Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung bei Autounfällen nicht möglich

Wählt ein Unfallopfer nach einem Autounfall für den Schaden an seinem Fahrzeug eine fiktive Schadensabrechnung so ist nicht vom Brutto-, sondern vom Netto-Wiederbeschaffungswert auszugehen. Eine Umsatzsteuer wird nicht ersetzt, wenn sie nur fiktiv bleibt, weil es nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur kommt. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Oktober 2018.

Generell gilt: Wer sein Fahrzeug nach einem Unfall von einem Sachverständigen begutachten und entsprechend den Vorgaben dessen Gutachten reparieren lässt, hat gegenüber dem Versicherer auch einen Anspruch auf Bezahlung aller damit verbundenen Kosten. Wer sein Auto nicht reparieren lässt, muss den Geldbetrag erhalten, den die Reparatur gekostet hätte. Das nennt sich dann fiktive Abrechnung und der Anspruch wird um die Umsatzsteuer (USt.) gemindert

Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist jedoch unzulässig. Im vorliegenden Fall hatte der Geschädigte das Unfallfahrzeug verkauft und ein Ersatzfahrzeug angeschafft. Anschließend wollte er vom Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung Schadensersatz in Höhe des vom Sachverständigen ermittelten Brutto-Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts.

Bei einer fiktiven Schadensabrechnung gilt der Netto-Wiederbeschaffungswert.Die Gegenseite meinte aber, dass von dem Brutto-Wiederbeschaffungswert die Umsatzsteuer von 19 Prozent abzuziehen sei. Sowohl das zuvor angerufene Amtsgericht als auch das Landgericht Heidelberg gaben der Klage des Unfallgeschädigten statt. Und so musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.

Der BGH entschied, dass die gewählte fiktive Schadensabrechnung sich nicht auf einen Brutto- sondern nur auf den Netto-Wiederbeschaffungswert beziehen könne. Eine Umsatzsteuer werde nicht ersetzt, wenn sie nur fiktiv bleibt. Dies gelte auch für den Fall, dass der Geschädigte zwar eine Ersatzbeschaffung inklusive USt. vornimmt – für die Schadenabrechnung aber die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens wählt.

Bereits in früheren Urteilen sei der Ersatz der Umsatzsteuer beim Kauf einer gleichwertigen Ersatzsache von privat mit der Begründung versagt wurde, dass keine Umsatzsteuer angefallen sei, so dass sie „in diesem Fall auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung nicht ersatzfähig“ sei.

Der Unfallgeschädigte werde schließlich nicht schlechter gestellt, so das Urteil des Bundesgerichtshof. Übersteigen die konkreten Kosten des tatsächlich getätigten Ersatzgeschäfts einschließlich Nebenkosten (inklusive der Umsatzsteuer) den der fiktiven Schadensberechnung, könne der Geschädigte ja zu einer konkreten Schadensberechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung wechseln.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.10.2018; AZ – VI ZR 40/18 –

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Auch nur bei Aussicht auf künftige Gegenleistung müssen Influencer Werbung kennzeichnen

Generell muss einfach alles als Werbung gekennzeichnet werden, mit dem ein kommerzieller Zweck verfolgt wird. Ein solcher kommerzieller Zweck kann beispielsweise auch dann vorliegen, wenn für einen Beitrag von einem Influencer noch gar kein Geld geflossen ist. Eine Kennzeichnung kann auch dann notwendig sein, wenn eine Marke oder ein Produkt in der Hoffnung auf künftige Gegenleistung verlinkt wird. So hat das Oberlandesgericht Braunschweig im Mai 2020 geurteilt.

Das eröffnet natürlich gleich die Frage, wo die Grenze zwischen Werbung und Empfehlung liegt? Und ist diese Unterscheidung bei Influencern überhaupt relevant? Das OLG Braunschweig meint dazu, dass derjenige, der sich Influencer nennt, auch dann kennzeichnungspflichtige Eigenwerbung betreibt, wenn es sich um scheinbar private Empfehlungen handelt.

Bei den Influencern gibt es eben das besondere Problem, dass es ihnen oftmals primär um ihre eigene Vermarktung geht, es geht um Follower-Zahlen und Aktivität der Nutzerprofile. Daher steht hinter der Bewertung eines Produktes durchaus nicht immer eine direkte Geschäftsbeziehung zum Hersteller.

