Unterhaltsansprüche unverheirateter Partner: Ab wann darf gekürzt werden?

Nicht verheiratet gewesen zu sein, kann sehr große Unterschiede beim Unterhalt bedeuten. So verlangte eine Mutter von ihrem Ex-Freund weiterhin Unterhalt für das gemeinsame Kind, obwohl sie bereits mit einem neuen Partner zusammenlebte. Und tatsächlich, das Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt / M. sprach mit seinem Urteil vom Mai 2019 der Mutter Unterhaltsansprüche gegen ihren früheren Partner zu – Ansprüche, die ihr wohl nicht zugestanden hätten, wären die beiden verheiratet gewesen. Zu erwarten gewesen wäre „normalerweise“, dass eine Ehe auf der finanziellen Seite steuerliche Vorteile gegenüber unverheirateten Paaren bedeutet.

Im vorliegenden Fall hatten sich die Eltern bereits vor der Geburt des Kindes getrennt, anschließend übernahm die Mutter die Betreuung. Nach der Elternzeit stieg die Bankangestellte zunächst wieder zu 50 Prozent ins Berufsleben ein, kurz nach dem zweiten Geburtstag ihres Kindes war sie dann wieder in Vollzeit tätig. Während sie vor der Geburt noch 2.800 Euro netto verdient hatte, blieb sie nun aber dahinter zurück, weshalb sie von ihrem fast doppelt so viel verdienenden Ex-Freund Unterhalt für das gemeinsame Kind verlangte. Der hatte zwar nach der Geburt noch Unterhalt gezahlt, diesen aber mit Wiedereinstieg der Mutter ins Berufsleben gekürzt.

Unterhaltsansprüche sind bei unverheirateten Paaren anders als bei verheirateten.Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) hat eine unverheiratete Mutter eines Kindes gegen dessen Vater einen Anspruch auf Unterhalt für die Zeit nach der Geburt und, sofern sie in dieser Zeit betreuungsbedingt zuhause bleibt, für mindestens drei weitere Jahre. Geschiedene Ehegatten haben dabei zeitlich etwa deckungsgleiche Unterhaltsansprüche.

Nun war die Mutter der Ansicht, ihr „Ex“ habe den Unterhalt gar nicht kürzen dürfen, da eben von ihr in den ersten drei Lebensjahren des Kindes überhaupt nicht erwartet werden könne, schon wieder arbeiten zu gehen. Ihre Einkünfte dürften daher nicht voll angerechnet werden. Dem ehemaligen Partner missfiel das, zumal sie zwischenzeitlich einen neuen Partner gefunden hatte, mit dem sie auch zusammenlebte.

Bei der Entscheidung des OLG war das Grundsatz klar: Geht eine Ehe zu Ende und die Ex-Frau sucht sich einen neuen Partner, so kann das ihren Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater gefährden. Denn sofern sie mit dem neuen Partner in einer „verfestigten Lebensgemeinschaft“ lebt, kann eine weitere Zahlungspflicht des Vaters als grob unbillig abgelehnt werden. Für unverheiratete Paare sei dieser Fall aber bis dato nicht geregelt.

Das Gericht verwies denn auch auf die gesetzgeberische Entscheidung, die Regelungen nicht vollends anzugleichen und verzichtete auf eine entsprechende Anwendung. Es stellte klar, dass Einkünfte der Mutter in den ersten drei Jahren nach der Geburt in der Tat nur begrenzt anzurechnen seien, da die Mutter in dieser Zeit nicht zur Arbeit „verpflichtet“ sei. Die Härteregelung für Ehepaare sei gerade nicht auf unverheiratete Paare zu übertragen. Der Gesetzgeber habe die Unterhaltsregelungen schließlich in mehreren Punkten uneinheitlich belassen.

So bekomme etwa eine nicht-verheiratete Mutter keinen Altersvorsorgeunterhalt oder Ausgleich für Nachteile im Erwerbsleben, die durch die zeitweilige Betreuung des Kindes entstünden. Da die nicht-eheliche Mutter somit grundsätzlich schlechter stehe, dürfe dies nicht durch eine Angleichung bei Thema Unterhaltsansprüche noch verstärkt werden.

