Rechtsschutz im Sozialrecht: Untätigkeitsklage als Mittel zur Beschleunigung

In der Praxis des Sozialrechts stellt die Untätigkeitsklage ein wesentliches Instrument dar, um auf ausbleibende Entscheidungen der Sozialleistungsträger zu reagieren. Diese besondere Klageform ist anwendbar auf ein breites Spektrum an Streitigkeiten, die in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallen. Hierzu zählen Konflikte mit gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege-, Arbeitslosenversicherungen, Berufsgenossenschaften, Versorgungsämtern, Jobcentern sowie Grundsicherungsämtern.

Die gesetzlich festgelegten Fristen zur Bearbeitung von Anträgen und Widersprüchen dienen in allen Fällen dazu, den Betroffenen eine zügige Bearbeitung ihrer Anliegen zu garantieren. Die Bearbeitungsfristen sind mit sechs Monaten für Anträge und drei Monaten für Widersprüche klar definiert, um so sicherzustellen, dass Anträge und Widersprüche auch wirklich zeitnah bearbeitet werden. Das ist besonders im Sozialrecht von Bedeutung, wo Verzögerungen die Lebenssituation der Antragstellenden erheblich beeinträchtigen können. So kann etwa die späte Anerkennung eines Schwerbehindertengrades dazu führen, dass Betroffene wichtige Vergünstigungen nicht nutzen können.

Eine Sachstandsanfrage bei dem Sozialleistungsträger ist nicht notwendig, bevor eine Untätigkeitsklage eingereicht wird. In bestimmten Fällen können Bearbeitungszeiten verlängert werden, etwa wenn die Behörde umfangreiche Ermittlungen durchführen muss. Allerdings sind Gründe wie Personalengpässe oder organisatorische Schwierigkeiten keine akzeptablen Rechtfertigungen für eine Überschreitung der Bearbeitungsfristen. Die Verwaltung ist angehalten, ihre Prozesse so zu gestalten, dass Entscheidungen innerhalb der gesetzlichen Fristen getroffen werden können. Verschiedene Gerichtsentscheidungen untermauern die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes und stellen klar, dass Verzögerungen durch die Behörden nicht akzeptabel sind.

Eine Sachstandsanfrage bei dem Sozialleistungsträger ist nicht notwendig, bevor eine Untätigkeitsklage eingereicht wird. Das Hessische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom Juni 2022 ebenfalls bestätigt, dass es vor der Erhebung der Klage wegen Untätigkeit keine Erkundungspflicht gibt. Die gesetzlichen Fristen sind eindeutig, und die Behörden tragen die Verantwortung, innerhalb dieser Zeiträume zu entscheiden. Sollten dennoch Verzögerungen auftreten, ermöglicht die Untätigkeitsklage den Betroffenen, eine Entscheidung zu erzwingen. In diesem Zusammenhang werden auch die Kosten für einen Rechtsanwalt vom Sozialleistungsträger übernommen, sofern die Klage berechtigt ist.

Die Untätigkeitsklage bietet somit einen wichtigen rechtlichen Hebel, um die Rechte der Betroffenen durchzusetzen und auf ausbleibende Entscheidungen effektiv zu reagieren. Sie unterstreicht die Bedeutung des Zugangs zu schnellem und effektivem Rechtsschutz im Sozialrecht und bietet Betroffenen eine Möglichkeit, ihre Ansprüche geltend zu machen und notwendige Leistungen zeitnah zu erhalten.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 9.6.20022; AZ – L 4 SO 17/22 B –

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Tierhaltung in Mietwohnungen: Konkrete Entscheidungsgründe für Verbot nötig

In einem Urteil des Landgerichts Berlin vom Dezember 2022 wurde ein Fall behandelt, der für viele Mieter und Vermieter von Interesse sein dürfte: Es ging um die Frage, ob Mieter für die Haltung eines Hundes in ihrer Wohnung die Zustimmung des Vermieters benötigen. In diesem speziellen Fall hatten die Mieter, trotz der Verweigerung durch ihre Vermieterin, einen Hund in ihrer Wohnung gehalten und daraufhin rechtliche Schritte eingeleitet, um feststellen zu lassen, dass sie für die Tierhaltung keine Zustimmung benötigen.

