Brautpaar muss Fotografin auch nach Pandemie-bedingter Absage der Hochzeit vergüten

Im Kontext der mehr oder weniger aktuellen Geschehnisse um die Pandemie war der Bundesgerichtshof mit einem Fall konfrontiert, der viele Hochzeitspaare (aber nicht nur die) und Dienstleister gleichermaßen betreffen dürfte. Inmitten der Corona-Pandemie war ein Brautpaar gezwungen, seine geplante Hochzeitsfeier zu verschieben, was Auswirkungen auf das Verhältnis zu ihrer gebuchten Fotografin hatte. Was bewirkt solch eine Absage im Vertragsverhältnis?

Im Kern des Konflikts stand die Anzahlung, die das Brautpaar der Fotografin bereits geleistet hatte. Wegen der durch die Pandemie bedingten Verlegung des Hochzeitstermins verlangten sie diese zurück. Zudem behaupteten sie, der Fotografin stünden keine weiteren Vergütungsansprüche zu, da sie ja den Vertrag gekündigt hätten. Wie steht es also nun um den Vergütungsanspruch von Hochzeitsfotografen (genauso natürlich auch anderer Dienstleister) trotz Pandemie-bedingter Absage?Absage von Dienstleistern - Vergütung?

Obwohl die Hochzeitsfeier aufgrund der Corona-bedingten Beschränkungen nicht im geplanten Umfang durchgeführt werden konnte, stellte der BGH in seinem Urteil vom April 2023 fest, dass dies die Fotografin letzten Endes nicht an der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen hindere. Der zuständige Bundesgerichtshof urteilte, dass trotz der geltenden landesrechtlichen Vorschriften zur Pandemie die Möglichkeit bestanden hatte, fotografische Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und eine Hochzeitsfeier zu erbringen.

Die Entscheidung des Brautpaares anschließend einen anderen Fotografen zu beauftragen, wurde denn auch von dem Gericht als irrelevant angesehen. Dies allein begründe kein Recht auf Vertragsrücktritt oder auf Rückzahlung der Anzahlung. Die Kündigung des Vertrages durch das Brautpaar wurde von den Richtern daher als eine freie Kündigung interpretiert. Daraus entstände für die Fotografin durchaus ein Vergütungsanspruch. Deshalb wurde der Rückzahlungsanspruch des Brautpaares abgelehnt und eine negative Feststellungsklage als unbegründet erklärt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gibt damit eine wichtige Orientierung für vergleichbare Fälle vor. Das Urteil verdeutlicht, dass auch in Zeiten von Pandemie-bedingten Unsicherheiten und Änderungen die vertraglichen Verpflichtungen zwischen den Parteien ihre Gültigkeit behalten.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.4.2023; AZ – VII ZR 144/22 –

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Rundfunkbeiträge für Fahrzeuge des Mitarbeiter-Leasings sind ohne Prüfung zulässig

Mit einem Urteil vom Juli 2022 hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig zurückgewiesen, mit der dieses die Klage gegen einen Bescheid abgewiesen hatte, mit dem Rundfunkbeiträge für Fahrzeuge des Mitarbeiter-Leasings eines Kraftfahrzeugherstellers festgesetzt wurden.

Nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei bei beitragspflichtigen gewerblich genutzten Kraftfahrzeugen derjenige Beitragsschuldner, auf den das Fahrzeug zugelassen sei, so die niedersächsischen Richter. Hier läge  klar eine gewerbliche Nutzung der Fahrzeuge vor, da der klagende KFZ-Hersteller eine Pauschale für die Verwaltung der Leasingfahrzeuge erhalte, vor allem aber die Leasingmöglichkeit als Anreiz für seine Mitarbeiter nutze und so einen Werbeeffekt für sich erziele.

