Fehlerhaftes notarielles Nachlassverzeichnis: Kann ein Zwangsgeld gegen Erben festgesetzt werden?

Es gibt zwei Arten von Nachlassverzeichnissen, das einfache schriftliche und das notarielle Nachlassverzeichnis. Das einfache Nachlassverzeichnis wird vom Erben selbst erstellt. Beim notariellen Nachlassverzeichnis übernimmt der Notar die Ermittlungen und die Verantwortung für das Nachlassverzeichnis. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im vorliegenden Pflichtteils-Streit darüber zu befinden, ob ein von einem Erben vorgelegtes notarielles Nachlassverzeichnis ordnungsgemäß sei und ein Zwangsgeld zu verhängen sei.

Was war passiert? Um seinen Pflichtteil berechnen und korrekt beziffern zu können, verklagte der Pflichtteilsberechtigte den Erben auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Im Rahmen des betreffenden Gerichts-Verfahren erkannte der Erbe diesen Anspruch an. Dabei akzeptierte der Erbe auch, dass er gemeinsam mit dem Verzeichnis Belege für die einzelnen Nachlasswerte vorlegen muss.

In der Folge konnte dieser dem Pflichtteilsberechtigten schließlich ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis vorlegen. Dieser monierte jedoch, dass das Verzeichnis unvollständig sei und beantragte die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Erben. Das darüber angerufene Landgericht lehnte diesen Antrag ab, da das notarielle Nachlassverzeichnis nach Auffassung des Gerichts ordnungsgemäß ausgefallen war und der Erbe den gegen ihn gerichteten Anspruch erfüllt habe.

Bei unzureichenden Nachlass-Unterlagen durch einen Notar kann gegen den Erben ein Zwangsgeld verhängt werden.Der Pflichtteilsberechtigte war damit nicht einverstanden und so wurde die Angelegenheit dem Oberlandesgericht (OLG) vorgelegt. Das OLG verwies im Gegensatz zum Landgericht in der Begründung seiner Entscheidung ein Zwangsgeld zu verhängen darauf, dass das vom Erben vorgelegte Nachlassverzeichnis nicht ausreiche, um den Auskunftsanspruch zu erfüllen. Das OLG betrachtete das Verzeichnis bereits deswegen als mangelhaft, weil vom Erben wie vom Notar gemeinsam mit dem Verzeichnis keine Belege vorgelegt worden waren. Dazu sich ja aber der Erbe im Vorhinein ausdrücklich verpflichtet.

Das Düsseldorf Gericht machte in seinem Beschluss vom September 2019 deutlich, dass das Verzeichnis ohne Belege keinen Bestand haben könne. Darüber hinaus sei das Verzeichnis erkennbar unvollständig. So sei ihm nicht zu entnehmen, ob sich die ausgewiesenen Kontostände auf den Todestag des Erblassers bezogen. Auch sei über in den Nachlass fallender Schmuck und Gemälde unvollständig Auskunft erteilt worden – und ein ebenfalls vorhandenes Einzelunternehmen hätte in jedem Fall näher beschrieben werden müssen, um dem Pflichtteilsberechtigten konkrete Anhaltspunkte für die Bezifferung seines Anspruchs zu geben.

Bei der Festsetzung eines Zwangsgeld (in Höhe von 1.000 Euro) gegen den Erben komme es im übrigen nicht darauf an, ob dem Erben ein konkretes (Mit-)Verschulden an der Mangelhaftigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses vorgeworfen werden könne.

Urteil des Oberlandesgericht Düsseldorf vom 10.9.2019; AZ – I-7 W 29/19 –

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Kann Urlaub einfach automatisch verfallen oder muss der Arbeitgeber aktiv werden?

Urlaub verfällt nicht mehr automatisch. Urlaub verfällt tatsächlich nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor auf drohenden Urlaubsverfall hingewiesen hat. Die Hinweispflicht des Arbeitgebers umfasst dabei auch Urlaub aus vergangenen Jahren. Hintergrund ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom November 2018 nachdem ein Urlaubsverfall in der Regel nur noch dann eintreten kann, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen und daraufhin gewiesen hat, das dieser anderenfalls oder mit Ablauf eines Übertragungszeitraums erlischt.

Wie ist er aber, wenn der Arbeitnehmer über eine lange Zeit ohne Unterbrechung arbeitsunfähig erkrankt ist und auch gar keinen Ur­laub nehmen kann? Dann besteht eine solche Hinweispflicht nicht, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem Urteil vom Juli 2019.

Urlaubansprüche müssen vom Arbeitgeber nur benannt werden, wenn Arbeitnehmer nicht langfristig erkrankt sind.Im vorliegenden Fall war eine Arbeitnehmerin gut 18 Monate durchgehend erkrankt und verlangte nach ihrer Genesung 14 Urlaubstage für dass erste Jahr ihrer Krankheit. Nun wären diese nach der Rechtsprechung 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Urlaubsjahres verfallen, daher berief sie sich darauf, dass der Arbeitgeber sie (was grundsätzlich unstreitig war) nach dem ersten Krankheitsjahr nicht auf den bevorstehenden Verfall des Urlaubsanspruchs hingewiesen hatte.