Urteil des Oberlandesgericht, Frankfurt / M. vom 3.5.2019; AZ – 2 UF 273/17 –

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Trennungsunterhalt gilt auch bei arrangierter Ehe ohne dauerhaftes Zusammenleben

Die Ehe war von den Eltern arrangiert worden, die aus dem indischen Kulturkreis kommen. Die Frau lebte zum diesem Zeitpunkt bei ihren Eltern in Deutschland, der Mann arbeitete als Wertpapierhändler in Paris. An den Wochenenden besuchten die beiden sich nach den Angaben des Gerichts regelmäßig, hatten aber keinen sexuellen Kontakt. Jedoch, Ehe ist Ehe – auch wenn sie von den Eltern arrangiert wurde, so das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einem Urteil vom Juli 2019. Für einen Anspruch auf Trennungsunterhalt komme es nicht darauf an, ob ein Paar wirklich zusammen lebt oder die Ehe auf sonstige Weise „vollzogen“ hat.

Es kam wie es schon fast nahelag: Nach einem Ehejahr trennte sich das Paar, das Scheidungsverfahren war noch anhängig und die Ehefrau verlangte Trennungsunterhalt. Sie hätten schließlich „ein ganz normales Eheleben“ geführt, argumentierte sie. Das zunächst zuständige Amtsgericht wies ihren Antrag jedoch zurück.

Anspruch auf Trennungsunterhalt auch bei arrangierter EheDas OLG sah dies jedoch anders und entschied, dass ein Anspruch auf Trennungsunterhalt weder voraussetzte, „dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammen gelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen oder zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist.“ Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten oder verminderten Rechten gebe es schließlich nach dem Gesetz nicht.

Von einer Verwirkung gingen die Frankfurter Richter ebenfalls nicht aus. Ein Recht wäre dann verwirkt, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände dazukommen, die eine spätere Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte nicht für den Anspruch auf Trennungsunterhalt, wobei das Gericht aber auch keine nur kurze Ehedauer erkennen wollte. So spreche das ursprünglich geplante, gemeinsame Leben in Paris klar dagegen.

Darüber hinaus setze der Unterhaltsanspruch auch nicht voraus, dass die beiden sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da ein solcher Anspruch nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er in aller Konsequenz auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten eingeschränkt werden.

Im übrigen ließen die Frankfurter Richter die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu, da ihre Entscheidung von anderer oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main; Beschluss vom 12.7.2019; AZ – 4 UF 123/19 –

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Einsatz von Google-Analytics wie bisher wird risikoreicher

Der nicht datenschutzkonforme Einsatz (nach DSGVO) von Google-Analytics auf Unternehmens-Webseiten ist offenbar weiter verbreitet als man allgemein denkt. Nach dem großen Spektakel im Mai 2018 hätte man denken können, das sei kein Thema mehr. Doch wie Fachleute berichten, werden Aufsichtsbehörden mehrerer Bundesländer mit einer regelrechten Beschwerdeflut konfrontiert. So heißt es, dass ein einzelner Beschwerdeführer für den Raum Hamburg 20.000 Unternehmenswebseiten gelistet hat, die allesamt in unzulässiger Weise Google-Analytics nutzen. Eine noch höhere Anzahl soll bei der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen mit 70.000 beanstandeten Seiten zu Bearbeitung anhängig sein.

Google-Analytics ist nach wie vor das populärste Webanalyse-Tool weltweit. Der kostenlose Dienst von Google kann für seine Nutzer die statistische Auswertung ihrer Seite übernehmen – und dokumentiert unter anderem die Herkunft der Besucher, ihre Verweildauer auf einzelnen Seiten, und Bereiche, in denen der Nutzer am meisten klicken. Und natürlich ist es so möglich, ein umfassendes Benutzerprofil von Besuchern einer Webseite zu erzeugen.

ebseitenbetreiber werden aber vermutlich beim Einsatz von Google-Analytics und anderen Tracking-Tools zukünftig nicht mehr ohne die Abfrage einer vorherigen Einwilligung auskommen können.