Das Richter kamen zu dem Schluss, dass die Klausel im Mietvertrag, die eine Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung vorsah, die Mieter unangemessen benachteiligte und daher unwirksam war. Die Entscheidung beruhte auf der Erkenntnis, dass eine solche Klausel den Mietern kein nachvollziehbares Kriterium für die Zustimmung zur Tierhaltung bietet und somit in das freie Ermessen des Vermieters gestellt wird. Dies steht im Widerspruch zu den Grundsätzen von Treu und Glauben, die eine faire und nachprüfbare Entscheidungsfindung erfordern. Die Entscheidung über die Tierhaltungmuss auf einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten beruhen.

Das Gericht betonte weiterhin, dass die Entscheidung über die Tierhaltung auf einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten beruhen muss. Hierbei sind sowohl die Bedürfnisse und die Lebensumstände der Mieter als auch potenzielle Störungen und Beeinträchtigungen für die Nachbarn und den Vermieter zu berücksichtigen. In dem verhandelten Fall wurden die individuellen Umstände der Mieter, wie die Möglichkeit zur Betreuung des Hundes und ihre Erfahrungen mit der Tierhaltung, als ausreichend angesehen, um die Haltung des Hundes zu rechtfertigen.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Pauschalverbote zur Tierhaltung in Mietverträgen nicht haltbar sind und dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss. Mieter und Vermieter sind gleichermaßen angehalten, im Dialog eine einvernehmliche Lösung zu finden, die den Interessen beider Seiten gerecht wird. Dabei ist es wichtig, dass Vermieter bei der Formulierung von Vertragsklauseln zur Tierhaltung klare und nachprüfbare Kriterien anlegen, die eine gerechte Entscheidungsfindung ermöglichen.

Für Mieter und Vermieter ergibt damit die Notwendigkeit, sich eingehend mit den Bedingungen und der praktischen Umsetzung von Tierhaltung in Mietwohnungen auseinanderzusetzen. Sie sollten sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein, um Konflikte zu vermeiden und eine für beide Seiten angemessene Lösung zu finden.

Urteil des Landgericht Berlin vom 7.12.2022; AZ – 64 S 151/22 –

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Umfassendes Radfahrverbot bei Alkoholmissbrauch möglich: Rechtsgrundlagen und Konsequenzen

In Deutschland regelt bekanntlich die Straßenverkehrsordnung (StVO) das Verhalten aller Verkehrsteilnehmer, einschließlich der Radfahrer. Obwohl für das Fahrradfahren keine spezifische Fahrerlaubnis erforderlich ist, können Radfahrer unter bestimmten Umständen mit einem Fahrverbot belegt werden. Ein Radfahrverbot tritt vor allem dann in Kraft, wenn durch das Verhalten des Radfahrers die Verkehrssicherheit gefährdet wird.

Ein solches Verbot wird meist bei gravierenden Verstößen gegen die StVO ausgesprochen. Zu diesen Verstößen gehören unter anderem Trunkenheitsfahrten, das Missachten von Ampelsignalen oder das Befahren der falschen Fahrbahnseite. Ebenso kann die Benutzung eines technisch nicht verkehrssicheren Fahrrads ein Fahrverbot nach sich ziehen.

Die Folgen eines Fahrverbots sind erheblich. Es bedeutet, dass die betroffene Person temporär nicht am Straßenverkehr teilnehmen darf. Wer ein Radfahrverbot ignoriert, riskiert Bußgelder bis zu 1.000 Euro und weitere rechtliche Konsequenzen.