Das LAG wies die Klage jedoch ab, wie auch schon das Arbeitsgericht Paderborn zuvor und entschied, dass in einer solchen Situation eine Belehrungspflicht des Arbeitgebers über Urlaubsansprüche bei Nichtinanspruchnahme bis zum 31. Dezember des Kalenderjahres oder bis zum 31. März des Folgejahres erlöscht. Eine solche Pflicht bestehe bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern nicht – erst nach der Wiedergenesung setze die Verpflichtung erneut ein.

Selbst wenn der Arbeitgeber gegen Ende des Jahres der Erkrankung noch nicht wusste, wie lange die Arbeitsunfähigkeit andauern würde, bestehe trotzdem solange keine Belehrungspflicht – mit einer sehr nachvollziehbaren Begründung: Eine Beantragung oder Erteilung von Urlaubes war objektiv gar nicht möglich.

Mittlerweile hat sich auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz dieser Meinung angeschlossen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Januar 2020; AZ – 7 Sa 284/19 –). Eine Revision beim Bundesarbeitsgericht steht noch aus, eine Entscheidung ist noch 2020 zu erwarten.

Urteil des Landesarbeitsgericht Hamm vom 24.7.2019; AZ – 5 Sa 676/19 –

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BGH entscheidet: Umschuldung von Immobilienkrediten darf nichts kosten

Nach Angaben von Verbraucherschützern verlangen Banken und Sparkassen laut ihrer AGB Bearbeitungskosten von ihren Kunden, wenn ein Kredit zur Finanzierung einer Immobilie von einem anderen Institut übernommen wird. Und das dürfte auch in der Realität genau so gehabt werden. Viele Kunden merken das oft gar nicht, da der Betrag in den meist recht üppigen Summen eines solchen Kredits einfach untergeht. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch im September 2019, dass Bankkunden keine Gebühr für die Umschuldung von Immobilienkrediten zahlen müssen. Preisnebenabreden einer Sparkasse bei der Umschuldung von Immobilienkrediten, wie sie im vorliegend Fall zu beurteilen waren,  sind unwirksam, entschied das Gericht.

Keine Gebühren bei der Umschuldung von Immobilienkredit entschied der BGH 2019Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen eine Sparkasse aus Steinfurt geklagt, weil sie 100 Euro verlangt hatte, wenn ein Kreditnehmer nach Ablauf der Zinsbindung seine Immobilie bei einer anderen Bank weiterfinanzieren wollte. Konkret ging es um die unter “4.8 Sonstige Entgelte” in den Allgmeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu findende Klausel „Bearbeitungsentgelt für Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen 100,00 €“. Der Anwalt des Bundesverbands argumentierte, dass die Pflicht der Bank sei, dem Kunden den Wechsel zu einem anderen Kreditinstitut kostenfrei zu ermöglichen,.

Der damit verbundene Aufwand sei letztlich durch den von den Kunden verlangten Zins abgegolten, so die Bundesrichter. Die Klausel erfasse aber auch den umgekehrten Fall, nämlich wenn die Bank als neue Darlehensgeberin im Rahmen der Ablösung eines bei einem anderen Kreditinstitut bestehenden Darlehensvertrags tätig wird. Mit der hierfür nötigen Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Sicherheiten verfolge Bank oder Sparkasse allein eigene Vermögensinteressen, so dass die Klausel als Preisnebenabrede einzuordnen sei.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer hat das Urteil weitreichende Folgen. Nach deren Kenntnis finden sich solche Klauseln in den AGB zahlreicher Banken – und sieht auch gute Chancen, dass betroffene Verbraucher Rückerstattungsansprüche geltend machen können.

Urteil des Bundesgerichtshof vom 10.9.2019; Az. – XI ZR 7/199 –

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Wesentliche Merkmale von Produkten müssen beim Bestellvorgang unmittelbar dargestellt werden

Werden online Kaufverträge mit Verbrauchern geschlossen, gelten zahlreiche Informationspflichten. Dazu gehört auch, dass die wesentlichen Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden. Diese Angaben im Warenkorb nur zu verlinken, reicht tatsächlich nicht aus – laut Urteil des OLG München müssen sich diese Informationen vielmehr direkt auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt.

Die Richter des anschließend von den Beklagten – Amazon mit seinem Marketplace – angerufene Bundesgerichtshof (BGH) stellten dazu fest, dass die „Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert“ und wiesen die Beschwerde ab. Das Urteil der Münchner Richter hat damit seine Wirksamkeit behalten.