Das ist der Hintergrund: Der Hersteller stellt seinen Mitarbeitern regelmäßig von ihm produzierte Fahrzeuge per Leasing zur privaten Nutzung zur Verfügung. Dabei werden die Fahrzeuge auf den KFZ-Hersteller zugelassen, Leasinggeberin und Eigentümerin ist aber ein selbständiges Tochterunternehmen. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) erließ einen Festsetzungsbescheid, mit dem er Rundfunkbeiträge für diese Leasingfahrzeuge forderte.

Rundfunkbeiträge für Fahrzeuge des Mitarbeiter-Leasings sind ohne Prüfung zulässig

Der Kraftfahrzeughersteller wehrte sich gegen die Beitragsfestsetzung, weil er der Ansicht war, dass Rundfunkbeiträge im Rahmen seines Leasing-Modells nicht anfallen würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Beitragserhebung nur gerechtfertigt, wenn ein unternehmensspezifischer Vorteil aufgrund der Rundfunkempfangsmöglichkeit bestehe – der allerdings hier nicht gegeben sei, so die Argumentation.

Eine Prüfung zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung aufgrund eines unternehmensspezifischen Vorteils sei hier jedoch nicht notwendig, erkannte das Oberverwaltungsgericht. Aufgrund der gewerblichen Nutzung der Fahrzeuge könne die Festsetzung des Rundfunkbeitrags auch erfolgen, ohne dass eigens geprüft werde, ob im Einzelfall der geforderte Vorteil aufgrund einer Rundfunkempfangsmöglichkeit bestehe.

Ein solcher Vorteil rechtfertige zwar die grundsätzliche Regelung über die Beitragspflicht für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Mit der dortigen Regelung für Rundfunkbeiträge gehe jedoch eine zulässige Typisierung einher, so dass es ausreichend sei, wenn die Voraussetzungen der Vorschrift bejaht werden, ohne dass in jedem Einzelfall eine Prüfung dazu kommen müsse.

Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 7.7.2022; AZ – 8 LB 2/22 –

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Reisebüro hat Anspruch auf Gebühren nach Zimmerstornierung durch Reisende wegen Corona

Fast schon eine Alltäglichkeit in diesen Jahren der Pandemie – Touristen können oder dürfen nicht reisen und übernachten. Die Gründe sind oft vielfältig: Krankheit, staatliche Vorschriften (besonders bei grenzüberschreitenden Fahrten ins Ausland) usw. Die vertraglich vereinbarte Stornierungsgebühr müssen Reisende auch dann an ein Reisebüro zahlen, wenn sie eine Hotelbuchung wegen der Corona-Pandemie stornieren. Das gilt im übrigen auch für weitere Service-Gebühren eines Reisebüros in diesem Zusammenhang. Dies hat das Landgericht Heidelberg im Mai 2022 entschieden.

So war es zu der Verhandlung gekommen: Wegen eines geplanten Kongresses in Leipzig im März 2020 ließ eine Firma über ein Reisebüro für zwei ihrer Mitarbeiter jeweils ein Hotelzimmer buchen. Nachdem der Kongress wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde, stornierte die Firma die Hotelbuchung. Nach den Stornierungsbedingungen des Hotels fielen dadurch Stornierungsgebühren von 90 Prozent des Reisepreises an. Reisebüro hat Anspruch auf Gebühren nach Zimmerstornierung wegen CoronaDas Reisebüro konnte die Gebühr auf 50 Prozent senken und verauslagte diese sogar. Daraufhin beanspruchte das Reisebüro von der Firma die Erstattung der Stornierungsgebühr. Zudem verlangte es die Zahlung der Servicegebühr für die Hotelbuchung. Beides waren konkrete Kosten, die vertraglich im Grunde unstrittig waren. Da sich die Firma weigerte dem nachzukommen, erhob die Betreiberin des Reisebüros Klage.

Das Landgericht Heidelberg entschied letztlich zu Gunsten der Klägerin. Ihr stehe zunächst der Anspruch auf Zahlung der Servicegebühr für die Hotelbuchung zu. Die Klägerin habe schließlich ihre Leistungspflicht erfüllt. Die Stornierung durch die Beklagten lasse den bereits entstandenen Vergütungsanspruch erkennbar unberührt. Es komme denn auch weder eine nachträgliche Kürzung noch ein Wegfall des Anspruchs einseitig zu Lasten der Klägerin in Betracht.