Radfahrverbot bei Alkoholmissbrauch möglich: RechtsgrundlagenEin Urteil aus Niedersachsen vom August 2023 illustriert die Ernsthaftigkeit solcher Bestimmungen. Ein Radfahrer wurde mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,95 Promille aufgegriffen. Ein daraufhin erstelltes medizinisch-psychologisches Gutachten bestätigte eine hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederholung ähnlicher Vorfälle. Daraufhin verhängten die Behörden ein sofortiges Fahrverbot. Die rechtliche Grundlage für dieses Verbot findet sich in § 3 FeV (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr).

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte die Rechtmäßigkeit des Verbots und betrachtete es als angemessene Maßnahme. Die Richter stellten fest, dass Radfahrer mit einer Blutalkoholkonzentration über 1,6 Promille als nicht fahrtüchtig gelten. Das Gericht unterstrich, dass das Verbot eine geringe Eingriffsintensität aufweist, da die betroffene Person generell weniger auf das Fahrrad als auf ein Kraftfahrzeug angewiesen ist.

Das Urteil zeigt ganz deutlich, dass auch Radfahrer bei nicht konformer Verkehrsteilnahme mit ernsthaften rechtlichen Folgen rechnen müssen. Es verdeutlicht zudem, dass die Verantwortung für die Verkehrssicherheit nicht nur bei Autofahrern, sondern auch bei Fahrradfahrern liegt. Um Punkte in Flensburg oder mit dem Fahrrad ein Fahrverbot zu erhalten, muss kein Führerschein vorliegen. Selbst Radfahrer ohne eine Fahrerlaubnis können ein Fahrverbot erhalten.

Das Radfahrverbot ist eine wichtige Maßnahme zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit, das allzu oft eher leichtfertig als „sicher“ bei Alkoholgenuss interpretiert wird. Das Urteil betont jedoch erkennbar, dass das Verkehrsrecht eben alle Verkehrsteilnehmer umfasst und auch vermeintlich „schwache“ durchaus nicht von Strafen, Bußgeldern und Fahrverboten ausgenommen sind.

Urteil des Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 23.8.2023; AZ– 12 ME 93/23 –

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Die Komplexität unklarer Testamentsformulierungen

Ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom September 2023 wirft ein Licht auf die Risiken, die entstehen, wenn in Testamenten Begriffe unpräzise verwendet werden. Im Zentrum stand ein Testament aus dem Jahr 2011, in dem eine Frau ordnungsgemäß handschriftlich verfügte, dass die Person, die sie bis zu ihrem Lebensende pflegt und betreut, als Erbin bestimmt wird. Scheinbar klare Testamentsformulierungen. Hierbei wurde auch sogar eine Person konkret benannt, die zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung diese Aufgabe erfüllte. Nach dem Ableben der Erblasserin im Jahr 2021 entstanden jedoch Unsicherheiten darüber, ob die im Testament genannte Person denn nun tatsächlich als Erbin gelten kann.

Das Amtsgericht München bestätigte anfänglich die Erbeinsetzung der benannten Person. Das Oberlandesgericht München sah sich allerdings mit der Frage konfrontiert, ob die bloße Nennung einer Person in einem Testament wirklich eine klare und rechtsgültige Erbeinsetzung darstellt.

Nach dem Ableben der Erblasserin im Jahr 2021 entstanden jedoch Unsicherheiten darüber, ob die im Testament genannte Person denn nun tatsächlich als Erbin gelten kann. In seiner Urteilsfindung kamen die Richter zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Die Münchner Richter erklärten, dass die Erwähnung der Person im Testament lediglich als Beispiel diente und keine konkreten und in jedem Fall zutreffenden Kriterien für die Erfüllung der Erbschaft festlegte.

