Bundesgerichtshof bestätigt: Mietüberzahlungen fallen an Sozialleistungsträger

In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Juni 2024 wurde der gesetzliche Anspruchsübergang auf Sozialleistungsträger bei Mietüberzahlungen (im Zusammenhang mit dem Bezug von Sozialleistungen) bestätigt. Hintergrund des Verfahrens war ein Fall, in dem ein Mieter, der Arbeitslosengeld II bezog, die Rückerstattung überzahlter Miete verlangte. Die Miete für die vom Kläger bewohnte Wohnung in Berlin war überhöht und teilweise aufgrund eines Wasserschadens gemindert. Der Mieter machte geltend, dass ihm eine Rückerstattung der überzahlten Beträge zustehe.

Das Amtsgericht hatte der Klage zunächst teilweise stattgegeben und dem Kläger eine Erstattung von rund 11.000 Euro zugesprochen. Im Berufungsverfahren änderte das Landgericht jedoch das Urteil ab und wies die Klage ab. Der BGH bestätigte diese Entscheidung und stellte klar, dass Rückerstattungsansprüche, die sich während des Bezugs von Sozialleistungen ergeben, auf den Sozialleistungsträger übergehen. In diesem Fall handelte es sich um das Jobcenter, das die Miete für den Kläger übernommen hatte. BGH-Urteil: Gesetzlicher Anspruchsübergang auf Sozialleistungsträger bei Mietüberzahlungen.

Der gesetzliche Forderungsübergang basiert auf dem Grundsatz des Nachrangs der Sozialleistungen. Dieser Grundsatz soll verhindern, dass Sozialleistungen erbracht werden, wenn andere Mittel zur Bedarfsdeckung vorhanden sind. Im vorliegenden Fall wären die Sozialleistungen bei einer rechtzeitigen Rückerstattung der Mietüberzahlungen in nicht unbeträchtlicher Höhe durch die Vermieterin nicht erbracht worden. Das bedeutet, dass dem Kläger die Rückerstattungsansprüche nicht selbst zustehen, da sie in Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Jobcenter übergegangen sind.

Selbst wenn das Jobcenter diese Ansprüche nicht selbst geltend macht, bleibt der Anspruchsübergang bestehen. Der BGH stellte klar, dass die Übertragung auf den Sozialleistungsträger auch dann wirksam ist, wenn dieser die Ansprüche nicht selbst realisiert oder auf den Kläger zurücküberträgt. Dies betrifft lediglich den Verwaltungsvollzug und ändert nichts an den rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchsübergangs.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5.6.2024; AZ – VIII ZR 150/23 –

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Sicherstellung eines Fahrzeugs wegen wiederholter Verkehrsverstöße bestätigt

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat in einem Eilverfahren vom April 2024 die Sicherstellung eines Fahrzeugs für rechtmäßig erklärt, nachdem der Sohn des Fahrzeughalters wiederholt schwere Verkehrsverstöße begangen hatte. Der Fall drehte sich um einen Mercedes GLC, der vom Sohn des Antragstellers regelmäßig genutzt wurde und in mehreren Fällen mit erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen auffällig geworden war. Diese Verstöße führten zu zwei Fahrverboten, dennoch wurde der Sohn während der Dauer dieser Verbote erneut beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischt. Dies löste Ermittlungsverfahren sowohl gegen den Sohn als auch gegen den Antragsteller aus, der es zugelassen hatte, dass sein Sohn das Fahrzeug weiterhin nutzte.

Die Polizei entschied sich daraufhin, das Fahrzeug präventiv sicherzustellen, um weitere Straftaten zu verhindern. Der Antragsteller legte Widerspruch gegen diese Maßnahme ein und beantragte gleichzeitig im Rahmen eines Eilverfahrens die Herausgabe des Fahrzeugs. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab und stellte fest, dass die Sicherstellung des Fahrzeugs rechtlich nicht zu beanstanden sei. Es führte aus, dass zum Zeitpunkt der Sicherstellung ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass der Antragsteller weder gewillt noch in der Lage sei, seinen Sohn von weiteren Verkehrsverstößen abzuhalten. Wiederholte Verstöße erlauben Sicherstellung eines Fahrzeugs!