Eine Marke oder ein Produkt in der Hoffnung auf künftige Gegenleistung verlinkenDoch die jetzt nötige Kennzeichnung soll Betrachter schon einmal davor warnen, dass mit einem Beitrag ein kommerzielles Interesse verfolgt wird und er daher nicht mehr ausschließlich von der eigenen Meinung getragen wird – kein Spaß-Posting ist. Einer scheinbar privaten und objektiven Empfehlung wird eben nachweislich mehr Bedeutung beigemessen, als einem als Werbung gekennzeichneten Post. Das macht ja auch den Erfolg dieser Art Werbung aus.

In dem konkreten Fall kam noch hinzu, dass die Bloggerin scheinbar ohne jeden Grund Hersteller verlinkt hatte. Es gab tatsächlich keinen redaktionellen Anlass zur Verlinkung und dieser Art der Influencer Werbung. Genau dieses, für den Betrachter ohne Zusammenhang, Verlinken von Herstellern wurde auch schon anderen Influencern zum Verhängnis. Interessant ist daher die gerichtliche Feststellung des im zweiten Fall tätigen Landgericht Koblenz in seinem Urteil vom April 2020, dass Influencer „generell Werbung“ betreiben würden. Folgerichtig müssten Influencer jeden Post, der eine Marke, ein Geschäft oder Unternehmen nennt, als Werbung kennzeichnen.

Diese Beurteilung mag zumindest dann nicht absolut verkehrt sein, wenn der Influencer als Unternehmer tätig ist und sich selbst durch bestimmte Inhalte bei Unternehmen ins Gedächtnis bringen will. Nach Einschätzung der Gerichte betreiben die Influencer ihren Account nicht zu rein privaten Zwecken, sondern auch zur geschäftlichen Vermarktung ihrer eigenen Person und ihres eigenen Unternehmens. Die fehlende Gegenleistung durch die verlinkten Unternehmen ist einem solchen Fall für die Bewertung, ob nun kennzeichnungspflichtige Werbung vorliegt, nicht das entscheidende Kriterium.

Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 13.05.2020; AZ – 2 U 78/19 –

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Neue Verteilung der Maklerkosten bei privaten Immobilien-Kaufverträgen

Im Juni 2020 hat der Bundesrat das Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten für private Immobilienkäufe gebilligt und entgegen dem ursprünglichen Entwurf wird weder das Besteller-Prinzip eingeführt, noch werden die Maklerkosten an sich gedeckelt. Neu ist, dass Maklerverträge über den Kauf von Wohnungen und Einfamilienhäuser in Textform geschlossen werden müssen – andernfalls ist der Maklervertrag nichtig. Die übliche Praxis – der Maklervertrag kommt durch die Übergabe eines Exposés mit Angaben zu den Maklerkosten sowie die Annahme der Maklerleistung zustande –  ist somit nicht mehr möglich.

Das Gesetz gilt ausdrücklich für Kaufverträge über Wohnungen und Einfamilienhäuser, wobei beide Begriffe („Wohnung“ und „Einfamilienhaus“) nicht im Gesetz definiert werden. Der Gesetzgeber bringt in den Kommentaren allerdings zum Ausdruck, dass die Begriffe grundsätzlich großzügig zu verstehen sind. Kaufverträge über Mehrfamilienhäuser oder über Gewerbeimmobilien sind aber in jedem Fall von diesen neuen Regelungen nicht betroffen.

Maklerkosten werden bei privaten Immobiliengeschäften klar getrennt.Auch besonders in der Vergangenheit immer wieder ein Streitpunkt war, wer denn bei privaten Käufen den Makler bezahlen muss. Das hat dieses aktuelle Gesetz nun recht klar geregelt: Wird der Makler von diesen beauftragt, darf er von beiden Parteien jeweils nur Maklerkosten in gleicher Höhe verlangen. Das bedeutet auch, dass ein Nachlass gegenüber der einen Partei sich auch auf die andere Partei auswirkt. Sollte der Makler sich hieran nicht halten, ist der Maklervertrag unwirksam.