Der entscheidende Punkt in diesem Fall war die Unbestimmtheit der Anforderungen, die die Erblasserin an die Pflege und Betreuung knüpfte. Es blieb in den Testamentsformulierungen offen, ob die Pflege ab dem Zeitpunkt der Testamentserrichtung erforderlich war, ob sie durchgehend stattfinden musste, – und ob eventuell auch mehrere Pflegepersonen als (Mit-)Erben infrage kämen. Zudem war nicht eindeutig, was genau die Erblasserin unter „pflegen und betreuen“ verstand. Auch hier sei eine klare und unmissverständliche Formulierung nötig die alle Unsicherheiten ausschließt.

Dieser Fall hebt erneut die Notwendigkeit hervor, nicht nur in Testamenten klar und absolut eindeutig zu formulieren. Er zeigt, dass Ungenauigkeiten nicht nur zu rechtlichen Streitigkeiten führen, sondern auch die Intentionen des Erblassers verzerren oder gar unbeachtet lassen können.

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 25.9.2023; AZ – 33 Wx 38/23 e –

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BGH: Verwahrkosten für von privat abgeschleppte Fahrzeuge sind zeitlich limitiert

In einem Urteil vom November 2023 hat der Bundesgerichtshof wichtige Grundsätze zur Ersatzfähigkeit der Kosten für die Verwahrung eines privat abgeschleppten Fahrzeugs geklärt. Im Kern ging es um die Frage, inwieweit die Verwahrkosten, die nach dem Abschleppen eines unbefugt auf Privatgrund abgestellten Fahrzeugs entstehen, vom Fahrzeughalter erstattet werden müssen.

Der Grundstücksbesitzer nimmt mit dem Abschleppen ein Selbsthilferecht wahr, das einfach handhabbar sein muss und nicht mit Haftungsrisiken behaftet sein darf. Deshalb ist er nicht gehalten, einen Parkplatz im öffentlichen Parkraum ausfindig zu machen, sondern er darf das Fahrzeug in sichere Verwahrung geben.

Im konkreten Fall hatte der Kläger sein Fahrzeug an seine Schwester verliehen, die es unbefugt auf einem privat verwalteten Grundstück parkte. Daraufhin ließ die Verwaltung das Fahrzeug abschleppen. Die Besonderheit: Nachdem der Kläger sein Fahrzeug zurückforderte, reagierte das Abschleppunternehmen nicht, und es entstanden weiterhin Verwahrkosten.

Verwahrkosten für von privat abgeschleppte Fahrzeuge geregelt durch BGH-UrteilDie juristische Auseinandersetzung konzentrierte sich denn auch darauf, ob und in welchem Umfang der Fahrzeughalter für die Verwahrkosten aufkommen muss. Das Landgericht entschied zunächst zu Gunsten des Abschleppunternehmens, während das Oberlandesgericht die Erstattungspflicht auf die Kosten der ersten fünf Tage der Verwahrung beschränkte.

Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Sichtweise und stellte klar, dass die Verwahrkosten Teil der Abschleppmaßnahme sind und somit grundsätzlich erstattungsfähig. Jedoch ist diese Erstattungspflicht zeitlich begrenzt und endet mit dem Herausgabeverlangen des Halters. Dies bedeutet, dass nach einem solchen Verlangen anfallende Verwahrkosten nicht mehr im Rahmen der Abschleppmaßnahme gesehen werden können. Vielmehr sind sie dann als Kosten anzusehen, die durch die Nicht-Herausgabe des Fahrzeugs entstehen.

Interessant ist hierbei die Betonung der Informationspflicht. Der Grundstückseigentümer muss den Halter des abgeschleppten Fahrzeugs unverzüglich über den Vorgang informieren. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu einer Minderung des Erstattungsanspruchs führen, insbesondere wenn dadurch die Herausgabe des Fahrzeugs verzögert wird.