Ausschlaggebend für die Entscheidung war die Einschätzung des Gerichts, dass der Antragsteller seine Verantwortung als Fahrzeughalter nicht wahrgenommen habe. Trotz wiederholter Auffälligkeiten zeigte der Antragsteller keine Bereitschaft, den Missbrauch seines Fahrzeugs durch seinen Sohn zu unterbinden. Dies wurde besonders deutlich, als der Antragsteller im Eilverfahren angab, er habe keine Kenntnis von der Nutzung seines Fahrzeugs durch den Sohn und sehe auch keine Pflicht, Nachforschungen anzustellen. Das Gericht bewertete diese Haltung als Ausdruck fehlender Einsicht und Verantwortung, was die Annahme einer konkreten Wiederholungsgefahr rechtfertigte.

In Anbetracht der wiederholten Verstöße und der mangelnden Einsicht sowohl des Antragstellers als auch seines Sohnes sah das Gericht keine Alternative zur Sicherstellung des Fahrzeugs. Die Polizei habe daher korrekt gehandelt, um weitere erhebliche Verkehrsverstöße und Straftaten zu verhindern. Der Antragsteller hat gegen diesen Beschluss Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 30.4.2024; AZ – 5 L 349/24.NW –

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Teilzeit-Rentner: Beiträge des Arbeitgebers ohne Wirkung auf Rente

Rentner, die weiterhin berufstätig sind, genießen in der Regel Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Regelung bedeutet, dass weder der Rentner selbst noch sein Arbeitgeber Beiträge zur Rentenversicherung leisten müssen. Dennoch entscheiden sich manche Arbeitgeber freiwillig dazu, Rentenbeiträge abzuführen. Diese zusätzlichen Zahlungen führen jedoch nicht zu einer Erhöhung der Rentenzahlungen für die Teilzeit-Rentner.

Ein Fall aus Darmstadt verdeutlicht dies: Ein 1949 geborener Rentner bezog bereits eine Altersrente, als er weiterhin in Teilzeit arbeitete. Sein Arbeitgeber entrichtete Beiträge zur Rentenversicherung, was jedoch keine Auswirkungen auf die Rentenhöhe des Beschäftigten hatte. Der Rentner argumentierte, dass diese Regelung seine Grundrechte verletze, da die geleisteten Beiträge seiner Meinung nach seine Rente erhöhen sollten.

Teilzeit-Rentner können nicht auf Erhöhung ihres Rentenbezugs pochen!Das Hessische Landessozialgericht stellte jedoch klar, dass die Regelungen des Gesetzgebers verfassungsgemäß seien. Rentner, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin eine Vollrente beziehen, sind versicherungsfrei, es sei denn, sie verzichten aktiv auf diese Versicherungsfreiheit. Nur in diesem Fall werden die Beiträge zur Rentenversicherung sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Rentner selbst geleistet und bei der Berechnung der Rentenhöhe berücksichtigt.

Im beschriebenen Fall hatte der Rentner jedoch keinen Verzicht auf die Versicherungsfreiheit erklärt. Folglich zahlte der Arbeitgeber zwar Beiträge, diese wurden jedoch nicht dem Versicherungskonto des Rentners zugeordnet und führten auch nicht zu einer Rentenerhöhung. Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers, welcher mit dieser Regelung verhindern wollte, dass versicherungsfreie Altersrentner Beschäftigungen blockieren und dadurch den Zugang für andere Arbeitnehmer behindern.

Die gesetzliche Grundlage für diese Regelungen wurde durch das Flexirentengesetz von 2017 angepasst, um auf die demographischen Veränderungen und den Fachkräftemangel zu reagieren. Rentner, die weiterhin arbeiten und auf die Versicherungsfreiheit verzichten, können durch die zusätzlichen Beiträge eine Erhöhung ihrer Rente bewirken. Was für den Rentner im vorliegenden Fall jedoch erkennbar nicht zutraf. Die von seinem Arbeitgeber geleisteten Beiträge blieben somit ohne Einfluss auf seine Rentenhöhe und wurden auch nicht erstattet.

Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 23.4.2024; AZ – L 2 R 36/23 –

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Reise-Stornierung: Gericht weist Rückerstattungsanspruch ab

Im Streit um einen Rückerstattungsanspruch aus einem Reisevertrag hat das Amtsgericht München in einemUrteil vom April 2024 gegen den Kläger entschieden, der 3.949 Euro zurückgefordert hatte. Der Kläger hatte eine neuntägige Reise nach Faro (Portugal) für 4.548 Euro gebucht und diese anschließend im Internet storniert. Daraufhin buchte das beklagte Resieunternehmen Stornogebühren in Höhe von 3.859 Euro vom Konto des Klägers ab. Der Kläger argumentierte, er habe sich lediglich über eine Umbuchung informieren wollen und versehentlich die Stornierung vorgenommen. Zudem habe er nach der Buchung von einer Baustelle neben dem Hotel erfahren.

Das Gericht stellte fest, dass die Stornierung wirksam war und eine Anfechtung wegen Irrtums in der Erklärungshandlung  nicht gegeben sei. Für die Stornierung waren fünf Schritte erforderlich, und ein versehentliches “Verklicken” bei jedem dieser Schritte sei lebensfremd. Nach Ansicht des Gerichts musste dem Kläger bewusst gewesen sein, dass er eine endgültige Stornierung vornahm.

Rückerstattungsanspruch bei Stornierung.Das Reiseunternehmen sei berechtigt, so die Richter, aufgrund des Rücktritts vom Vertrag vor Reisebeginn eine angemessene Entschädigung in Höhe von 3.859 Euro zu verlangen. Es hatte schlüssig dargelegt, dass es für die Buchung der einzelnen Reiseleistungen wie Flüge und Hotel in Vorleistung gehen musste. Die Gesamtaufwendungen beliefen sich auf 4.036 Euro.

Der Kläger konnte sich auch nicht auf die AGB der Beklagten berufen, da seine Behauptung über eine Baustelle neben dem Hotel nicht ausreichend konkret war. Es fehlte an einem schlüssigen Vortrag, dass von der Baustelle ausreichender Baulärm ausgeht, der einen erheblichen Reisemangel darstellt. Auch eine entsprechende Mängelanzeige war nicht erfolgt. Somit konnte der Kläger keinen Anspruch auf Rückerstattung geltend machen.

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung klarer und bewusster Handlungen bei Online-Buchungen und die rechtlichen Konsequenzen einer wirksamen Stornierung. Es zeigt zudem, dass eine Anfechtung der Stornierung wegen Irrtums nur unter sehr spezifischen Bedingungen möglich ist. Die Entscheidung des Amtsgerichts München hebt hervor, dass Reiseveranstalter berechtigt sind, angemessene Stornogebühren zu erheben, wenn Kunden ihre Buchungen zurückziehen und sie dadurch auf erheblichen Kosten sitzen bleiben.

Amtsgericht München, Urteil vom 18.4.2024; AZ –275 C 10050/23

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Korrektur falscher Schätzwerte bei Erdgasjahresabrechnung erlaubt

Das Amtsgericht München hat mit einem Urteil vom März 2024 entschieden, dass Energieanbieter durchaus berechtigt – quasi sogar verpflichtet – sind, falsche Schätzwerte nachträglich zu korrigieren. Dieser Fall betraf eine Erdgasjahresabrechnung über mehr als 4.200 Euro für den Zeitraum von März 2020 bis März 2021. Die Klägerin argumentierte, dass der ermittelte Gasverbrauch von 63.528 kWh deutlich zu hoch sei. Der hohe Verbrauch resultierte jedoch aus einer fehlerhaften Schätzung des Vorjahres, die zu niedrig angesetzt worden war.

Das Gericht stellte fest, dass der Verbrauchswert aus dem Jahr 2021 auf einer tatsächlichen Ablesung beruhte, während der Wert des Vorjahres geschätzt worden war. Die Schätzung des Vorjahres hatte sich im Nachhinein als zu niedrig erwiesen, was zu einer Korrektur in der Abrechnung 2021 führte. Das bayrische Gericht befand die Korrektur für rechtens, da diese auf realen, abgelesenen Werten basierte und somit den tatsächlichen Verbrauch korrekt widerspiegelte.

Die Beklagte ist berechtigt, die Schätzwerte anzusetzen Ein weiterer wichtiger Punkt des Urteils war die Verpflichtung der Klägerin, das tatsächlich verbrauchte Gas auch zu bezahlen. Das Gericht betonte, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, den Verbrauch am Ende des ersten Jahres selbst abzulesen, um eine genauere Verteilung der Kosten zu gewährleisten. Da diese Möglichkeit von der Klägerin nicht genutzt wurde, sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Schätzwerte anzusetzen. Die Schätzung des ersten Jahres und die Korrektur im zweiten Jahr entsprachen den gesetzlichen Abrechnungsmechanismen und führten insgesamt nicht zu einer fehlerhaften Gesamtabrechnung.