Beim Bestellvorgang im Onlienhandel müssen wesentliche Produkteigenschaften klar erkennbar sein.Allerdings sieht der BGH die Lage aus Praxis-Sicht durchaus als problematisch an. Das Hauptargument ist dabei, dass die von Amazon gewählte Gestaltung mit einem Link auf Produktdetails nur im Warenkorb nicht den gesetzlichen Vorgaben genügt. Es fehle der räumlich-funktionale Zusammenhang zwischen den Pflichtangaben und dem Bestell-Button, so der Beschluss vom November 2019.

Diese Situation hat für Marketplace-Händler bei Amazon weitreichende Auswirkungen: Werden die wesentlichen Produkteigenschaften im Checkout nicht gesetzeskonform genannt, bedeutet das für Händler tatsächlich ein rechtliches Risiko – ihnen drohen Abmahnungen von Mitbewerbern. Das Problem ist, sie können am Checkout-Prozess selbst nichts ändern, auch wenn er rechtswidrig ist. Das bedeutet denn auch, dass ein rechtssicherer Handel auch für Dritthändler nur möglich ist, wenn die Plattformbetreiber Amazon eine rechtskonforme Darstellung im Checkout sicherstellen und somit den Bestellvorgang nicht behindern.

Wie Händler mit der Situation umgehen, kann nur eine Frage der persönlichen Risikoabwägung sein. Wie sieht die Konkurrenzsituation aus, wie wahrscheinlich sind rechtliche Schritte von Mitbewerbern? Wenn wie hier die eigentlich betroffenen Händler keine Handhabe haben und quasi vor der Wahl stehen, entweder ihren Handel auf dieser Plattform einzustellen oder sich aber dem Risiko rechtlicher Konsequenzen auszusetzen, ist dies ein Zustand, den weder der Plattformbetreiber noch der Onlinehandel gutheißen können.

Beschluss des BGH vom 28.11.2019; AZ – I ZR 43/19 –

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Beseitigung von Schimmelbefall berechtigt zur Mietminderung oder gar Kündigung

Das Thema Schimmelbefall ist ein wirkliches Dauerthema. Leider ist es auch oft mit viel Leid verbunden. Alleine die ewige Frage, wer denn nun die Schuld am Schimmelbefall trägt und damit auch die finanzielle Belastung einer umfangreichen Renovierung, hat schon etliche Gerichte beschäftigt. Doch was ist, wenn die Mieter keine Schuld trifft und es zu massiven Sanierungen kommt? Wird dadurch nicht ebenso massiv das Leben der Bewohner beeinträchtigt? weiter lesen

Irreführende Kundenbewertungen: Keine Haftung für Amazon-Händler

Verkäufer, die ihre Produkte über Handelsplattformen wie Amazon vertreiben, brauchen sich Kundenrezensionen sowie eventuell darin enthaltene irreführende Angaben nicht zurechnen lassen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Revisionsverfahren im Februar 2020 entschieden.

Anfang 2017 hatte der beklagte Händler bei Amazon Kinesiologie-Tapes angeboten. Dabei hat er selbst keine werblichen Angaben verwendet – ihm war das zuvor durch eine abgegebene Unterlassungserklärung verboten worden. Allerdings hatte Amazon dem Angebot automatisch Kundenrezensionen zugewiesen, die Aussagen wie „This product is perfect for pain …“ und „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg …“ enthielten.

Der schon zuvor tätig gewordene Wettbewerbsverein Verband Sozialer Wettbewerb e.V. (VSW) klagte gegen den Händler, der darin eine Verletzung der Unterlassungserklärung erkannte. Amazon weist solche Käuferbewertungen allerdings ohne nähere Prüfung einem entsprechenden ASIN-Produkt zu – und nicht spezifisch dem Angebot eines bestimmten Händlers. Das hat zur Folge, dass zu einem Artikel alle, sowohl positive als auch negative Kundenbewertungen angezeigt werden, die zu diesem – unter Umständen von mehreren Verkäufern angebotenen – Produkt abgegeben wurden.

Der VSW forderte vom beklagten Händler die Zahlung einer Vertragsstrafe sowie Unterlassung der in den Kundenbewertungen enthaltenen irreführenden Angaben. Der Händler habe sich die Kundenrezensionen zu Eigen gemacht und hätte auf ihre Löschung hinwirken müssen. Falls dies nicht möglich sei, hätte er die Produkte bei Amazon nicht weiter anbieten dürfen.

Irreführende Kundenbewertungen auf Handelsplattformen werden nicht in jedem Fall dem Onlinehändler zugeordnet.Das LG Essen hatte in der ersten Instanz die Klage abgewiesen, da ein Unterlassungsanspruch des VSW nicht bestehe. Zwar dürfe in der Publikumswerbung für Medizinprodukte nicht mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben geworben werden – Händler müssten sich jedoch die von Amazon ohne Mitwirkung dem Produkt zugewiesenen Kundenbewertungen nicht zurechnen lassen.