Im Mittelpunkt steht klar eine Art Verbraucherschutzgedanke. Wird etwa der Makler nur von einer Partei beauftragt, dürfen die Maklerkosten nur in Höhe von maximal 50 Prozent auf die andere Partei übertragen werden. Dies soll die in manchen Bundesländern übliche Praxis beenden, dass der Verkäufer den Makler bestellt, der Käufer den Makler aber letztlich (voll) bezahlt. Damit einher geht auch die Regelung, dass der Besteller auch tatsächlich mindestens 50 Prozent bezahlt muss, und die Forderung des Maklers gegenüber der anderen Partei erst dann fällig wird, wenn der anderen Partei unmissverständlich nachgewiesen wird, dass der Besteller bezahlt hat. Die neuen Regelungen treten endgültig im Dezember 2020 in Kraft. Für Maklerverträge, die bis zu diesem Zeitpunkt geschlossen werden, wirken sich die neuen Regelungen daher noch nicht aus.

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Aufenthaltsbestimmungsrecht: Führen Alkoholprobleme und Überforderung zu Entzug des Sorgerechts?

Auf Antrag des Jugendamtes vom Januar 2008 wurde einer Kindesmutter mit Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom selben Tage per einstweiliger Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide zu der Zeit noch minderjährigen Töchter entzogen und auf das Jugendamt übertragen. Die Kinder fühlten sich bei den Großeltern wohl und wollten ausdrücklich erst in den mütterlichen Haushalt zurückkehren, wenn die Mutter „wieder gesund“ sei. Daher sah das Gericht konkrete Gefahren für das Wohl der Kinder.

Gegen diese Entscheidung hatte die Mutter dann Beschwerde eingelegt. Sie bestritt eine Kindeswohlgefährdung in ihrem Haushalt, insbesondere eine bei ihr seit mehreren Jahren bestehende Alkoholabhängigkeit. Sie nehme über längere Zeiträume überhaupt keinen Alkohol zu sich; lediglich „im üblichen Rahmen komme es vor, dass sie übermäßig Alkohol trinkt.“ Ein länger dauernder Verbleib der Kinder im Haushalt der Großeltern sei ihrer Ansicht nach nicht gerechtfertigt und insbesondere auch deshalb abzulehnen, weil die Großeltern insbesondere die jüngere Tochter unter Druck setzten und die Kinder von der Kindesmutter entfremden wollten. Eine Verfahrenspflegerin hatte basierend auf einem Gespräch mit beiden Töchtern im Haushalt der Großeltern deutlich gemacht, dass die Großeltern der Kindesmutter in der Tat nicht wohlgesonnen seien und dies beiden Kindern auch vermittelten.

Viele Aspekte – auch das Verhalten der betroffenen Personen sind entscheidend für die Beurteilungen durch Familiengerichte bestimmen das Aufenthaltsbestimmungsrecht.Richtig und von der Kindesmutter auch eingeräumt war, dass sie Anfang des Jahres 2008 mit der Versorgung und Betreuung der Kinder physisch und psychisch überfordert war, wobei es in diesen Situationen auch zu Zeiten einen übermäßigen Alkoholgenuss gegeben hat. Nachdem die Kindesmutter aus diesem Grund objektiv nicht in der Lage war, der seinerzeit notwendigen besonderen Unterstützung der Töchter gerecht zu werden, bestand zur Abwendung erheblicher Gefahren für das Kindeswohl dringender Handlungsbedarf. Mit Blick auf die seinerzeit gänzlich fehlende Einsicht der Kindesmutter in die Notwendigkeit externer Hilfe, war der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit der Folge einer Unterbringung der Kinder im Haushalt ihrer Großeltern nicht unverhältnismäßig.

