Muss eine Änderung oder Streichung in einem Testament stets mit Unterschrift versehen sein?

Ein Erblasser kann ein Testament zu jedem Zeitpunkt eigenhändig ergänzen, auch nur durch eine einfache Streichung. Zwar müssten Zusätze oder Nachträge unterschrieben sein, bloße Streichungen hingegen nicht, da sie sich auf den Widerruf beschränken. Mit einem einfachen Strich können also Erblasser die Einsetzung von Erben (auch: Alleinerben) widerrufen, urteilte das Oberlandesgericht Stuttgart im März 2020. Auch ohne Unterschrift sei die Streichung eines Erben in einem privatschriftlichen Testament wirksam.

Wie kam es zu dieser Entscheidung? Eine Frau verstarb verwitwet und kinderlos. In der Wohnung der Frau wird anschließend ein handschriftliches Testament gefunden, in dem sie ursprünglich einen gemeinnützigen Verein zum Alleinerben eingesetzt hatte. Später hatte sich die Frau offenbar anders entschieden und strich den genannten Verein durch und notierte nach den Worten „Zu meinem Erben setzte ich ein:“ ein „wird noch genannt, (Datum)“.

Streichung in einem Testament können auch ohne Unterschrift gelten.Die einzige Schwester der Verstorbenen beantragte daraufhin einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Der ursprünglich zum Alleinerben eingesetzte Verein – der offenbar von diesem Testament wusste – sah dies aber anders und klagte dagegen. Die Änderung des Testaments erkenne der Verein nicht an, da nur das Datum der Änderung, nicht aber der Ort angegeben sei und die Änderung – auch nicht mit Vor- und Zunamen – unterschrieben worden sei.

Die Schwester ist Alleinerbin, so das eindeutige Urteil. Denn die Einsetzung des Vereins als Alleinerbe sei durch die Streichung wirksam widerrufen. Da die Erblasserin entgegen ihrer zunächst angekündigten Absicht keinen neuen Erben eingesetzt hatte, sei ganz normal die gesetzliche Erbfolge eingetreten. Demnach sei aber eindeutig die Schwester Alleinerbin. Es gelte: Der oder die Erblasser/in kann ein Testament jederzeit eigenhändig ergänzen, jedoch nur Zusätze und Erweiterungen, genauer Nachträge, müssen auch mit Unterschrift (und Datum) versehen werden.

Urteil des Oberlandesgericht Stuttgart vom 25.3.2020; AZ – 8 W 104/19 –

Foto: Andrey Popov

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