Auch das OLG Hamm wies das Ansinnen zurück. Zwar seien die in den Kundenrezensionen enthaltenen gesundheitsbezogenen Angaben irreführend. Sie stellten aber keine Werbung dar. Zumindest wäre eine solche Werbung dem beklagten Händler nicht zuzurechnen, so die Richter. Auch habe der Händler seine unternehmerischen Sorgfaltspflichten nicht verletzt, da dieser keinerlei habe Einfluss nehmen könne. Insbesondere habe sich Amazon auf Anfrage des Händlers geweigert, die betreffenden Kundenrezensionen zu löschen.

Der in letzter Instanz angerufene Bundesgerichtshof musste letztlich klären, wie weit die Haftung eines Verkäufers für ersichtlich von Dritten stammende Kundenbewertungen reicht. Dabei hat er sich in vollem Umfang der Auffassung der Vorinstanzen angeschlossen. Der beklagte Händler habe mit den Kundenbewertungen weder selbst aktiv geworben, noch diese veranlasst. Die Kundenbewertungen seien vielmehr als solche gekennzeichnet und fänden sich bei Amazon getrennt vom Angebot des Händlers. Sie würden von den Verbrauchern auch nicht der Sphäre des Händlers zugerechnet, so die Richter.

Interessanter Aspekt ist dabei, dass der BGH mit überraschender Deutlichkeit auch eine Pflicht des Verkäufers verneint, eine Irreführung durch die Kundenbewertungen verhindern zu müssen. Diese seien auf Online-Marktplätzen vielmehr ausdrücklich erwünscht und genössen sogar verfassungsrechtlichen Schutz.

Das Interesse von Verbrauchern, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen zu informieren, werde durch das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit geschützt.

Klagende Vereine oder abmahnende Mitbewerber müssen sich darum mit Unterlassungsaufforderungen in Zukunft in aller Konsequenz direkt an Plattformbetreiber wie Amazon wenden.

Bundesgerichtshof; Urteil vom 20.2.2020; AZ – I ZR 193/18 –

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EuGH-Urteil: Kommt eine Widerrufswelle bei KFZ- und Immobilienkrediten?

Wird ein privater Kreditnehmer beim Abschluss etwa von Immobilienkrediten nicht ordentlich über sein Widerrufsrecht informiert, so kann dieser noch Jahre nach Abschluss einer Finanzierung einen Widerruf aussprechen. Doch zuletzt war dies immer schwieriger geworden. Die deutschen Gerichte, allen voran der Bundesgerichtshof (BGH), hatten zunehmend bankenfreundlich geurteilt.

Das Urteil des EuGH vom März 2020 verschiebt die Lage jedoch wieder Richtung Verbraucherschutz. Kreditverträge müssten in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben, erklärte dazu der EuGH. Für den Kreditnehmer müsse klar und deutlich sein, wie sich die Widerrufsfrist berechnet und wann sie konkret beginnt. Andernfalls würde die Wirksamkeit des Widerrufsrechts ernsthaft geschwächt.

Der EuGH hat dabei besonders auf den sogenannten „Kaskadenverweis“ geschaut. Der ist als Teil der Widerrufsbelehrung in den meisten ab Juni 2010 abgeschlossenen KFZ- und Immobilienkrediten zu finden. Dieser lautet üblicherweise: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“ Ein Text, der Verbraucherschützern schon lange ein Dorn im Auge war,  mache es dieser doch dem Kunden besonders schwer, festzustellen, wann die Widerrufsfrist des Darlehens denn nun eigentlich genau beginnt.

Widerruf bei KFZ- und Immobilienkrediten durch EuGH-Urteil eventuell einfacher

Diese Frist startet laut Gesetz dann, wenn der Kunden von der Bank sämtliche Pflichtangaben genannt bekommen hat, so steht es im Mustervertrag. Doch welche sind das genau? Genau das ist die zentrale Frage: Im Vertrag wurde auf eine Rechtsvorschrift verwiesen, die wiederum auf weitere Vorschriften verwies – das widerspreche der Anforderung nach klaren und prägnanten Angaben zur Berechnung der Frist, so das europäische Gericht in seiner Urteilsbegründung. Es handelt sich hier um einen „Kaskadenverweis“ – Angaben in den Kreditverträgen, die auf eine nationale Vorschrift verweisen, die ihrerseits auf andere Normen verweist.

Doch das reicht dem EuGH nicht aus, Verbraucher könnten auf dieser Vertragsgrundlage nicht ernsthaft den Umfang ihrer vertraglichen Verpflichtung bestimmen – und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die sie verfügen können, bereits schon zu laufen begonnen hat.

Eigentlich steht europäisches Recht vor nationalem Recht. Dementsprechend hätte das verbraucherfreundliche EuGH-Urteil also Vorrang. Doch die deutschen Kreditinstitute können sich demgegenüber bei ihren Widerrufsbelehrungen auf den Musterschutz verlassen. Der besagt: Solange sie den gesetzlichen Mustertext für ihre Widerrufsbelehrung verwenden, haben sie alles richtiggemacht und können dafür nicht belangt werden. Was wiegt also stärker – der Musterschutz für Banken oder die Aussage des EuGH, dass die Formulierung unzumutbar für Verbraucher sei?