Der Bundesgerichtshof verdeutlicht mit seinem Urteil, dass das Abschleppen von Fahrzeugen von Privatgrundstücken zwar ein legitimes Mittel zur Wahrung des Hausrechts ist, aber gleichzeitig klare Grenzen für die Erstattung von Kosten setzt. Diese Entscheidung bietet somit eine wichtige Orientierungshilfe für Fahrzeughalter, Grundstückseigentümer wie auch für Abschleppunternehmen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.11.2023; AZ – V ZR 192/22

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Geschäftliche Auswirkungen von Beleidigungen in Social-Media

In der rechtlichen Praxis zeigt sich immer deutlicher, dass Aktivitäten in Social-Media nicht ohne Konsequenzen für bestehende Vertragsverhältnisse bleiben. Ein besonders illustratives Beispiel hierfür liefert ein jüngster Fall, in dem das Landgericht Frankenthal im die fristlose Kündigung eines Pachtvertrags einer Gaststätte bestätigte. Dieser Fall beleuchtet die rechtlichen Grenzen der Meinungsäußerung in digitalen Medien und deren Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen.

Im Zentrum des Falles stand ein Gastwirt, der eine Gaststätte von einem Verein gepachtet hatte. Im Laufe der Zeit entwickelten sich Spannungen zwischen dem Pächter und den Vereinsmitgliedern, die sich in einer Reihe von Unstimmigkeiten und Missverständnissen manifestierten. Besonders brisant wurde die Situation, als der Gastwirt begann, in sozialen Netzwerken gegenüber einem Vorstandsmitglied des Vereins beleidigende Äußerungen zu tätigen. Diese Posts, die unter anderem Wünsche nach einem schlechten Weihnachtsfest und Krankheit im neuen Jahr sowie beleidigende Emojis enthielten, führten schließlich zur fristlosen Kündigung des Pachtvertrages durch den Verein.

Aktivitäten in Social-Media nicht ohne Konsequenzen für bestehende Vertragsverhältnisse!Das Landgericht Frankenthal bestätigte diese Kündigung und unterstrich damit die Bedeutung eines respektvollen Umgangs in Social-Media, insbesondere in Bezug auf geschäftliche Beziehungen. Das Gericht erachtete die beleidigenden Posts als ausreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung. Hierbei spielte es keine Rolle, dass zwischen den Parteien bereits vorher Konflikte bestanden hatten. Entscheidend war die Art und Weise der Äußerungen des Gastwirts, die als persönliche Herabsetzung und Beleidigung eines Vorstandsmitglieds gewertet wurden.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass unsachgemäße und beleidigende Äußerungen in sozialen Netzwerken ernsthafte rechtliche Folgen nach sich ziehen können. In diesem Kontext ist es für Geschäftsinhaber und Pächter wesentlich, sich der Tragweite ihrer Online-Kommunikation bewusst zu sein. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erfordern ein hohes Maß an Professionalität und Respekt im Umgang mit Geschäftspartnern, auch und gerade in Social-Media.

Deutlich wird, dass dieser Fall nicht nur wie hier für Betroffene im Gastgewerbe, sondern für alle Geschäftspersonen beachtenswert ist. Er betont die Notwendigkeit, sich stets der potenziellen rechtlichen Konsequenzen von Handlungen in Social-Media bewusst zu sein – und unterstreicht die Bedeutung von professionellem Verhalten in allen Aspekten geschäftlicher Interaktionen.

LG Frankenthal, Urteil v. 26.9.2023; AZ – 6 O 75/23 –

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Entzug der Fahrerlaubnis: Neue Maßstäbe bei der Bewertung von Schäden nach Unfallflucht

Unfallflucht, ein Verhalten, das oftmals schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich zieht, wird in der Rechtspraxis kontinuierlich diskutiert und neu bewertet. Insbesondere die Frage, wann ein Schaden als „bedeutend“ einzustufen ist und somit den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigt, steht im Mittelpunkt gerichtlicher Entscheidungen.