Die Kindesmutter hatte später die besonderen seelischen, physischen und finanziellen Belastungen durch die Todesfälle Ende des Jahres 2008 insofern überwunden, als sie sich „gefangen“, ihr Leben neu geordnet, die Schuldensituation überschaubar gestaltet und mit einer neuen Arbeitsstelle insgesamt eine neue Perspektive gewonnen hatte. Persönlich wie auch finanziell entstanden so mehr Sicherheit und Stabilität – dazu beigetragen hatte sicherlich auch die Inanspruchnahme eines Nervenarztes. Eine neue Perspektive für das Thema Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Die Kindesmutter, die dann über einen erheblichen Zeitraum von rund einem Jahr abstinent gelebt hatte, konnte dem Brandenburger Oberlandesgericht durchaus überzeugend vermitteln, dass sie auf absehbare Zeit so hinreichend gefestigt ist, dass ein weiterer „Absturz“ zwar vielleicht nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, zumindest aber eher unwahrscheinlich ist. Diese Überzeugung des Gerichts erwächst zum einen aus dem glaubhaft vermittelten festen Willen der Mutter, „meinen Kindern das nicht antun zu wollen“, insbesondere aber auch aus der noch überzeugender vermittelten – und sicher berechtigten – Sorge der Kindesmutter, dass „dann sofort wieder alle auf der Matte stehen. Und damit erneut Eingriffe in das elterliche Sorgerecht drohen.

Eine der Töchter hatte zudem in einer Befragung keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie anhand einer gemeinsam mit der Familienhilfe und der Kindesmutter aufgestellten und stets griffbereit verwahrten Telefonliste uneingeschränkt in der Lage sei, Hilfe zu holen, sollte sie von der Sorge umtrieben werden, ihre Mutter könne ihrer Verantwortung im Einzelfall nicht mehr nachkommen.

Durch diese Sachlage bestehe kein Anlass mehr, an dem Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindesmutter festzuhalten, so dass die ursprüngliche Entscheidung 2009 durch das Brandenburgisches Oberlandesgericht abgeändert werden konnte.

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Recht auf Auskunft nach der DSGVO umschließt auch die Herkunft der Daten

Die allgemeine Auskunft über gespeicherte Daten, die nach DSGVO von Betroffenen bei Unternehmen verlangt werden können, umfasst auch die Herkunft der Daten und alle Angaben über die Mittel, mit denen diese personenbezogenen Daten erhoben wurden. Das entschied ganz klar das Landgericht Mosbach im Januar 2020. Anders nämlich als das alte Bundesdatenschutzgesetz verlangt die DSGVO stets die Auskunft über „alle verfügbaren Informationen über die Herkunft“ der Daten in „genügender Tiefe“ – wenn diese Daten nicht bei den Betroffenen selbst erhoben wurden.

Das macht klar, dass man als Unternehmen stets transparent erklären können sollte, woher etwa E-Mail-Adressen stammen, mit denen – egal ob B2B oder B2C – (potenzielle) Kunden kontaktiert werden. Das Stichwort „genügende Tiefe“ bedeutet zudem, dass es eben nicht ausreicht, nur darüber zu informieren, woher man selbst die Daten bezogen hat, man muss möglicherweise auch ergründen und mitteilen, wie diese Quelle die personenbezogenen Daten erlangt hat.

Die Herkunft der Daten und alle Angaben über die Mittel, mit denen diese personenbezogenen Daten erhoben wurden.Im verhandelten Fall ist daher die Angabe einer Schuldnerin, die Daten seien aus einem Bezahlvorgang einer namentlich benannten GmbH erhoben worden, schlicht nicht hinreichend. Und die Verweigerung der Auskunft mit Hinweis darauf, es handele sich nicht um Daten des Klägers (Gläubiger) sogar fehlerhaft. Denn, dass es sich nicht um Daten des Gläubigers handele, könne nicht daraus abgeleitet werden, dass diese von einem Dritten eventuell missbräuchlich verwandt worden waren.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Von der Auskunftsverpflichtung erfasst sind alle Daten wie Namen oder Geburtsdatum, genauso wie jegliche Merkmale, die eine Identifizierung einer Person ermöglichen können, zum Beispiel Gesundheitsdaten, Kontonummer usw. Laut einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom Juli 2019 ist sogar Auskunft über interne Gesprächsvermerke und Telefonnotizen zu erteilen.

Besonders im Bereich E-Commerce teilen wahrscheinlich alle Menschen mit einem E-Mail-Account das gleiche Schicksal. Ständig flattern Werbe-Mails ins Postfach, ohne dass man sich tatsächlich dafür angemeldet hat. Damit man dieser Sache auf den Grund gehen kann, hat die Datenschutzgrundverordnung eben diesen speziellen Auskunftsanspruch verankert.