Da viele Kreditinstitute in der Formulierung ihrer Vertragstexte vom gesetzlichen Muster abgewichen sind, entfällt für sie dieser Musterschutz. Das könnte tatsächlich zu einer Widerrufswelle durch die Verbraucher führen – die Chance ist da. Doch ohne eine kleinteilige Prüfung der Details dürfte eine solche Vertragsauflösung  nicht ganz problemlos werden.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. März 2020, AZ – C-66/19 –

Foto: Antonioguillem

 

Corona / COVID-19: Soforthilfen / Zuschüsse der Länder und des Bundes für Selbstständige, kleine Unternehmen und Künstler

Stand 5. April 2020 ca. 13.00 Uhr

Auch unsere Mandanten sind von der Corona / COVID-19-Krise betroffen. Nur wenige können weitermachen wie bisher. Bevor es zum Schlimmsten kommt, sollte man unbedingt schauen, was es für Hilfen seitens der Länder und des Bundes gibt. Auch gibt es in einigen Städten Soforthilfe-Programme, die speziell sehr kleine Unternehmen, Solo-Selbstständige und Freiberufler helfen sollen.

Wir haben Sie für die einzelnen Bundesländer die Informations-Seiten und Links für Anträge der genannten Hilfen zusammengetragen. Bitte achten Sie besonders auf die jeweiligen Informationen und Voraussetzungen, die erfüllt sein müsse, um die Zuschüsse und Förderungen erhalten zu können. Lesen Sie diese, gründlichst.

Corona / COVID-19: Soforthilfen / Zuschüsse der Länder und des BundesIm Zweifel informieren Sie sich unbedingt zusätzlich an anderer Stelle, an vielen Stellen haben die Länder auch Hotlines eingerichtet. Die Anträge können nach aktuellem Stand überwiegend (nur) bis zum 31. Mai 2020 gestellt werden, da die Förderungen den dringenden Bedarf für die Zeit von März bis Mai 2020 abdecken sollen.

 

Baden-Württemberg – die Informationsseite findet sich unter dem ersten Link, dort ist auch das Antragsformular abrufbar. Enthalten ist der Bundeszuschuss. Der Antrag ist auszufüllen und dann auf der unter dem zweiten Link angegebenen IHK-Seite digital hochzuladen. Diese zweite Seite soll zur Vermeidung von Überlastungen erst geöffnet werden, wenn der Antrag zum Hochladen fertiggestellt ist. BW hat eingeschränkte Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfen.

https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste-foerderprogramme/soforthilfe-corona/

https://bw-soforthilfe.de/Soforthilfe/einreichen

 

Berlin überarbeitet erneut die Antragsseite. Unter dem ersten Link stehen Informationen zur Verfügung. Es wird an der Umsetzung des Bundesprogrammes gearbeitet, das ab 6. April online sein soll. Man kann sich unter dem zweiten Link bereits in die Warteschlange einreihen und erhält dann einen Zeit-Slot, innerhalb dessen der Antrag eingereicht sein muss. Wer bereits Landesförderung beantragt hat, kann dort nachträglich noch Bundeszuschüsse beantragen.

https://www.ibb.de/de/wirtschaftsfoerderung/themen/coronahilfe/corona-liquiditaets-engpaesse.html

https://ibb.queue-it.net/?c=ibb&e=03&cid=de-DE

 

Bremen und Bremerhaven haben am 2. April Informationen (erster Link) und das Antragsverfahren (zweiter Link) für die Bundeshilfen für Unternehmen bis zu zehn Mitarbeiter über die BAB online gestellt. Für Unternehmen mit 11 bis 49 Mitarbeitenden kann Landesförderung beantragt werden (dritter Link).

Der vierte Link enthält Informationen für Unternehmen aus Bremerhaven, die den Bundeszuschuss über den Antrag aus dem fünften Link beantragen können. Für die Landesförderung gilt der für Bremen bereits angegebene Link auch für Bremerhaven.

https://www.bab-bremen.de/bab/bundesprogramm-soforthilfe-corona-bremen.html

https://bab.contingent.de/

https://www.bab-bremen.de/bab/landesprogramm-soforthilfe-corona-bremen.html

https://www.bis-bremerhaven.de/corona-soforthilfe-erweitert.99081.html

https://bis.contingent.de/foyer/index.html

 

Bayern bietet Leistungen des Landes (Informationen erster Link) an und verhandelt über weitere regionale Förderungen. Hier sind bislang die Voraussetzungen für die Landeszuschüsse enger, da unter Umständen auch freies Privatvermögen einzusetzen ist, bevor Förderung in Betracht kommt. Auch hier sind daher die Informationen gründlich durchzuarbeiten. Unter dem zweiten Link ist der aktuelle Antrag zu finden, der seit dem 1. April nur noch online gestellt werden kann und Bundes- und Landeshilfen zusammenfasst. Der kombinierte Antrag ist seit dem Wochenende online.