Das Urteil der Münchner Richter verdeutlicht die rechtliche Grundlage für die nachträgliche Korrektur von Schätzwerten bei Energieabrechnungen. Es betont die Bedeutung einer korrekten Ablesung zur Vermeidung von Streitigkeiten und stellt klar, dass Energieanbieter verpflichtet sind, fehlerhafte Schätzungen zu korrigieren, um so den tatsächlichen Verbrauch korrekt abzubilden. Diese Entscheidung unterstreicht die Verantwortung der Verbraucher, ihre Verbrauchswerte rechtzeitig und richtig zu erfassen, um unnötige Nachzahlungen zu vermeiden.

Das Gericht betonte zudem, dass keine relevanten Beweise vorgelegt wurden, die die Abrechnung in Frage stellen könnten. Dies zeigt die Bedeutung einer genauen und sorgfältigen Überprüfung von Schätzungen und tatsächlichen Ablesungen durch die Versorgungsunternehmen. Verbraucher sollten aufmerksam ihre Abrechnungen überprüfen und bei Unklarheiten rechtzeitig handeln, um ähnliche Fälle zu vermeiden.

Amtsgericht München, Urteil vom 19.3.2024; AZ – 172 C 12407/23

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Pro Klimaschutz: Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich erlaubt

Die Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen zur Deckung des privaten Energieverbrauchs im Außenbereich wird als privilegiertes Vorhaben anerkannt. Eine Entscheidung des Koblenzer Oberveraltungsgerichts vom April 2024 betont die Förderung der Windenergie als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Nutzung erneuerbarer Energien.

Im konkreten Fall beantragten Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids für vier Kleinwind-Energieanlagen mit einer Höhe von 6,5 Metern auf ihrem Grundstück im Außenbereich. Der Landkreis Altenkirchen lehnte diesen Antrag ab, da die Anlagen nicht der öffentlichen Energieversorgung dienen würden und öffentliche Belange dem Vorhaben entgegenstünden. Die Kläger erhoben daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht, das den Landkreis zur Erteilung des Bauvorbescheids verpflichtete. In der Berufung bestätigte das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Private Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass die Errichtung und der Betrieb der Kleinwind-Energieanlagen ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des Baugesetzbuchs darstellt. Die Privilegierung beziehe sich auf die Nutzung der Windenergie, unabhängig davon, ob der erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist oder für den privaten Verbrauch genutzt wird. Diese Auslegung unterstützt den umwelt- und ressourcenschonenden Ansatz der gesetzlichen Regelung und trägt zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien bei.

Die Argumentation des Landkreises, die Privilegierung solle nur für Windenergieanlagen gelten, die der öffentlichen Versorgung dienen, wurde vom Gericht als unbegründet zurückgewiesen. Auch aus der Entstehungsgeschichte der entsprechenden Gesetzesvorschrift ergaben sich keine Hinweise auf ein solches Erfordernis. Vielmehr unterstreicht die Norm die Bedeutung einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien, zu der auch privat genutzte Kleinwind-Energieanlagen beitragen können.

Bedenken des Landkreises hinsichtlich eines möglichen Wildwuchses von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich wurden ebenfalls entkräftet. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen die Errichtung solcher Anlagen im Außenbereich nur dann sinnvoll, wenn der erzeugte Strom vor Ort verbraucht wird oder eine Netzeinspeisung wirtschaftlich tragfähig ist. Da dies in den meisten Fällen nicht gegeben ist, bleibt das Risiko eines übermäßigen Ausbaus gering.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich erfüllt sind, wenn sie der privaten Energieversorgung dienen und keine anderen Belange entgegenstehen. Dies trägt zur Förderung erneuerbarer Energien und zum Klimaschutz bei, indem es die Nutzung von Windenergie auch für private Zwecke ermöglicht.

Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 4.4.2024; –  1 A 10247/23.OVG –

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Schadensersatz bei unzulässigem Baumrückschnitt durch Nachbarn

Der unbefugte Rückschnitt von Bäumen durch Nachbarn ist tatsächlich oft Anlass für juristische Auseinandersetzungen. Ein aktueller Fall aus dem Vordertaunus veranschaulicht die durchaus komplexen Fragen, die dabei entstehen können. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat im Februar 2024 ein Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur weiteren Klärung zurückverwiesen. In diesem Fall ging es um den Schadensersatzanspruch nach gravierendem Baumrückschnitt gleich zweier Bäume auf dem Grundstück der Klägerin durch den Beklagten.

Die Klägerin besitzt ein großes Grundstück mit einem rund 70 Jahre alten Baumbestand. Regelmäßige Pflege und Rückschnitte durch ein Fachunternehmen sichern den Erhalt dieses Baumbestandes. Das Nachbargrundstück des Beklagten grenzt unmittelbar an, wobei eine Birke und ein Kirschbaum in der Nähe der Grundstücksgrenze stehen. Beide Bäume waren bereits vor dem Erwerb des Nachbargrundstücks durch den Beklagten vorhanden. Die Klägerin hatte dem Beklagten gestattet, überhängende Äste zurückzuschneiden – also durchaus einen regelmäßigen Baumrückschnitt durchzuführen. Im Mai 2020 jedoch betrat der Beklagte das Grundstück der Klägerin in ihrer Abwesenheit und führte umfangreiche Rückschnittarbeiten durch. Dies führte dazu, dass die Birke vollständig entlaubt und der Kirschbaum stark gekürzt wurde. Der Zustand der Bäume verschlechterte sich erheblich, und es blieb unklar, ob sie sich vollständig erholen würden. Schadensersatz nach gravierendem Baumrückschnitt durch Nachbarn

Das Landgericht sprach der Klägerin zunächst Schadensersatz in Höhe von gut 4.000 Euro zu, was sich auf die Wertminderung der Bäume und die Kosten für die Entsorgung des Schnittguts bezog. Die Klägerin hatte jedoch einen Betrag von knapp 35.000 Euro gefordert und legte Berufung ein. Das OLG hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall zur weiteren Aufklärung zurück. Die zentrale Frage war, in welchem Umfang Schadensersatz für einen solch unzulässigen und nicht genehmigten Baumrückschnitt zu leisten sei.

Nach ständiger Rechtsprechung wird bei der Zerstörung eines Baumes in der Regel keine Naturalrestitution gefordert, da die Kosten für die Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes unverhältnismäßig hoch sind. Stattdessen wird eine Teilwiederherstellung durch die Anpflanzung eines jungen Baumes und ein Ausgleich für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks angestrebt. Diese Werteinbuße ist zu schätzen und umfasst die Kosten für die Anschaffung, Pflanzung und Pflege eines neuen Baumes sowie das Risiko des Anwachsens. Der ermittelte Wert wird um Alterswertminderungen und eventuelle Vorschäden bereinigt.

In besonderen Ausnahmefällen können jedoch die vollen Wiederbeschaffungskosten zugesprochen werden. Dies trifft zu, wenn Art, Standort und Funktion des Baumes einen Ersatz durch einen gleichartigen Baum sinnvoll erscheinen lassen. Das OLG stellte klar, dass bei der Bewertung des Schadensersatzes die Funktion der Bäume für das Grundstück berücksichtigt werden muss. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass die naturnahe Gartengestaltung auf ihrem Grundstück darauf abzielt, Lebensraum für Vögel und andere Tiere zu schaffen sowie zur Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff beizutragen. Diese Faktoren müssen bei der Schadensbemessung einbezogen werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.2.2024; AZ – 9 U 35/23 –

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EuGH-Urteil: Transparente Kündigungsgründe auch bei befristeten Arbeitsverträgen

In seinem Urteil vom Februar 2024 betont der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Recht befristet beschäftigter Arbeitnehmer auf Information über Kündigungsgründe, wenn diese Information auch Dauerbeschäftigten mitgeteilt wird. Diese Entscheidung stellt klar, dass eine nationale Regelung, die nur unbefristet Beschäftigten die Gründe für eine Kündigung offenlegt, gegen das Grundrecht befristeter Arbeitnehmer auf einen wirksamen Rechtsbehelf verstößt.