Zudem bestehe nach Auffassung des Landgerichts ein Anspruch auf Erstattung der Stornierungsgebühr, die ja konkret verauslagt wurde. Die Stornierungsvereinbarung sei – jedenfalls im unternehmerischen Rechtsverkehr – eindeutig. Dass im Nachhinein ein behördliches Beherbergungsverbot ausgesprochen wurde, ändere nichts an den Anspruch. Auch eine Kürzung komme nicht in Betracht, da die Stornierungskosten schon zur Hälfte herabgesetzt wurden.

Landgericht Heidelberg, Urteil vom 19.5.2022; AZ – 8 S 4/21 –

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Müssen Betreiber von Biogas-Anlagen eigene Lagerkapazitäten für ihre Gärrückstände vorhalten?

Sie werden Teil der zukünftigen, unabhängigen Energie-Versorgung: Die Bundesregierung hat klar gemacht, dass Biogas-Anlagen zu den wichtigsten Bausteinen ihrer Energie-Politik gehören. Neue Verordnungen und Urteile werden daher demnächst verstärkt in den Vordergrund treten. Einen solchen aktuellen Fall hatte der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts im April 2022 zu entscheiden.

Dabei ging es um die bestehende Verpflichtung der Klägerin zur Vorhaltung von Lagerkapazitäten – und ob diese entfallen kann, wenn sie durch schriftliche, vertragliche Vereinbarungen mit einem Dritten sicherstellt, dass die das betriebliche Fassungsvermögen übersteigende Menge der von ihr erzeugten Gärrückstände nach den Regeln der Düngeverordnung landwirtschaftlich – insbesondere auch als Düngemittel – verwertet wird.

Die Betreiberin der Biogas-Anlage betreibt diese ohne über eigene Aufbringungsflächen für die bei dem Betrieb der Anlage anfallenden Gärrückstände zu verfügen. Nach der aktuellen Düngeverordnung von 2017 wird festgelegt, dass solche Biogas-Anlagen-Betriebe, seit dem 1. Januar 2020 sicherzustellen haben, dass sie mindestens die in einem Zeitraum von neun Monaten anfallenden Gärrückstände sicher lagern können – wenn sie diese im Betrieb verwenden oder an andere zu Düngezwecken abgeben.Soweit Biogas-Anlagen nicht selbst über Anlagen zur Lagerung verfügen, müssen Verträge mit Dritten sicherstellen, dass dies gewährleistet ist

Soweit der Betrieb nicht selbst über erforderlichen Anlagen zur Lagerung verfügt, hat der Inhaber durch vertragliche Vereinbarungen mit Dritten sicherzustellen, dass die das Fassungsvermögen übersteigende Menge überbetrieblich gelagert oder verwertet wird, so die Verordnung wortwörtlich.

Die Betreiberin der Anlage vertritt die von der beklagten Landwirtschaftskammer Niedersachsen abweichende Auffassung, dass „Verwertung“ auch die überbetriebliche landwirtschaftliche Verwertung, insbesondere durch eine Verwendung als Düngemittel umfasse. Das Verwaltungsgericht in Oldenburg hatte diese Klage mit Urteil vom 30. September 2020 abgewiesen. Die Entscheidung hat es insbesondere darauf gestützt, dass nur eine Verwertung, bei der die Gärrückstände nicht zum Zwecke der Düngung verwendet würden, den Zielen der Vorschrift (dem Boden- und Gewässerschutz) gleichermaßen gerecht werde.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sah das anders: Die Verwertung durch Dritte sei auch eine landwirtschaftliche Nutzung von Gärrückständen als Düngemittel, dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Sofern der Verordnungsgeber die Verwertungsmöglichkeiten hätte einschränken wollen, hätte er dies bei der Ausgestaltung der Norm zum Ausdruck bringen müssen. Allerdings hätten Betreiber von Biogas-Anlagen vertraglich sicherzustellen, dass die Verwertung auch entsprechend den Vorgaben der Düngeverordnung erfolgen werde.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, da es sich bei der Düngeverordnung um eine bundesweit geltende Regelung handelt.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 21.04.2022; AZ – 10 LC 247/20 –

 Foto: ThomBal

Alterssicherung per Direktversicherung: Was zählt als pfändbares Arbeitseinkommen?