https://www.stmwi.bayern.de/soforthilfe-corona/

https://www.soforthilfe-corona.bayern/

 

Brandenburg – dort sind in den Bundesmitteln die Landesmittel inkludiert. Am 2. April ging auch dort die neue Seite (erster Link) online. Der Antrag findet sich unter dem zweiten Link. Allerdings sollten die einzelnen Informationen in dem Aufklappmenü der Informationsseite auch hier gründlichst gelesen werden. Es gibt dort eine Ausfüllhilfe und einen Beispielantrag.

https://www.ilb.de/de/wirtschaft/zuschuesse/soforthilfe-corona-brandenburg/

https://www.ilb.de/media/dokumente/dokumente-fuer-programme/dokumente-mit-programmzuordnung/wirtschaft/zuschuesse/soforthilfe-corona-brandenburg/antrag-soforthilfe-corona-brandenburg.pdf

 

Hessen – dort lässt nicht gut erkennen, ob nur die Landeshilfen oder auch das Bundesförderprogramm abgewickelt werden. Auf der Seite des Bundes für die Zuschüsse wird jedoch auf das einheitliche Verfahren verwiesen. Die seit dem 02. April überarbeitete Seite findet sich unter dem ersten Link, eine weitere Informationsseite unter dem zweiten Link . Gleich oben unter dem Schaubild ist ein PDF (Version vom 03.04.) verlinkt, in dem Informationen zu finden sind, die zum Ausfüllen des Antrages benötigt und vorbereitet werden sollten. Ganz am Ende des mehrseitigen PDF findet sich der Link zum Antragsformular.

https://rp-kassel.hessen.de/corona-soforthilfe

https://wirtschaft.hessen.de/wirtschaft/corona-info/soforthilfe/soforthilfe-fuer-selbststaendige-freiberufler-und-kleine-betriebe

 

Hamburg wickelt die Förderung über die HBC-Bank ab, Informationen sind unter dem ersten Link zu finden. Der Antrag ist unter dem zweiten Link zu finden, er koppelt Landes- und Bundesförderung und wird nach einem Login online gestellt.

https://www.ifbhh.de/foerderprogramm/hcs

http://www.ifbhh-hcs.de/

 

Mecklenburg-Vorpommern versteckt seine Regelungen gut. Das Antragsformular ist seit 1. April neu und es gilt ausschließlich diese Version. Auch hier sollten sich Antragsteller FAQ und das Merkblatt gut anschauen.

https://www.lfi-mv.de/foerderungen/corona-soforthilfe

 

Niedersachsen hält Informationen unter dem ersten Link bereit. Dort wird auch erklärt, wie vorzugehen ist, wenn schon Landesmittel beantragt und gezahlt, noch nicht gezahlt oder noch nicht beantragt wurden. Die Bundeshilfen laufen seit 1. April ebenfalls über die NBank (zweiter Link) als einheitliche Leistung. Dort finden sich auch Informationen und Hinweise zu dem Antrag, weshalb das Antragsformular hier nicht direkt verlinkt ist. Das Formular wurde wegen der Verbindung mit den Bundeshilfen geändert und ist auf der zweiten Seite im unteren Drittel anzuklicken.

https://www.nbank.de/Blickpunkt/Covid-19-–-Beratung-für-unsere-Kunden.jsp

http://www.soforthilfe.nbank.de/

 

Nordrhein-Westfalen – hier bietet der erste Link Hinweise zu den neu beschlossenen Hilfen, die teilweise zusätzlich zu den Bundeshilfen fließen. Unter dem zweiten Link findet sich die Förderseite des Landes, auf der unterhalb des oberen Bildes das Antragsformular abgerufen werden kann (dritter Link). Der Antrag soll am 6. April ab 14.00 Uhr nach Umstellungen wieder online sein. Es können sich dabei natürlich dann Änderungen noch ergeben.

https://www.aachen.ihk.de/starthilfe/finanzierung-und-foerderung/corona-krise-soforthilfe-2020-4744804

https://www.wirtschaft.nrw/coronavirus-informationen-ansprechpartner

https://soforthilfe-corona.nrw.de/

 

Rheinland-Pfalz informiert über den ersten Link, der zweite enthält das Antragsformular, das bisher per PDF ausgefüllt, ausgedruckt und als E-Mail versandt werden kann. Gekoppelt sind die Bundeszuschüsse, hierfür gibt es also kein gesondertes Verfahren.

https://mwvlw.rlp.de/de/themen/corona/

https://mwvlw.rlp.de/fileadmin/mwkel/Corona/1_-_Antrag_Corona-Soforthilfe_30032020_speicherbar.pdf

 

Saarland – Auch hier läuft seit dem 2.April das Bundesförderprogramm, das das Landesprogramm für die Soforthilfen ersetzt. Wer noch einen Antrag nach Landeszuschuss gestellt hat, findet unter dem ersten Link Infos, wie es weitergeht. Unter dem zweiten Link sind Informationen für das Bundesprogramm zu finden, unter dem dritten Link der Antrag.