Ein kürzlich verhandelter Fall in Hamburg veranschaulicht die Komplexität dieser Thematik. Hierbei verursachte eine PKW-Fahrerin auf einem Parkplatz einen Schaden an einem anderen Fahrzeug und verließ den Unfallort, obwohl sie den Vorfall bemerkt hatte. Die Reparaturkosten wurden auf etwa 1.600 Euro geschätzt. Das Amtsgericht Hamburg entzog der Fahrerin vorläufig die Fahrerlaubnis, woraufhin sie Beschwerde einlegte.

Bewertung von Schäden nach Unfallflucht.In seiner Entscheidung vom August 2023 hob das Landgericht Hamburg die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auf, da es den Schaden nicht als „bedeutend“ im Sinne der rechtlichen Vorschriften ansah. Hierbei ist zu beachten, dass die Definition eines „bedeutenden Schadens“ bei Unfallflucht variabel und von der aktuellen Rechtsprechung abhängig ist. Während früher Schäden ab etwa 1.300 Euro oder 1.500 Euro als bedeutend angesehen wurden, hat sich die Wertgrenze durch die fortschreitende Entwicklung der Reparaturkosten und die Einkommensentwicklung nach oben verschoben. Das Landgericht Hamburg setzte diese Grenze nun bei mindestens 1.800 Euro an.

Diese Entscheidung verdeutlicht, wie sich wirtschaftliche Entwicklungen auf die Rechtsprechung auswirken können. Die Anhebung der Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden spiegelt die die allgemeine wirtschaftliche Situation wider. Dies war der herausstechende Grund die Fahrerlaubnis der betroffenen PKW-Fahrerin nicht zu entziehen, da die geschätzten Reparaturkosten von 1.600 Euro die neu festgesetzte Grenze nicht überschritten. Folgt man den Richtern, so wird grundsätzlich deutlich, dass die Beurteilung der Schadensbedeutung sich an den Reparaturkosten- und der allgemeinen Einkommensentwicklung orientiert und auch orientieren soll.

Für Betroffene und ihre Rechtsbeistände ist es daher essenziell, stets die aktuellsten Entscheidungen und deren Auswirkungen im Blick zu haben.

Landgericht Hamburg, Beschluss vom 9.8.2023; AZ – 612 Qs 75/23 –

 Foto: Ralf Geithe

Glatteis und Arbeitsweg: Was Arbeitnehmer wissen müssen

In der kalten Jahreszeit stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, ob sie bei schwierigen Witterungsbedingungen zur Arbeit erscheinen müssen oder ob sie alternativ im Homeoffice arbeiten dürfen. Ist es also bei Glatteis für Arbeitnehmer deutlich, was ihre Optionen sind? Die rechtlichen Grundlagen in dieser Situation sind tatsächlich klar definiert.

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, ihren Arbeitsplatz zu erreichen, unabhängig von jeglichen Wetterbedingungen. Dies beinhaltet das Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen, um den Arbeitsplatz pünktlich zu erreichen, auch bei schlechten Witterungsverhältnissen wie Glatteis. Fällt ein gewohntes Verkehrsmittel aus, liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers, alternative Wege zu finden. Eine „Arbeitsverweigerung“ aufgrund von Glatteis ist somit rechtlich nicht gerechtfertigt.

Kommt ein Arbeitnehmer aufgrund von Glatteis zu spät zur Arbeit, droht zwar nicht gleich eine Kündigung, jedoch können wiederholte Verspätungen zu Abmahnungen führen. Und: In der Zeit der Verspätung besteht kein Anspruch auf Lohn, und der Arbeitgeber kann auch verlangen, dass verlorene Zeit nachgearbeitet wird. In manchen Fällen kann es sogar zu einer Lohnkürzung kommen. Diese Regelungen gelten übrigens auch für Arbeitnehmer, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Ein Ausfall aufgrund von Witterungsbedingungen ist also auch keine Grund nicht zu erscheinen.