Unternehmen weigern sich aber manchmal, die Karten auf den Tisch zu legen. Die Entscheidung zeigt, dass derjenige, der datenschutzrechtlich zur Auskunft verpflichtet ist, diese Verpflichtung nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Immerhin sind in dem Fall, dass Berechtigte wegen unvollständiger oder falscher Angaben über die Datenschutzbeauftragten der Länder vorgehen, möglicherweise ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro, Zwangshaft oder ersatzweise Zwangshaft bis 6 Monate möglich.

Urteil des Landgericht Mosbach, Beschluss vom 27.1.2020; AZ – 5 T 4/20 –

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Fehlerhaftes notarielles Nachlassverzeichnis: Kann ein Zwangsgeld gegen Erben festgesetzt werden?

Es gibt zwei Arten von Nachlassverzeichnissen, das einfache schriftliche und das notarielle Nachlassverzeichnis. Das einfache Nachlassverzeichnis wird vom Erben selbst erstellt. Beim notariellen Nachlassverzeichnis übernimmt der Notar die Ermittlungen und die Verantwortung für das Nachlassverzeichnis. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im vorliegenden Pflichtteils-Streit darüber zu befinden, ob ein von einem Erben vorgelegtes notarielles Nachlassverzeichnis ordnungsgemäß sei und ein Zwangsgeld zu verhängen sei.

Was war passiert? Um seinen Pflichtteil berechnen und korrekt beziffern zu können, verklagte der Pflichtteilsberechtigte den Erben auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Im Rahmen des betreffenden Gerichts-Verfahren erkannte der Erbe diesen Anspruch an. Dabei akzeptierte der Erbe auch, dass er gemeinsam mit dem Verzeichnis Belege für die einzelnen Nachlasswerte vorlegen muss.

In der Folge konnte dieser dem Pflichtteilsberechtigten schließlich ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis vorlegen. Dieser monierte jedoch, dass das Verzeichnis unvollständig sei und beantragte die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Erben. Das darüber angerufene Landgericht lehnte diesen Antrag ab, da das notarielle Nachlassverzeichnis nach Auffassung des Gerichts ordnungsgemäß ausgefallen war und der Erbe den gegen ihn gerichteten Anspruch erfüllt habe.

Bei unzureichenden Nachlass-Unterlagen durch einen Notar kann gegen den Erben ein Zwangsgeld verhängt werden.Der Pflichtteilsberechtigte war damit nicht einverstanden und so wurde die Angelegenheit dem Oberlandesgericht (OLG) vorgelegt. Das OLG verwies im Gegensatz zum Landgericht in der Begründung seiner Entscheidung ein Zwangsgeld zu verhängen darauf, dass das vom Erben vorgelegte Nachlassverzeichnis nicht ausreiche, um den Auskunftsanspruch zu erfüllen. Das OLG betrachtete das Verzeichnis bereits deswegen als mangelhaft, weil vom Erben wie vom Notar gemeinsam mit dem Verzeichnis keine Belege vorgelegt worden waren. Dazu sich ja aber der Erbe im Vorhinein ausdrücklich verpflichtet.

Das Düsseldorf Gericht machte in seinem Beschluss vom September 2019 deutlich, dass das Verzeichnis ohne Belege keinen Bestand haben könne. Darüber hinaus sei das Verzeichnis erkennbar unvollständig. So sei ihm nicht zu entnehmen, ob sich die ausgewiesenen Kontostände auf den Todestag des Erblassers bezogen. Auch sei über in den Nachlass fallender Schmuck und Gemälde unvollständig Auskunft erteilt worden – und ein ebenfalls vorhandenes Einzelunternehmen hätte in jedem Fall näher beschrieben werden müssen, um dem Pflichtteilsberechtigten konkrete Anhaltspunkte für die Bezifferung seines Anspruchs zu geben.

Bei der Festsetzung eines Zwangsgeld (in Höhe von 1.000 Euro) gegen den Erben komme es im übrigen nicht darauf an, ob dem Erben ein konkretes (Mit-)Verschulden an der Mangelhaftigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses vorgeworfen werden könne.

Urteil des Oberlandesgericht Düsseldorf vom 10.9.2019; AZ – I-7 W 29/19 –

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Kann Urlaub einfach automatisch verfallen oder muss der Arbeitgeber aktiv werden?