https://corona.saarland.de/DE/wirtschaft/soforthilfe/kleinunternehmer-soforthilfe/kleinunternehmer-soforthilfe_node.html

https://corona.saarland.de/DE/wirtschaft/soforthilfe/soforthilfe-bund/soforthilfe-bund_node.html

https://www.buergerdienste-saar.de/jfs/findform?shortname=co_soforthilfe&formtecid=3&areashortname=csh

 

Sachsen verweist wegen der Zuschüsse seit dem 2. April ausschließlich auf das Bundesprogramm – Link 1. Dort findet sich in den aufklappbaren Menüpunkten auch der Antrag, der per Mail als PDF versendet oder online gestellt werden kann. Unter dem zweiten Link befindet sich der Zugang zum Onlineportal, bei dem man sich anmelden muss. Auch hier sind die Förderhinweise vorher gründlich zu sichten.

Sachsen bietet auch Kleinst- und Kleindarlehn für Selbständige und kleine Unternehmen – es handelt sich um rückzahlbare Kredite (Link 3)

https://www.sab.sachsen.de/f%C3%B6rderprogramme/sie-ben%C3%B6tigen-hilfe-um-ihr-unternehmen-oder-infrastruktur-wieder-aufzubauen/soforthilfe-zuschuss-bund.jsp

https://portal.sab.sachsen.de/login;showLoginText=true;registrationAllowed=true;foerdergegenstand=05112-16247

https://www.sab.sachsen.de/f%C3%B6rderprogramme/sie-ben%C3%B6tigen-hilfe-um-ihr-unternehmen-oder-infrastruktur-wieder-aufzubauen/sachsen-hilft-sofort.jsp#program_form

 

Sachsen-Anhalt hat die IB für das Verfahren vorgesehen. Informationen finden sich unter den ersten beiden Links. Der aktuelle Antrag für Landesmittel datiert vom 31. März 2020, er ist unter dem dritten Link zu finden und kann nur als Dateianhang per E-Mail eingereicht werden. Die Abwicklung für den Bundeszuschuss scheint noch immer nicht online zu sein.

https://www.ib-sachsen-anhalt.de/temp-corona-soforthilfe.html

https://www.ib-sachsen-anhalt.de/temp-coronavirus-informationen-fuer-unternehmen.html

https://www.ib-sachsen-anhalt.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Wirtschaft/Corona-Soforthilfe_Antrag_AN-0-123.pdf

Sachsen-Anhalt gewährt bisher eine gesonderte Kleinförderung für Künstler, Kunstschaffende, Schriftsteller etc, wofür bislang dieses Antragsformular gilt.

https://lvwa.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/LVWA/LVwA/Dokumente/3_wirtschaft_kultur_verbrschutz_bau/303/Corona/146050.pdf

 

Schleswig-Holstein ist jetzt seit dem 3. April auch mit der Beantragung des Bundeszuschusses online, Informationen finden sich unter dem ersten und zweiten Link, das Antragsformular findet sich unter dem dritten Link

https://www.ib-sh.de/infoseite/corona-beratung-fuer-unternehmen/

https://www.ib-sh.de/produkt/corona-soforthilfe-programm/

https://www.ib-sh.de/fileadmin/user_upload/downloads/arbeitsmarkt_strukturfoerderung/corona-soforthilfe-zuschuss/antrag_soforthilfe.pdf

 

Thüringen bietet die Förderungen über die Ausgleichsbank. Die Informationsseite – erster Link – hat mehrere Tabs, in denen die Details aufbereitet sind. Der zweite Link führt auf die Seite, auf dem der Antrag gestartet werden kann. Dort gibt es auch nochmals FAQ zum Nachlesen.

https://aufbaubank.de/Foerderprogramme/Soforthilfe-Corona-2020#zielgruppe

https://soforthilfe.aufbaubank.de/

 

Foto: Alexander Limbach

Lampen und Leuchten – Wo muss man eine Energiekennzeichnung anbringen?

Händler müssen für zahlreiche elektrische, beziehungsweise elektronische Produkte mittels der offiziellen Label auf die Energieeffizienz und -klasse hinweisen. Das war bis Heiligabend 2019 für Leuchten wie Lampen der Fall. Und, ja, der Gesetzgeber unterscheidet dabei zwischen Lampen und Leuchten sehr genau.

Unter Lampen sind gemeinhin Leuchtmittel zu verstehen, also etwa die klassische Glühlampe, Leuchtstoffröhren oder eine LED-Lampe. Leuchten hingegen nehmen eine solche Lampe auf. Für Leuchten muss ab dem 25. Dezember 2019 nun nicht mehr auf ihren Energieverbrauch hingewiesen werden, auch die Darstellung des Energielabels entfällt. Dies betrifft Ausstellungsmodelle sowie jegliche Formen von Angeboten und Werbung.