Fahrt zur Arbeit: Ist es bei Glatteis für Arbeitnehmer deutlich, was ihre Optionen sind?Interessant ist auch der rechtliche Schutz bei Unfällen auf dem Weg zur Arbeit. Tritt ein Unfall auf diesem Weg auf, gilt dies als Arbeitsunfall, der von der Berufsgenossenschaft abgesichert ist. Dies umfasst die Behandlungskosten und eventuell eine Verletztenrente. Der Versicherungsschutz beginnt mit dem Verlassen des Hauses und erstreckt sich über den gesamten Arbeitsweg, inklusive Umwege, die eventuell aufgrund von Glatteis erforderlich sind.

Ein automatischer Anspruch auf Homeoffice bei Glatteis existiert also nicht. Auch wenn die Tätigkeit grundsätzlich im Homeoffice ausgeführt werden könnte, darf der Arbeitnehmer nicht eigenmächtig entscheiden, von zu Hause aus zu arbeiten, es sei denn, es besteht eine entsprechende, klar formulierte Vereinbarung. Eine Ausnahme bildete die Homeoffice-Pflicht während der Pandemie, bei der Arbeitgeber angehalten waren, Homeoffice anzubieten. Aktuell (Ende 2023) gibt es jedoch keine rechtlichen Verpflichtungen oder Rechte auf Homeoffice aufgrund von Wetterbedingungen.

Insgesamt zeigt sich, dass Arbeitnehmer bei Glatteis weiterhin die Verantwortung tragen, ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Eine flexible Handhabung, wie das Angebot von Homeoffice, hängt von der jeweiligen Unternehmenspolitik und individuellen Vereinbarungen ab.

Arbeitnehmer stehen damit klar in der Pflicht sich vorausschauend zu informieren, wie am nächsten Arbeitstag die Wetter- und Verkehrslage sein wird. Abgesehen von der rechtlichen Situation, dürfte es sinnvoll sein, rechtzeitig zu sprechen und schon vorab („Kann ich wegen Glatteis morgen Homeoffice machen?“) mit der Geschäftsführung eine mündliche Vereinbarung vorzunehmen.

Foto: Wolfilser

Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen: Überblick über das BGH-Urteil

Ein Bundesgerichtshof-Urteil zum Thema Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen bietet eine deutliche Klarstellung zu einer Fragestellung, die in der alltäglichen Verkehrsrealität eine permanente Rolle spielt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) vom Oktober 2023, die sich auf das Zurücksetzen in Einbahnstraßen konzentriert, hebt Feinheiten des Verkehrsrechts hervor und stellt damit wichtige Richtlinien für Autofahrer auf – genauso wie für zukünftige Urteile mit diesem Hintergrund.

Entscheidend ist hier, dass das Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen grundsätzlich verboten ist, sobald es entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung erfolgt. Diese Regelung zielt darauf ab, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und potenzielle Gefahrenquellen, die durch unvorhersehbare Fahrmanöver entstehen könnten, zu minimieren. Der BGH legt dabei Wert auf die Bewegungsrichtung des Fahrzeugs und nicht auf dessen physische Ausrichtung – eine präzise juristische Unterscheidung, die bei speziellem Fällen durchaus wichtig sein kann.

Zurücksetzen in Einbahnstraßen!Interessanterweise erkennt der BGH Ausnahmen von diesem generellen Verbot an, die sich auf das Zurücksetzen beschränken, um anderen Fahrzeugen das Ein- oder Ausfahren zu ermöglichen. Diese Ausnahmeregelung reflektiert erfreulicherweise ein deutliches Verständnis für praktische Erfordernisse im Straßenverkehr.

Der konkrete Fall illustriert die rechtlichen Komplexitäten, die sich aus alltäglichen Verkehrssituationen ergeben können, recht deutlich. Knapp gesagt, ging es um eine Autofahrerin, die in einer Einbahnstraße zurücksetzte – was im Verlauf zu einem Unfall führte.

