenwelchen Belästigungen durch den Handwerker kommen – bis hin zu Bußgeldern. Dies gilt dann unabhängig davon, ob ein tatsächlicher Schaden entstanden ist oder nicht.

Auch wenn der Mieter seine Einwilligung zur Weitergabe gegeben hat, bleibt diese rechtlich an den Zweck gebunden, für den sie erteilt wurde. Der Vermieter darf die Telefonnummer nicht beliebig oft weitergeben. Der Mieter hat zudem das Recht, seine Einwilligung jederzeit zu widerrufen, wodurch die Weitergabe ab diesem Zeitpunkt unzulässig wäre.

Alternativ zur Einwilligung kann die Weitergabe der Telefonnummer auch rechtmäßig sein, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung notwendig ist. Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache in einem gebrauchsfähigen Zustand zu halten, wozu auch die Beauftragung von Handwerkern gehört. Jedoch muss hier ebenfalls eine sorgfältige Abwägung erfolgen, ob die Weitergabe der Telefonnummer tatsächlich notwendig war.

Schließlich kann auch ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Weitergabe der Telefonnummer bestehen. Dies setzt jedoch eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters voraus. Die Weitergabe darf nicht automatisch erfolgen, sondern muss im Einzelfall gerechtfertigt sein. Zudem muss der Mieter über sein Widerspruchsrecht informiert werden.

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Schadensersatz bei unzulässigem Baumrückschnitt durch Nachbarn

Der unbefugte Rückschnitt von Bäumen durch Nachbarn ist tatsächlich oft Anlass für juristische Auseinandersetzungen. Ein aktueller Fall aus dem Vordertaunus veranschaulicht die durchaus komplexen Fragen, die dabei entstehen können. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat im Februar 2024 ein Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur weiteren Klärung zurückverwiesen. In diesem Fall ging es um den Schadensersatzanspruch nach gravierendem Baumrückschnitt gleich zweier Bäume auf dem Grundstück der Klägerin durch den Beklagten.

Die Klägerin besitzt ein großes Grundstück mit einem rund 70 Jahre alten Baumbestand. Regelmäßige Pflege und Rückschnitte durch ein Fachunternehmen sichern den Erhalt dieses Baumbestandes. Das Nachbargrundstück des Beklagten grenzt unmittelbar an, wobei eine Birke und ein Kirschbaum in der Nähe der Grundstücksgrenze stehen. Beide Bäume waren bereits vor dem Erwerb des Nachbargrundstücks durch den Beklagten vorhanden. Die Klägerin hatte dem Beklagten gestattet, überhängende Äste zurückzuschneiden – also durchaus einen regelmäßigen Baumrückschnitt durchzuführen. Im Mai 2020 jedoch betrat der Beklagte das Grundstück der Klägerin in ihrer Abwesenheit und führte umfangreiche Rückschnittarbeiten durch. Dies führte dazu, dass die Birke vollständig entlaubt und der Kirschbaum stark gekürzt wurde. Der Zustand der Bäume verschlechterte sich erheblich, und es blieb unklar, ob sie sich vollständig erholen würden. Schadensersatz nach gravierendem Baumrückschnitt durch Nachbarn

Das Landgericht sprach der Klägerin zunächst Schadensersatz in Höhe von gut 4.000 Euro zu, was sich auf die Wertminderung der Bäume und die Kosten für die Entsorgung des Schnittguts bezog. Die Klägerin hatte jedoch einen Betrag von knapp 35.000 Euro gefordert und legte Berufung ein. Das OLG hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall zur weiteren Aufklärung zurück. Die zentrale Frage war, in welchem Umfang Schadensersatz für einen solch unzulässigen und nicht genehmigten Baumrückschnitt zu leisten sei.

Nach ständiger Rechtsprechung wird bei der Zerstörung eines Baumes in der Regel keine Naturalrestitution gefordert, da die Kosten für die Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes unverhältnismäßig hoch sind. Stattdessen wird eine Teilwiederherstellung durch die Anpflanzung eines jungen Baumes und ein Ausgleich für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks angestrebt. Diese Werteinbuße ist zu schätzen und umfasst die Kosten für die Anschaffung, Pflanzung und Pflege eines neuen Baumes sowie das Risiko des Anwachsens. Der ermittelte Wert wird um Alterswertminderungen und eventuelle Vorschäden bereinigt.