Durch eine Verordnung der Europäischen Kommission vom März 2019 wurde die Rechtsgrundlage für die Energieverbrauchs-Kennzeichnung von Leuchten aufgehoben. Dadurch entfällt besagte Kennzeichnung für den Energieverbrauch von Leuchten. Dies gilt sowohl für Internet-Angebote wie auch offline – zum Beispiel bei den für Verpackungen im Handel. Diese Neuregelung trifft zudem sowohl die Lieferanten wie auch die Händler.

Für Lampen jedoch (Leuchtmittel wie Glühbirnen) nicht Leuchten besteht auch weiterhin eine Kennzeichnungspflicht.Doch – Achtung: Für Lampen (Leuchtmittel wie Glühbirnen) besteht auch weiterhin eine Kennzeichnungspflicht.

Die Europäische Kommission vertritt die Auffassung, dass mit dem Wegfall der Rechtsgrundlage für die Energieverbrauchs-Kennzeichnung auch die Rechtsgrundlage dafür wegfällt, in der Werbung das Energieetikett, die Energieeffizienzklasse und das Spektrum an der Ware darzustellen. Die Interessenvertretung der Beleuchtungsindustrie „Lightning Europe“ empfiehlt ebenfalls, dass Händler die entsprechenden Energieinformationen nicht mehr darstellen sollten. Eine Verpflichtung, Kennzeichnungen auf der Verpackung zu entfernen, besteht nach Ansicht von „Lightning Europe“ jedoch nicht.

Aus juristischer Sicht besteht damit Unsicherheit in der Frage, ob beispielsweise bei einer weiteren Darstellung des Energielabels Abmahnungen gerechtfertigt sein könnten. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass etwa nachdem aufgrund eines EuGH-Urteils die Verpflichtung zur Energiekennzeichnung bei Staubsaugern entfallen war, keine Fälle bekannt wurden, in denen eine dennoch vorhandene Kennzeichnung in den Angeboten abgemahnt worden wäre.

Auch wenn die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher eher gering ausfallen dürfte, sollte die Kennzeichnung aus dem Online-Shop sicherheitshalber entfernt werden und im Jahr 2020 nicht mehr auftauchen.

Foto: peshkova

Dürfen apothekenpflichtige aber rezeptfreie Medikamente online verkauft werden?

2018 hat das Landgericht Dessau-Roßlau hat einem Versandapotheker aus Sachsen-Anhalt untersagt, apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon zu verkaufen. Dies gelte solange nicht sichergestellt ist, dass der Kunde spezifisch eingewilligt hat, dass seine Gesundheitsdaten gespeichert werden. Kurz es geht hier um Datenschutzthema und weniger um den reinen Online-Verkauf der Medikamente.

Das Landgericht Magdeburg entschied hingegen ein Jahr später den Verkauf von rezeptfreien apothekenpflichtigen Medikamenten bei Amazon als zulässig anzusehen. Und wenige Monate später (und damit die aktuellste Entscheidung zum Thema) entschied das OLG Naumburg sich der Ansicht des LG Dessau-Roßlau anzuschließen. Das Urteil des Landgerichtes Magdeburg wurde damit aufgehoben.

Medikamente online kaufen – ist das erlaubt?Anders als andere Gerichte hat das OLG die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) als Marktverhaltensregelung angesehen. Was rechtlich zur Folge hat, dass Verstöße gegen die DSGVO wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können. Ein Meilenstein beim Thema Datenschutz – wo bisher eher davon ausgegangen wurde, dass ausschließlich die Datenschutzbeauftragten der Länder zuständig sind.

Das Gericht argumentierte, dass  die DSGVO die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten regele, wozu auch Gesundheitsdaten gehören. Obwohl die Daten, die Amazon für den Bestellvorgang erfasst, keine Gesundheitsdaten im engeren Sinne darstellen, so können aus den Bestelldaten Rückschlüsse auf die Gesundheit der Besteller gezogen werden. Dies gelte speziell für apothekenpflichtige Medikamente, besonders bei der Kombination aus mehreren Medikamenten. Damit sei durchaus einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand der Besteller möglich.

Für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten sei darüber hinaus eine wirksame Einwilligung des Kunden beim Bestellvorgang notwendig. Eine stillschweigende Einwilligung sei bei Amazon nicht erfüllt. Zudem dürften laut Berufungsordnung der zuständigen Apothekenkammer Sachsen-Anhalt patientenbezogene Daten nur gespeichert und genutzt werden, wenn eine vorherige schriftliche Einwilligung vorliegt.

Die Datenschutzbehörden der Länder sind an das Urteil des OLG Naumburg nicht gebunden. Es besteht jedoch für Versand-Händler das Risiko, dass die Behörden verschärft gegen Versandapotheken vorgehen werden.

Das OLG Naumburg hat im übrigen die Revision zugelassen – daher wird möglicherweise der Bundesgerichtshof am Ende über die Frage entscheiden.

Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 7.11.2019; AZ – 6 U 6/19 –

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