Im Rahmen einer Scheidung war es zu einer Vereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem laufenden Bauprozess gekommen. Aufgrund eines Versäumnisbeschlusses erwirkte der Kläger später einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen seiner Ex-Frau. Dann wird es aber komplizierter: Die Streitverkündete und die Beklagte schlossen eine so genannte Entgeltumwandlungs-Vereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem Versicherungsvertrag ist die Versicherungsnehmerin die Beklagte, Begünstigte ist die Streitverkündende. Soweit die komplexen Beziehungen im vorliegenden Fall.

Das Bundesarbeitsgericht entschied dazu im im Oktober 2021, das eine zwischen einem der beiden Geschiedenen und deren Arbeitgeber vereinbarte Entgeltumwandlung für eine Versicherungsprämie für eine Direktversicherung eindeutig nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen nach einer Ehescheidung gehört.

Was zählt als pfändbares Arbeitseinkommen?Mit seiner Klage möchte der Kläger von der Beklagten höhere Zahlungen erhalten. eine klar erkennbare Absicht. Er vertritt daher auch die Auffassung, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen der Streitverkündenden nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Zuständigkeit über die Verwertung verloren. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte ihr teilweise stattgegeben. Mit der Revision wollte die Beklagte nun die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Die Revision der Beklagten war vor dem Bundesarbeitsgericht war denn auch erfolgreich. Eine Entgeltumwandlungs-Vereinbarung stelle keine Benachteiligung für Gläubiger dar und es liege damit grundsätzlich kein verfügbares bzw. pfändbares Einkommen mehr vor. Daran ändere der Umstand, dass die Entgeltumwandlungs-Vereinbarung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getroffen wurde auch nichts. Die Streitverkündende habe mit der mit der Beklagten getroffenen Entgeltumwandlungs-Vereinbarung schlicht von ihrem Recht auf betriebliche Altersversorgung Gebrauch gemacht. Der dafür vorgesehene Betrag wurde nicht überschritten.

Auch bei einer rein normativen Betrachtung des Falles stellt die von der Streitverkündeten mit der Beklagten getroffene Entgeltumwandlungs-Vereinbarung keine den Kläger als Gläubiger benachteiligende Verfügung dar.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.10.2021; AZ – 8 AZR 96/20 –

Foto: Joachim Lechner

Unwirksamkeit einer Kündigung wegen Unterschrift mit „i.A.“

Als Mieter oder Vermieter kommt man irgendwann in eine Situation, in der ein Mietverhältnis beendet werden soll. Der Gesetzgeber empfindet Wohnraum jedoch als besonders schutzwürdig und sieht deswegen spezielle formelle und materielle Vorgaben hinsichtlich der Beendigung von Mietverhältnissen vor. Die Betonung liegt hier klar auf Wohnraum – für Geschäftsräume gelten diese Vorgaben in den allermeisten Fällen nicht.

Die Kündigung eines solchen Mietvertrags durch einen Stellvertreter ist allerdings nur dann wirksam, wenn die Stellvertretung offengelegt wird und somit eindeutig nachvollziehbar. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Kündigung lapidar mit „i.A.“ unterschrieben wird und im Text des Kündigungsschreibens keinerlei Rede von einer Bevollmächtigung ist. Dies hat das Landgericht Wuppertal im August 2021 entschieden. Das Ergebnis: Die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Nichtbeachtung der unbedingt notwendigen Schriftform.