In besonderen Ausnahmefällen können jedoch die vollen Wiederbeschaffungskosten zugesprochen werden. Dies trifft zu, wenn Art, Standort und Funktion des Baumes einen Ersatz durch einen gleichartigen Baum sinnvoll erscheinen lassen. Das OLG stellte klar, dass bei der Bewertung des Schadensersatzes die Funktion der Bäume für das Grundstück berücksichtigt werden muss. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass die naturnahe Gartengestaltung auf ihrem Grundstück darauf abzielt, Lebensraum für Vögel und andere Tiere zu schaffen sowie zur Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff beizutragen. Diese Faktoren müssen bei der Schadensbemessung einbezogen werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.2.2024; AZ – 9 U 35/23 –

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EuGH-Urteil: Transparente Kündigungsgründe auch bei befristeten Arbeitsverträgen

In seinem Urteil vom Februar 2024 betont der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Recht befristet beschäftigter Arbeitnehmer auf Information über Kündigungsgründe, wenn diese Information auch Dauerbeschäftigten mitgeteilt wird. Diese Entscheidung stellt klar, dass eine nationale Regelung, die nur unbefristet Beschäftigten die Gründe für eine Kündigung offenlegt, gegen das Grundrecht befristeter Arbeitnehmer auf einen wirksamen Rechtsbehelf verstößt.

In konkreten Fall ging es um einen befristet angestellten Arbeitnehmer in Polen, dessen Vertrag ohne Angabe von Kündigungsgründen beendet wurde. Der Arbeitnehmer argumentierte, dass die fehlende Begründung der Kündigung eine Diskriminierung darstelle, da nach polnischem Recht bei der Kündigung unbefristeter Verträge eine Begründung erforderlich ist. Das polnische Gericht fragte den EuGH, ob diese unterschiedlichen Anforderungen mit dem Unionsrecht, insbesondere der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, vereinbar seien.

EuGH-Urteil zu Gunsten befristet angestellter Arbeitnehmer Der EuGH entschied, dass die Rahmenvereinbarung darauf abzielt, die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse durch den Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu verbessern. Wenn befristet Beschäftigten die Gründe für ihre Kündigung nicht mitgeteilt werden, fehlt ihnen eine wesentliche Information zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung. Diese Ungleichbehandlung benachteiligt klar erkennbar befristet Beschäftigte und verletzt ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, wie er durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert wird.

Das polnische Recht, das keine Mitteilung der Kündigungsgründe bei befristeten Verträgen vorsieht, stellt somit eine Benachteiligung dar. Der EuGH betonte jedoch, dass es Aufgabe des nationalen Gerichts sei zu prüfen, ob der befristet Beschäftigte in einer vergleichbaren Situation wie ein unbefristet Beschäftigter ist. Zudem wurde festgestellt, dass die temporäre Natur eines befristeten Arbeitsverhältnisses keine schlechtere Behandlung rechtfertigt und die Flexibilität solcher Verträge durch die Mitteilung der Kündigungsgründe nicht beeinträchtigt wird.

Das nationale Gericht muss also sicherstellen, dass das Unionsrecht vollständig zur Anwendung kommt. Sollte das nationale Recht nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden können, ist das Gericht verpflichtet, die nationale Regelung soweit unangewendet zu lassen, um die Wirksamkeit des Grundrechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu gewährleisten.

Dieses Urteil des EuGH unterstreicht die uneingeschränkte Bedeutung der Gleichbehandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten in Bezug auf die Mitteilung von Kündigungsgründen. Nationale Regelungen, die diese Gleichbehandlung nicht gewährleisten, verstoßen gegen Unionsrecht und die Grundrechte-Charta. Arbeitgeber sollten daher ihre internen Prozesse und Richtlinien überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen des EuGH-Urteils entsprechen und somit sowohl den Rechten der Arbeitnehmer als auch den rechtlichen Vorgaben gerecht werden.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.2.2024; AZ –  C-715/20 –

Foto:  Jeanette Dietl

Wirksames Testament: Verwendung eines ungewöhnlichen Schreibpapiers spricht nicht gegen Testierwillen