Urlaub verfällt nicht mehr automatisch. Urlaub verfällt tatsächlich nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor auf drohenden Urlaubsverfall hingewiesen hat. Die Hinweispflicht des Arbeitgebers umfasst dabei auch Urlaub aus vergangenen Jahren. Hintergrund ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom November 2018 nachdem ein Urlaubsverfall in der Regel nur noch dann eintreten kann, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen und daraufhin gewiesen hat, das dieser anderenfalls oder mit Ablauf eines Übertragungszeitraums erlischt.

Wie ist er aber, wenn der Arbeitnehmer über eine lange Zeit ohne Unterbrechung arbeitsunfähig erkrankt ist und auch gar keinen Ur­laub nehmen kann? Dann besteht eine solche Hinweispflicht nicht, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem Urteil vom Juli 2019.

Urlaubansprüche müssen vom Arbeitgeber nur benannt werden, wenn Arbeitnehmer nicht langfristig erkrankt sind.Im vorliegenden Fall war eine Arbeitnehmerin gut 18 Monate durchgehend erkrankt und verlangte nach ihrer Genesung 14 Urlaubstage für dass erste Jahr ihrer Krankheit. Nun wären diese nach der Rechtsprechung 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Urlaubsjahres verfallen, daher berief sie sich darauf, dass der Arbeitgeber sie (was grundsätzlich unstreitig war) nach dem ersten Krankheitsjahr nicht auf den bevorstehenden Verfall des Urlaubsanspruchs hingewiesen hatte.

Das LAG wies die Klage jedoch ab, wie auch schon das Arbeitsgericht Paderborn zuvor und entschied, dass in einer solchen Situation eine Belehrungspflicht des Arbeitgebers über Urlaubsansprüche bei Nichtinanspruchnahme bis zum 31. Dezember des Kalenderjahres oder bis zum 31. März des Folgejahres erlöscht. Eine solche Pflicht bestehe bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern nicht – erst nach der Wiedergenesung setze die Verpflichtung erneut ein.

Selbst wenn der Arbeitgeber gegen Ende des Jahres der Erkrankung noch nicht wusste, wie lange die Arbeitsunfähigkeit andauern würde, bestehe trotzdem solange keine Belehrungspflicht – mit einer sehr nachvollziehbaren Begründung: Eine Beantragung oder Erteilung von Urlaubes war objektiv gar nicht möglich.

Mittlerweile hat sich auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz dieser Meinung angeschlossen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Januar 2020; AZ – 7 Sa 284/19 –). Eine Revision beim Bundesarbeitsgericht steht noch aus, eine Entscheidung ist noch 2020 zu erwarten.

Urteil des Landesarbeitsgericht Hamm vom 24.7.2019; AZ – 5 Sa 676/19 –

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BGH entscheidet: Umschuldung von Immobilienkrediten darf nichts kosten

Nach Angaben von Verbraucherschützern verlangen Banken und Sparkassen laut ihrer AGB Bearbeitungskosten von ihren Kunden, wenn ein Kredit zur Finanzierung einer Immobilie von einem anderen Institut übernommen wird. Und das dürfte auch in der Realität genau so gehabt werden. Viele Kunden merken das oft gar nicht, da der Betrag in den meist recht üppigen Summen eines solchen Kredits einfach untergeht. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch im September 2019, dass Bankkunden keine Gebühr für die Umschuldung von Immobilienkrediten zahlen müssen. Preisnebenabreden einer Sparkasse bei der Umschuldung von Immobilienkrediten, wie sie im vorliegend Fall zu beurteilen waren,  sind unwirksam, entschied das Gericht.

Keine Gebühren bei der Umschuldung von Immobilienkredit entschied der BGH 2019Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen eine Sparkasse aus Steinfurt geklagt, weil sie 100 Euro verlangt hatte, wenn ein Kreditnehmer nach Ablauf der Zinsbindung seine Immobilie bei einer anderen Bank weiterfinanzieren wollte. Konkret ging es um die unter „4.8 Sonstige Entgelte“ in den Allgmeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu findende Klausel „Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen 100,00 €“. Der Anwalt des Bundesverbands argumentierte, dass die Pflicht der Bank sei, dem Kunden den Wechsel zu einem anderen Kreditinstitut kostenfrei zu ermöglichen,.