Ein Stellvertreter nur rechtlich einwandfrei eine Kündigung aussprechen, wenn dies offensichtlich ist.Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Sowohl im August als auch im Oktober 2020 erhielt eine Mieterin ein Kündigungsschreiben. Für das Schreiben wurde zwar der Briefbogen des Vermieters benutzt, jedoch wurde es von einer anderen Person mit „i.A.“ unterschrieben. Der Text des Schreibens war zudem in der „Wir-Form“ verfasst und enthielt keinerlei Hinweis auf eine Bevollmächtigung.

Unter anderem aus diesem Grund wies die Mieterin die Kündigungen zurück. Der Vermieter hielt sie aber für wirksam und erhob schließlich Räumungsklage. Für das Klageverfahren beantragte die Mieterin Prozesskostenhilfe, die vom Amtsgericht Wuppertal allerdings abgelehnt wurde. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Mieterin. Das dann angerufene Landgericht Wuppertal entschied aber zu Gunsten der Mieterin und bewilligte ihr auch Prozesskostenhilfe.

Die Kündigungen seien wegen der Nichtbeachtung der nötigen vollständigen Schriftform unwirksam. Natürlich könne sich ein Vermieter bei einer Kündigung vertreten lassen. Dazu müsse aber die Stellvertretung in der Kündigung offengelegt werden, also nachlesbar, in Schriftform. Aus dem Kündigungsschreiben müsse sich ergeben, dass der Unterzeichnende als Vertreter handelt. Genau das sei bei einer Unterzeichnung mit „i.A.“ allein nicht gegeben.

Urteil des Landgericht Wuppertal, Beschluss vom 4.8.2021; AZ – 9 T 128/21 –

Foto: CameraCraft

Airbnb & Co. müssen bei Verdacht auf Zweckentfremdung Vermieter-Daten übermitteln

Viele Wohnungsbesitzer überlassen gegen eine Nutzungsgebühr zeitweise ihre Wohnung, um Touristen so eine andere Form der Übernachtung und Urlaub zu bieten als es etwa in Hotels der Fall wäre. Bekanntestes Unternehmen ist hier das weltweit agierende Airbnb. Nach einem Urteil des Verwaltungsgericht Berlin vom Juni 2021 dürfen Behörden die Betreiber solcher Internet-Plattformen zur Buchung und Vermietung privater Unterkünfte im Fall eines Anfangsverdachts für eine Zweckentfremdung verpflichten, die Daten der Unterkünfte-Anbieter zu übermitteln. Eine Zweckentfremdung wäre typischerweise eine Form des gewerbsmäßigen „Vermieten“ einer Immobilie / Mietwohnung.

In Zeiten der Wohnungsknappheit in vielen Städten, sind die Behörden interessiert daran interessiert, dass Wohnraum auch als solcher genutzt wird und nicht als Einkommensquelle. Gegen eine Auskunftspflicht klagte Airbnb, ein irisches Unternehmen mit Sitz in Dublin. Auf deren Plattform werden auch Ferienwohnungen in Berlin angeboten. Airbnb muss Vermiterdaten übermitteln wenn die Behörden gewerbliches Vermieten vermuten.Mit Bescheid aus dem Dezember 2019 verpflichtete das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin die Klägerin Namen und Anschriften zahlreicher Anbieter, deren Inserate in online veröffentlichten Listen aufgezählt waren, und deren genaue Lage zu übermitteln. Dies begründete das Bezirksamt mit einem Verdacht für einen Verstoß gegen zweckentfremdungsrechtliche Vorschriften, den es unter anderem darauf stützte, dass die Inserate keine oder falsche Registriernummern enthielten oder die Geschäftsdaten gewerblicher Vermieter nicht erkennen ließen.