In konkreten Fall ging es um einen befristet angestellten Arbeitnehmer in Polen, dessen Vertrag ohne Angabe von Kündigungsgründen beendet wurde. Der Arbeitnehmer argumentierte, dass die fehlende Begründung der Kündigung eine Diskriminierung darstelle, da nach polnischem Recht bei der Kündigung unbefristeter Verträge eine Begründung erforderlich ist. Das polnische Gericht fragte den EuGH, ob diese unterschiedlichen Anforderungen mit dem Unionsrecht, insbesondere der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, vereinbar seien.

EuGH-Urteil zu Gunsten befristet angestellter Arbeitnehmer Der EuGH entschied, dass die Rahmenvereinbarung darauf abzielt, die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse durch den Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu verbessern. Wenn befristet Beschäftigten die Gründe für ihre Kündigung nicht mitgeteilt werden, fehlt ihnen eine wesentliche Information zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung. Diese Ungleichbehandlung benachteiligt klar erkennbar befristet Beschäftigte und verletzt ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, wie er durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert wird.

Das polnische Recht, das keine Mitteilung der Kündigungsgründe bei befristeten Verträgen vorsieht, stellt somit eine Benachteiligung dar. Der EuGH betonte jedoch, dass es Aufgabe des nationalen Gerichts sei zu prüfen, ob der befristet Beschäftigte in einer vergleichbaren Situation wie ein unbefristet Beschäftigter ist. Zudem wurde festgestellt, dass die temporäre Natur eines befristeten Arbeitsverhältnisses keine schlechtere Behandlung rechtfertigt und die Flexibilität solcher Verträge durch die Mitteilung der Kündigungsgründe nicht beeinträchtigt wird.

Das nationale Gericht muss also sicherstellen, dass das Unionsrecht vollständig zur Anwendung kommt. Sollte das nationale Recht nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden können, ist das Gericht verpflichtet, die nationale Regelung soweit unangewendet zu lassen, um die Wirksamkeit des Grundrechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu gewährleisten.

Dieses Urteil des EuGH unterstreicht die uneingeschränkte Bedeutung der Gleichbehandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten in Bezug auf die Mitteilung von Kündigungsgründen. Nationale Regelungen, die diese Gleichbehandlung nicht gewährleisten, verstoßen gegen Unionsrecht und die Grundrechte-Charta. Arbeitgeber sollten daher ihre internen Prozesse und Richtlinien überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen des EuGH-Urteils entsprechen und somit sowohl den Rechten der Arbeitnehmer als auch den rechtlichen Vorgaben gerecht werden.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.2.2024; AZ –  C-715/20 –

Foto:  Jeanette Dietl

BGH-Urteil zur Untervermietung bei beruflich genutzten Zweitwohnungen

In einer dynamischen (Arbeit-)Welt, in der berufliche und private Lebensumstände sich schnell ändern können, stellt die Flexibilität in der Wohnsituation eine wesentliche Komponente dar. Insbesondere für Berufstätige, die aus praktischen Gründen eine Zweitwohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes unterhalten, kann die Möglichkeit, einen Teil dieser Wohnung unterzuvermieten, von großer Bedeutung sein. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich die familiären oder beruflichen Umstände so verändern, dass solche Zweitwohnungen zwar weiterhin benötigt werden, aber nicht mehr in dem Umfang wie zuvor.

Flexibilität bei beruflich genutzten Zweitwohnungen. BGH urteilt dazu.Ein vom Bundesgerichtshof im September 2023 gefälltes Urteil unterstreicht die Bedeutung dieser Flexibilität. Es besagt, dass ein Mieter, der eine Wohnung aus beruflichen Gründen als Nebenwohnung nutzt, unter bestimmten Umständen das Recht hat, Teile dieser Wohnung unterzuvermieten, auch wenn die Wohnung nicht mehr als Hauptwohnsitz dient.

Die Argumentation der Richter am BGH basiert auf dem Verständnis, dass die Erhaltung einer Wohnung, an der ein Mieter festhalten möchte, nicht zwangsläufig bedeutet, dass diese auch als Hauptwohnsitz dient. Vielmehr wird anerkannt, dass berufliche Verpflichtungen eine doppelte Haushaltsführung erforderlich machen können – und dass die Möglichkeit, einen Teil der Wohnung unterzuvermieten, dazu beitragen kann, diese aufrechtzuerhalten. Ganz im Einklang mit dem modernen Verständnis von Mobilität und Flexibilität im Berufsleben.