Der damit verbundene Aufwand sei letztlich durch den von den Kunden verlangten Zins abgegolten, so die Bundesrichter. Die Klausel erfasse aber auch den umgekehrten Fall, nämlich wenn die Bank als neue Darlehensgeberin im Rahmen der Ablösung eines bei einem anderen Kreditinstitut bestehenden Darlehensvertrags tätig wird. Mit der hierfür nötigen Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten verfolge Bank oder Sparkasse allein eigene Vermögensinteressen, so dass die Klausel als Preisnebenabrede einzuordnen sei.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer hat das Urteil weitreichende Folgen. Nach deren Kenntnis finden sich solche Klauseln in den AGB zahlreicher Banken – und sieht auch gute Chancen, dass betroffene Verbraucher Rückerstattungsansprüche geltend machen können.

Urteil des Bundesgerichtshof vom 10.9.2019; Az. – XI ZR 7/199 –

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Wesentliche Merkmale von Produkten müssen beim Bestellvorgang unmittelbar dargestellt werden

Werden online Kaufverträge mit Verbrauchern geschlossen, gelten zahlreiche Informationspflichten. Dazu gehört auch, dass die wesentlichen Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden. Diese Angaben im Warenkorb nur zu verlinken, reicht tatsächlich nicht aus – laut Urteil des OLG München müssen sich diese Informationen vielmehr direkt auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt.

Die Richter des anschließend von den Beklagten – Amazon mit seinem Marketplace – angerufene Bundesgerichtshof (BGH) stellten dazu fest, dass die „Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert“ und wiesen die Beschwerde ab. Das Urteil der Münchner Richter hat damit seine Wirksamkeit behalten.

Beim Bestellvorgang im Onlienhandel müssen wesentliche Produkteigenschaften klar erkennbar sein.Allerdings sieht der BGH die Lage aus Praxis-Sicht durchaus als problematisch an. Das Hauptargument ist dabei, dass die von Amazon gewählte Gestaltung mit einem Link auf Produktdetails nur im Warenkorb nicht den gesetzlichen Vorgaben genügt. Es fehle der räumlich-funktionale Zusammenhang zwischen den Pflichtangaben und dem Bestell-Button, so der Beschluss vom November 2019.

Diese Situation hat für Marketplace-Händler bei Amazon weitreichende Auswirkungen: Werden die wesentlichen Produkteigenschaften im Checkout nicht gesetzeskonform genannt, bedeutet das für Händler tatsächlich ein rechtliches Risiko – ihnen drohen Abmahnungen von Mitbewerbern. Das Problem ist, sie können am Checkout-Prozess selbst nichts ändern, auch wenn er rechtswidrig ist. Das bedeutet denn auch, dass ein rechtssicherer Handel auch für Dritthändler nur möglich ist, wenn die Plattformbetreiber Amazon eine rechtskonforme Darstellung im Checkout sicherstellen und somit den Bestellvorgang nicht behindern.

Wie Händler mit der Situation umgehen, kann nur eine Frage der persönlichen Risikoabwägung sein. Wie sieht die Konkurrenzsituation aus, wie wahrscheinlich sind rechtliche Schritte von Mitbewerbern? Wenn wie hier die eigentlich betroffenen Händler keine Handhabe haben und quasi vor der Wahl stehen, entweder ihren Handel auf dieser Plattform einzustellen oder sich aber dem Risiko rechtlicher Konsequenzen auszusetzen, ist dies ein Zustand, den weder der Plattformbetreiber noch der Onlinehandel gutheißen können.

Beschluss des BGH vom 28.11.2019; AZ – I ZR 43/19 –

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Beseitigung von Schimmelbefall berechtigt zur Mietminderung oder gar Kündigung

Das Thema Schimmelbefall ist ein wirkliches Dauerthema. Leider ist es auch oft mit viel Leid verbunden. Alleine die ewige Frage, wer denn nun die Schuld am Schimmelbefall trägt und damit auch die finanzielle Belastung einer umfangreichen Renovierung, hat schon etliche Gerichte beschäftigt. Doch was ist, wenn die Mieter keine Schuld trifft und es zu massiven Sanierungen kommt? Wird dadurch nicht ebenso massiv das Leben der Bewohner beeinträchtigt? weiter lesen