Der Gesetzgeber hatte eine Pflicht zur Anzeige einer Registriernummer gerade wegen des zunehmenden anonymen Angebots von Ferienwohnungen auf Internet-Plattformen eingeführt. Sie gilt in der Regel für alle Vermieter, die ihre Wohnung kurzzeitig als Ferienwohnung zur Verfügung stellen. Die Klägerin meint nun, die Norm, auf die das Bezirksamt sein Auskunftsverlangen stütze, sei bereits verfassungswidrig. Zudem sei auch der Bescheid selbst rechtswidrig. Er betreffe als Sammelabfrage keinen Einzelfall, auch liege keine konkrete Gefahr einer Zweckentfremdung vor. Überdies missachte er EU-rechtliche Vorgaben und verlange von der Klägerin, dass sie gegen irisches Datenschutzrecht verstoße, dem allein sie verpflichtet sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen. Die vom Bezirksamt herangezogene Rechtsgrundlage unterliege keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie greife zwar in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, sei jedoch verhältnismäßig, hinreichend bestimmt und normenklar. Auch mit (EU-)Unionsrecht sei die Bestimmung vereinbar. Das Auskunftsverlangen des Bezirksamts betreffe in seinem Bescheid gebündelte Einzelfälle, da es sich auf jeweils genau bezeichnete Unterkünfte und Vermieter beziehe.

Im Übrigen seien wegen der Anonymität der Angebote auf der Airbnb-Plattform denn an einen hinreichenden Anlass für ein solches Auskunftsersuchen auch nur geringe Anforderungen zu stellen.

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 23.6.2021; AZ – VG 6 K 90/20 –

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Änderung der Geschäftsbedingungen (AGB) von Banken – ist Schweigen schon wie eine Zustimmung?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom April 2021 bestimmte Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Banken für unwirksam erklärt. Grund war die Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Klauseln in den AGB, in denen bestimmt wird, dass Änderungen dem Kunden grundsätzlich zwei Monate vor dem Zeitpunkt, an dem sie wirksam werden sollen, angeboten werden müssen. Jedoch soll zum Wirksamwerden dieser Klauseln die ausdrückliche Zustimmung des Kunden nicht erforderlich sein.

Gegen die Verwendung solcher Klauseln erhoben die Kläger Unterlassungsklage (konkret gegen die Postbank). Nachdem sie erfolglos alle Instanzen durchlaufen hatten, wandten sie sich mit ihrem Begehren, die Bank zur Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln zu verpflichten, an den BGH. Das Ergebnis war eindeutig: Einfach mal so die Kontogebühren erhöhen, ist nicht möglich, auch wenn die Banken vermeintlich bisher schon den Verbrauchern und Kunden Möglichkeiten angeboten hatten zu reagieren.

AGB-Änderungen bedürfen mehr als Schweigen der KundenDem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände ging es vor allem um Transparenz für die Bankkunden. „Für sie muss klar sein, unter welchen Umständen und in welchen Grenzen eine Änderung des Vertrages überhaupt erfolgen darf“, so deren Vertreter. So sah es auch der BGH in seinem Urteil. Die beanstandeten Klauseln in den Geschäftsbedingungen benachteiligten die Kunden in unangemessener Weise, so die Richter. Diese müssten tätig werden, um eine Änderung zu verhindern. Ohne inhaltliche Einschränkung seien die Folgen zudem auch viel zu weitreichend. So würden die Klauseln für alle Verträge zwischen Bank und Kunde gelten – neben dem Zahlungsverkehr etwa auch für das Wertpapier- oder Kreditgeschäft.

So wie die Klauseln im Moment formuliert sind, könne eine Bank Kunden etwa mit kostenlosen Depots anwerben und dann später mittels der Klauseln Gebühren einführen. Das komme dann aber einem neuen Vertrag gleich, so die Richter. Oder die Bank könnte das Vertragsgefüge so umgestalten, dass aus einem Sparvertrag ein „schließfachähnlicher“ Vertrag wird, für den der Verbraucher plötzlich zahlen muss … statt Zinsen zu bekommen.