Auch wenn es sich um einen Bestellblock für ein Restaurant handelt, bedeutet die Verwendung von ungewöhnlichem Schreibpapier zur Bestimmung eines Erben nicht zwangsläufig, dass keine testamentarische Absicht vorliegt. Es kann sich immer noch um ein gültiges Testament handeln. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg in einer Entscheidung vom Dezember 2023 entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach dem Tod ihres Lebensgefährten im Jahr 2022 beantragte die Partnerin beim Amtsgericht Westerstede die Erteilung eines Erbscheins, wonach sie Alleinerbin sei. Zur Begründung reichte sie einen Notizzettel einer Brauerei, auf dem Bestellungen in der Gastronomie notiert werden, ein. Diesen Zettel habe sie im Gastraum hinter der Theke gefunden, an dem der Erblasser auch nicht bezahlte Rechnungen aufbewahrt habe. Der Erblasser war Besitzer einer Gaststätte.

Wirksames Testament: Verwendung eines ungewöhnlichen Schreibpapiers Auf dem Zettel stand, dass die Partnerin alles bekommen sollte. Der Zettel war vom Erblasser unterschrieben und datiert worden. Das Amtsgericht sah in dem Zettel keine wirksame Erbeinsetzung und ging daher von der gesetzlichen Erbfolge aus. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde der Partnerin.

Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied dann zu Gunsten der Partnerin des Erblassers. Sie sei die testamentarisch bestimme Alleinerbin des Erblassers geworden. Bei dem Bestellzettel handele es sich um ein wirksam errichtetes Testament, welches dieser eigenhändig und mit Testierwillen angefertigt habe und mit welchem die Partnerin zur Alleinerbin eingesetzt worden sei.

Die Verwendung des Bestellzettels spreche nicht gegen die Annahme eines Testierwillens, so die Richter des Oberlandesgericht. Der Erblasser habe generell wenig Wert auf Schriftwechsel und ähnliches gelegt, so dass es nicht fernliegend sei, dass er für die Abfassung seines letzten Willens einen Zettel nutzte, welcher für ihn direkt greifbar war und nicht auf ein Blatt ohne Werbeaufdruck zurückgriff.

Abgesehen davon stehe die Aufbewahrung des Zettels unter den unbezahlten Rechnungen hinter dem Ladentisch der Annahme eines Testamentswillens keineswegs entgegen. An diesem Ort habe der Erblasser die für ihn wichtigen Schriftstücke abgelegt, so dass es aus seiner individuellen Sicht naheliegend gewesen sei, auch ein Testament dort abzulegen.

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 20.12.2023; AZ – 3 W 96/23 –

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Rechtlicher Schutz vor ungewollter E-Mail-Werbung gestärkt

Das Landgericht Paderborn hat in seinem durchaus richtungsweisenden Urteil vom März 2024 deutlich gemacht, dass es gilt, die Rechte von Verbrauchern im Umgang mit unerwünschter Werbung erheblich zu stärken. In diesem spezifischen Fall nutzte ein Reisebüro die E-Mail-Adresse eines Geschäftskunden weiterhin für Werbezwecke, obwohl der Kunde ausdrücklich und durch ein Anwaltsschreiben den Stopp derartiger E-Mail-Werbung gefordert hatte. Die Entscheidung des Gerichts bestätigte, dass eine solche Abmeldung von Werbe-E-Mails sofort wirksam sein muss und dass die gängige Praxis der Verzögerung nicht akzeptabel ist.

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gelten Werbemaßnahmen, die ohne ausdrückliche Zustimmung des Empfängers durchgeführt werden, grundsätzlich als unzumutbare Belästigung. Eine Ausnahme von dieser Regel ist jedoch möglich, wenn die Empfänger ihre Zustimmung zur E-Mail-Werbung explizit erteilt haben – und ihnen jederzeit klar und deutlich die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Zustimmung zu widerrufen. Im vorliegenden Fall konnte das Reisebüro jedoch nicht nachweisen, dass es die notwendigen Anforderungen für eine solche Ausnahme erfüllt hatte, insbesondere fehlte der Nachweis einer klaren und unmissverständlichen Zustimmung bei der Datenerhebung. Abmeldung von Werbe-E-Mails muss sofort wirksam sein!

Das Gericht kritisierte insbesondere die Praxis des Reisebüros, die relevanten Informationen über das Widerspruchsrecht tief in einer langen und komplizierten Datenschutzerklärung zu verbergen. Diese Vorgehensweise entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine transparente und verständliche Kommunikation. Die relevanten Informationen waren erst auf den hinteren Seiten der 26-seitigen Datenschutzerklärung zu finden, was das Gericht als komplett unzureichend erachtete um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Und natürlich ist so ein Vorgehen in der Realität quasi sinnfrei, da davon auszugehen ist, dass Kunden derart lange Erklärungen nicht lesen werden.