Wichtig ist dabei, dass der Mieter nicht den gesamten Wohnraum aufgeben muss, um einen Teil davon untervermieten zu können. Es genügt, wenn der Mieter beispielsweise ein Zimmer der Wohnung für sich behält. Das Gericht stellt klar, dass die Untervermietung bei Zweitwohnungen ein anerkanntes Recht des Mieters darstellt, welches nicht durch eine zu enge Auslegung des Gesetzes eingeschränkt werden sollte.

Zudem wurde betont, dass die Interessen des Vermieters durch andere Bestimmungen geschützt sind, etwa durch die Möglichkeit, die Untervermietung abzulehnen, wenn berechtigte Gründe vorliegen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bietet somit eine wichtige Orientierung für Mieter und Vermieter gleichermaßen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.9.2023; AZ – VIII ZR 88/22 

Foto:  Bruno Daniel

Rechtsschutz im Sozialrecht: Untätigkeitsklage als Mittel zur Beschleunigung

In der Praxis des Sozialrechts stellt die Untätigkeitsklage ein wesentliches Instrument dar, um auf ausbleibende Entscheidungen der Sozialleistungsträger zu reagieren. Diese besondere Klageform ist anwendbar auf ein breites Spektrum an Streitigkeiten, die in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallen. Hierzu zählen Konflikte mit gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege-, Arbeitslosenversicherungen, Berufsgenossenschaften, Versorgungsämtern, Jobcentern sowie Grundsicherungsämtern.

Die gesetzlich festgelegten Fristen zur Bearbeitung von Anträgen und Widersprüchen dienen in allen Fällen dazu, den Betroffenen eine zügige Bearbeitung ihrer Anliegen zu garantieren. Die Bearbeitungsfristen sind mit sechs Monaten für Anträge und drei Monaten für Widersprüche klar definiert, um so sicherzustellen, dass Anträge und Widersprüche auch wirklich zeitnah bearbeitet werden. Das ist besonders im Sozialrecht von Bedeutung, wo Verzögerungen die Lebenssituation der Antragstellenden erheblich beeinträchtigen können. So kann etwa die späte Anerkennung eines Schwerbehindertengrades dazu führen, dass Betroffene wichtige Vergünstigungen nicht nutzen können.

Eine Sachstandsanfrage bei dem Sozialleistungsträger ist nicht notwendig, bevor eine Untätigkeitsklage eingereicht wird. In bestimmten Fällen können Bearbeitungszeiten verlängert werden, etwa wenn die Behörde umfangreiche Ermittlungen durchführen muss. Allerdings sind Gründe wie Personalengpässe oder organisatorische Schwierigkeiten keine akzeptablen Rechtfertigungen für eine Überschreitung der Bearbeitungsfristen. Die Verwaltung ist angehalten, ihre Prozesse so zu gestalten, dass Entscheidungen innerhalb der gesetzlichen Fristen getroffen werden können. Verschiedene Gerichtsentscheidungen untermauern die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes und stellen klar, dass Verzögerungen durch die Behörden nicht akzeptabel sind.

Eine Sachstandsanfrage bei dem Sozialleistungsträger ist nicht notwendig, bevor eine Untätigkeitsklage eingereicht wird. Das Hessische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom Juni 2022 ebenfalls bestätigt, dass es vor der Erhebung der Klage wegen Untätigkeit keine Erkundungspflicht gibt. Die gesetzlichen Fristen sind eindeutig, und die Behörden tragen die Verantwortung, innerhalb dieser Zeiträume zu entscheiden. Sollten dennoch Verzögerungen auftreten, ermöglicht die Untätigkeitsklage den Betroffenen, eine Entscheidung zu erzwingen. In diesem Zusammenhang werden auch die Kosten für einen Rechtsanwalt vom Sozialleistungsträger übernommen, sofern die Klage berechtigt ist.

Die Untätigkeitsklage bietet somit einen wichtigen rechtlichen Hebel, um die Rechte der Betroffenen durchzusetzen und auf ausbleibende Entscheidungen effektiv zu reagieren. Sie unterstreicht die Bedeutung des Zugangs zu schnellem und effektivem Rechtsschutz im Sozialrecht und bietet Betroffenen eine Möglichkeit, ihre Ansprüche geltend zu machen und notwendige Leistungen zeitnah zu erhalten.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 9.6.20022; AZ – L 4 SO 17/22 B –

Foto: Day Of Victory Stu.