Experten gehen davon aus, dass weite Teile der Branche betroffen sind. Die beanstandeten Klauseln bei der Postbank entsprechen im Wesentlichen den Muster-AGB aller Banken und auch denen der Sparkassen. Ein Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft bestätigte, dass viele Kreditinstitute im sogenannten Massengeschäft den fraglichen Mechanismus verwendeten. Zu bedenken ist für Kunden aber auch der Umstand, dass bei einem Widerspruch gegen Änderungen die Kündigung durch die Bank droht. Übrigens: Die Entscheidung kann sich auch auf Zahlungsdienstleister wie PayPal auswirken.

Urteil des Bundesgerichtshof vom 27.4.2021; AZ – XI ZR 26/20 –

Foto:  vegefox.com

Fahrzeug-Leasing: Wer muss wen entschädigen? Und wer bekommt das Geld?

Gleich zweimal hat der Bundesgerichtshof (BGH) im September 2020 zum Thema Fahrzeug-Leasing entschieden. In dem einen Urteil ging es um das Thema Neuwert und dem von der Versicherung gezahlten Summen über den Wiederbeschaffungs- und Ablösewert hinaus. Das zweite Urteil hatte dieses Thema ebenfalls zum Anlass, dabei ging es jedoch Geld, dass nach Ablauf des Vertrages fällig wird. Auch hier hatten Leasingnehmer die besseren Karten, sofern es um Versicherungsleistungen geht.

Wird ein geleastes Auto gestohlen, steht die Neupreis-Entschädigung aus einer Vollkaskoversicherung dem Kunden und nicht der Leasingfirma zu. Alles andere wäre unbillig, entschied der BGH. Tatsächlich war bisher umstritten, wem das Geld in so einem Fall zusteht. Einige Experten meinten, dass allein die Leasingfirma als Eigentümer des Autos darauf Anspruch habe – selbst, wenn sie dadurch Gewinn mache.

Im vorliegenden Fall hatte die Kundin vertragsgemäß eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen, aus freien Stücken zum Neuwert von gut 70.000 Euro. Nach dem Diebstahl erstattete die Versicherung der BMW Bank als Leasinggeber den Ablösewert – also den Betrag, der zur vollen Amortisation des Finanzierungsaufwands einschließlich des kalkulierten Gewinns notwendig ist. Der Ablösewert betrug rund 50.000 Euro. Die Kundin forderte nun die übrigen 20.000 Euro, aber die Bank stellte sich quer und gab bei der Versicherung die Zahlung nicht frei.

Fahrzeug-Leasing: Wer muss wen entschädigen?Der BGH stellte klar, dass ein Autokäufer eine Neuwert-Versicherung  ja deswegen abschließe, um sich bei Verlust einen gleichwertigen Neuwagen anschaffen zu können und nicht auf einen Gebrauchten ausweichen zu müssen. Beim Leasing sei die Interessenlage nicht anders.

Das zweite Urteil bestätigt diese Denkweise, nämlich, dass Leasingnehmer durchaus von Versicherungsleistungen profitieren müssen und nicht die Leasinggeber. Wenn das Fahrzeug nach Ablauf eines Leasingvertrags weniger Wert ist, als ursprünglich vereinbart, muss die Differenz vom Leasingnehmer ausgeglichen werden. Zahlungen von Versicherungen müssen diesem aber zugutekommen, so die Richter am Bundesgerichtshof.

Eine Anwältin und eine Leasingfirma einen Restwert von gut 56.000 Euro für das Fahrzeug-Leasing vereinbart. In den drei Jahren hatte das Auto allerdings zwei Unfälle. Daher war es tatsächlich nicht einmal mehr 40.000 Euro wert und wurde auch für diesen Betrag verkauft. Die Differenz forderte die Leasingfirma von der Anwältin. Grundsätzlich zu Recht, denn das Risiko für den Wertverlust liegt bei diesem Leasing-Modell beim Kunden. Vor dem BGH ging es aber noch um 5.500 Euro, die die Leasingfirma nach dem ersten Unfall von der Haftpflichtversicherung für die Wertminderung des Autos nach der Reparatur bekommen hatte.