Die Folgen für das Reisebüro waren gravierend. Neben den Kosten der rechtlichen Auseinandersetzung und den Abmahngebühren wurde eine strafbewehrte Unterlassungsverfügung verordnet, die bei weiteren Verstößen (eben etwa weiterer E-Mail-Werbung) hohe Geldstrafen oder sogar eine Ordnungshaft für den Geschäftsführer zur Folge haben könnte. Dieses Urteil der Paderborner Richter sendet ein klares Signal an alle Unternehmen, die Datenschutzbestimmungen und die Rechte der Verbraucher ernst zu nehmen.

Insgesamt unterstreicht das Urteil die Notwendigkeit, die Datenschutzvorschriften streng einzuhalten und die Kommunikation über Datenschutzrechte klar und für alle und jeden zugänglich zu gestalten. Es stärkt die Position von Verbrauchern erheblich, sich gegen unerwünschte Werbemaßnahmen wirksam zu wehren und betont die Bedeutung des Schutzes persönlicher Daten in der digitalen Kommunikation.

Urteil des Landgericht Paderborn vom 12.4.2024; AZ – 2 O 325/23 –

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Eigen-Verantwortung bei Online-Banking und Phishing-Fallen

Im zunehmend digitalen Zeitalter (für alle Berufe und alle Altersstufen) bietet Online-Banking schon lange eine einfache und bequeme Möglichkeit, Finanzgeschäfte zu tätigen. Diese Technologie erfordert jedoch stets ein hohes Maß an Wachsamkeit von den Nutzern, insbesondere im Umgang mit Sicherheitsverfahren. Ein bemerkenswerter Fall, der vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verhandelt wurde, hebt die Bedeutung der Eigenverantwortung bei der Nutzung dieser Dienste hervor. Das Urteil vom Dezember 2023 lässt dies unzweideutig erkennen.

Ein Rechtsanwalt und Steuerberater verlor eine große Summe Geld nach einem Phishing-Angriff, weil er grob fahrlässig gehandelt hatte. Der Betroffene hatte eine SMS erhalten, die ihn aufforderte, sein Überweisungslimit temporär zu erhöhen und eine Überweisung zu tätigen. Die Nachricht schien von seiner Bank zu kommen, enthielt sogar eine Telefonnummer, die früher von der Bank verwendet wurde. Er folgte den Anweisungen, die ihn letztendlich auf eine gefälschte Webseite führten. Dort gab er unwissentlich die Kontrolle über sein Konto an Kriminelle.

Sicherheit im Online-Banking nicht allein durch technische Maßnahmen gewährleistet Der Fall zeigt deutlich, dass die Sicherheit im Online-Banking nicht allein durch technische Maßnahmen gewährleistet werden kann. Nutzer müssen aktiv an der Sicherung ihrer finanziellen Transaktionen mitwirken. Es ist entscheidend, dass Benachrichtigungen auf ihre Authentizität hin überprüft werden, insbesondere wenn sie zur Freigabe von Transaktionen auffordern. In diesem Fall wurde der Kläger aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und seiner Kenntnisse im Umgang mit Online-Banking als grob fahrlässig eingestuft.

Die Richter aus Frankfurt unterstrichen, dass der Kläger hätte erkennen müssen, dass die Aufforderung, Sicherheitsmerkmale in einer ungewöhnlichen Umgebung freizugeben, ein potenzieller Betrugsversuch war. Banken warnen nämlich regelmäßig vor Phishing-Versuchen, die darauf abzielen, Kunden dazu zu bringen, auf betrügerische Weise persönliche Daten preiszugeben. Diese Warnungen sind in der Regel Teil der Sicherheitsprotokolle, die von Banken implementiert werden, um ihre Kunden zu schützen.

Der Vorfall unterstreicht die Notwendigkeit, dass Nutzer stets aufmerksam bleiben und die Quellen jeglicher Kommunikation, die sie im Zusammenhang mit ihren Finanzen erhalten, gründlich überprüfen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Vorteile des Online-Bankings nicht durch Sicherheitsrisiken überschattet werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.12.2023; AZ – 3 U 3/23 –

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