Es bestand anschließend Uneinigkeit darüber, ob die beiden Fahrzeuge gleichzeitig rückwärts gefahren sind, wie von der Frau behauptet, oder ob der Mann im Auto, mit dem sie zusammenstieß, bereits hinter ihr stand. Der Haftpflichtversicherer der Frau regulierte vorgerichtlich die unstrittigen Schadenspositionen und legte dabei eine Haftungsquote von 40 % für die Frau zugrunde. Aufgrund der verbleibenden 60 % zog der andere Autofahrer vor Gericht.

Das Landgericht Düsseldorf hatte die Klage des Unfallgegners zunächst abgelehnt, sah jedoch das Rückwärtsfahren der Frau als gerechtfertigte Ausnahme an. Der BGH hob damit dieses Urteil auf und verwies die Angelegenheit zurück an das Landgericht, was eine neuerliche Überprüfung der Sachlage erforderlich macht.

Der BGH äußert sich in seinem Urteil damit erstmals zu dieser Frage – und gibt so wichtige Leitlinien für das Verhalten in Einbahnstraßen vor und trägt erkennbar zur Rechtssicherheit bei.

Urteil des BGH vom 10.10.23; AZ – VI ZR 287/22 –

Foto: Gina Sanders

Kurzfristiges Abstellen von Gegenständen im Hausflur rechtfertigt keine Kündigung

In der Rechtspraxis ergeben sich häufig Situationen, die sowohl für Mieter als auch Vermieter durchaus sehr unterschiedlich bewertet werden. Ein solcher Fall wurde kürzlich vom Amtsgericht Berlin-Neukölln behandelt, bei dem es um die Frage ging, ob das kurzfristige Abstellen von Gegenständen im Hausflur eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann.

Im August 2021 erhielt eine Mieterin in Berlin eine fristlose, und zusätzlich eine ordentliche Kündigung. Auslöser hierfür war das wiederholte, kurzzeitige Abstellen einer Mülltüte vor ihrer Wohnungstür sowie das gelegentliche Parken eines Kinderwagens durch eine Besucherin im Flurbereich. Die Mieterin lehnte die Kündigung ab, woraufhin die Vermieter eine Räumungsklage einreichten.

Abstellen von Gegenständen im Hausflur rechtfertigt keine Kündigung.Das Amtsgericht Berlin-Neukölln fällte im Juni 2023 ein Urteil, das ganz im Sinne der Mieter ist. Es ging ja im Grunde um sehr alltägliche Situationen, die die „Überreaktion“ des Vermieters wirklich in Frage stellt. Das Gereicht stellte klar, dass das kurzfristige Abstellen von Gegenständen wie Mülltüten oder Kinderwagen, sofern es die Nutzung des Hausflurs durch andere Mieter nicht wesentlich beeinträchtigt, keinen hinreichenden Grund für eine fristlose und auch keine ordentliche Kündigung darstellt.

Diese Entscheidung berücksichtigt die im Mietrecht allgegenwärtige Notwendigkeit, einen Ausgleich zwischen den Rechten der Mieter und den Interessen der Vermieter zu finden. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, dass die Handlungen der Mieterin nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung oder Gefährdung der Hausgemeinschaft führten. Das Gericht wog hierbei die Interessen beider Parteien ab und kam zu dem Schluss, dass die vorübergehende Nutzung des Flurbereichs für derartige Zwecke im Rahmen des Zumutbaren liegt.

Dieses Urteil verdeutlicht, dass nicht jede geringfügige Abweichung von den vertraglichen Pflichten automatisch zu drastischen Maßnahmen wie einer Kündigung führen muss..

Amtsgericht Berlin-Neukölln, Urteil vom 1.6.2023; AZ – 10 C 121/22 –

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