Die Karlsruher Richter entschieden ganz klar, dass das Geld von der Versicherung grundsätzlich dem Leasingnehmer zugute kommen muss. Fließt es nicht in die Reparatur des Autos, mindert es zum Vertragsende zumindest den Restwert-Anspruch. Die Klägerin muss also nur den um 5.500 Euro geminderten Differenzbetrag zahlen.

Urteil des BGH vom 30.9.2020; AZ – VIII ZR 48/18 –
Urteil des BGH vom 9.9.2020; AZ – VIII ZR 389/18 –

Foto: Denis Rozhnovsky

Pflicht zum Anbringen einer Parkscheibe auf frei zugänglichem Privat-Parkplatz

Es ist heutzutage gang und gäbe, dass Privatparkplätze von Supermärkten, Fitness-Centern und anderen Geschäften frei zugängliche Parkplätze haben, bei denen mit großen Schildern darauf hingewiesen wird, dass Autofahrer eine Parkscheibe benutzen sollen. Damit wird das Parken auf eine oder eineinhalb Stunden beschränkt und gleichzeitig angedroht, dass beim Verstoß dagegen, mit einem hohen Entgelt zu rechnen sei. Ein Urteil vom Oktober 2020 zeigt, dass Autofahrer dies sehr ernst nehmen sollten.

Wie kam das Urteil des Amtsgericht Brandenburg a.d. Havel zustande? Im Januar 2019 stellte ein Pkw-Fahrer sein Fahrzeug auf einen Kundenparkplatz für ein nahegelegenes Einkaufszentrum in Brandenburg ab. Nach den Vertragsbedingungen, war das kostenfreie Parken für eine Stunde erlaubt. Sollte die Höchstparkdauer überschritten werden oder keine für Außenstehende gut lesbare Parkscheibe ausgelegt sein, würde ein erhöhtes Parkentgelt fällig. Diese Vertragsbedingungen waren auf deutlich sichtbaren Hinweisschildern zu lesen.

Anbringen einer Parkscheibe auf frei zugänglichem Privat-Parkplatz ist PflichtMit der Begründung, dass der Pkw-Fahrer keine Parkscheibe ausgelegt habe, machte die Eigentümerin des Parkplatzes ein erhöhtes Entgelt in Höhe von 15 Euro geltend. Der Fahrer verweigerte die Zahlung und gab an, er habe eine Parkscheibe gut sichtbar in den Kofferraum seines Pkw gelegt. Die Parkplatz-Eigentümerin ließ dies nicht gelten und erhob Klage.

Durch das Abstellen des Fahrzeugs sei mit dem Beklagten ein klarer Vertrag eingegangen worden, so das Gericht. Darin sei vereinbart, dass eine für einen Außenstehende gut lesbare Parkscheibe ausgelegt werden müsse. Die Höhe der Vertragsstrafe sei auch zur Abschreckung vor der Überschreitung der Höchstparkdauer geeignet. Nur mit Hilfe einer solchen Strafe könnten Dauerparker von der Benutzung des Parkplatzes abgehalten werden – das Amtsgericht Brandenburg entschied daher zu Gunsten der Klägerin.

Die Parkscheibe muss von außen „gut lesbar“ hinter Windschutzscheibe, Hutablage oder Seitenscheibe angebracht werden, erläuterte das Brandenburger Amtsgericht. Der Beklagte sei dem aber nicht nachgekommen. Dazu komme, dass der Beklagte sein Fahrzeug auf einen für die Öffentlichkeit geöffneten Parkplatz abgestellt habe und somit die Vorschriften der StVO gelten. Danach sei das Parken nur erlaubt, wenn in dem Fahrzeug eine von außen „gut lesbare“ Parkscheibe angebracht wird. Das Auslegen einer Parkscheibe im Kofferraum, auch wenn dieser von der Heckscheibe aus gegebenenfalls einsehbar sein sollte, reiche nicht aus.

Urteil des Amtsgericht Brandenburg a. d. Havel vom 23.10.2020; AZ –31 C 200/19 –

Foto: Олександр Луценко