Best-Practice-Lösung beim Einsatz von Google-Analytics war bis jetzt die aktive IP-Anonymisierung und die Möglichkeit eines Opt-Outs (Widerspruchsmöglichkeit). Die Datenschutzkonferenz, das Gremium der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, vertrat sogar länger die Auffassung, dass ein datenschutzkonformer Einsatz von Google-Analytics & Co ohne eine vorherige Einwilligung der Webseitenbesucher grundsätzlich nicht möglich ist.

Wenn es um strittige Rechtsfragen zur DSGVO ging, hielten sich jedoch die Behörden bei der Verhängung von Bußgeldern bis dato meist zurück. Das könnte sich jetzt ändern. Durch die Cookie-Entscheidung des EuGH ist auch für die Aufsichtsbehörden in das Thema neuer Schwung gekommen. Nationale Gerichte, wie der Bundesgerichtshof, aber auch Behörden, werden beim Webtracking langfristig nicht gegen des Unionsrechts und dessen Auslegung durch den EuGH entscheiden oder agieren (können).

Die Aufsichtsbehörden werden daher nicht umhin kommen, so das Fachportal „datenschutzbeauftragter-info“als sich mit den genannten Massenbeschwerden in irgendeiner Art und Weise zu befassen. Welche behördlichen Maßnahmen künftig auf Betreiber zukommen werden, lässt sich jedoch nur schwer vorhersagen. Webseitenbetreiber werden aber vermutlich beim Einsatz von Google-Analytics und anderen Tracking-Tools zukünftig nicht mehr ohne die Abfrage einer vorherigen Einwilligung auskommen können. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte wohl besser zeitnah auf ein Opt-In umstellen.

Mietspiegel muss aktuell sein, um Mieterhöhung zu begründen

Ein 20 Jahre alter Mietspiegel ist nicht geeignet, eine Mieterhöhung formell und vor allem wirksam zu begründen. Einsehbarer Grund: Anhand eines solch alten Mietspiegels kann ein Mieter die Berechtigung nicht wirklich beurteilen. Das entschied auch der Bundesgerichtshof mit einem Urteil vom Oktober 2019.

Die Begründung einer Mieterhöhung soll Mietern ermöglichen die inhaltliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu prüfen, um so überflüssige Prozesse zu vermeiden. Dafür ist erforderlich, dass die Begründung Mietern konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhung gibt, damit diese es überprüfen und sich darüber klar werden können, ob sie dem Erhöhungsverlangen zustimmen oder nicht.

Im vorliegenden Fall verlangte der Vermieter von der Mieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Zur Begründung bezog er sich auf den Mietspiegel für die Stadt Magdeburg von 1998. Die Mieterin weigert sich, der verlangten Mieterhöhung zuzustimmen.

Für einen Mietspiegel als Begründung einer Mieterhöhung gilt AktualitätSchon auf den ersten Blick werde deutlich, so das Gericht, dass der Vermieter von falschen Voraussetzungen ausgeht und somit das Erhöhungsverlangen in wesentlichen Punkten unvollständig, unverständlich oder gar widersprüchlich erscheint. Eine solche Erklärung entspräche daher gar einer fehlender Begründung.

Zwar kann der Vermieter auf einen veralteten Mietspiegel Bezug nehmen wenn kein aktueller Mietspiegel vorhanden ist. Dennoch sei das Alter nicht völlig bedeutungslos, auch wenn das Gesetz keine Höchstgrenze festlege, bis zu der Vermieter einen veralteten Mietspiegel heranziehen können. Für eine formelle Bedeutung komme es vor allem darauf an, ob diesem noch ein Informationsgehalt zukomme.

Dies sei bei einem mehr als 20 Jahre alten Mietspiegel ausdrücklich nicht der Fall. Die Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet, unterlägen im Laufe der Zeit einem Wandel. So könne zum Beispiel eine Einrichtung, die einst einer Wohnung einen besonderen Wert verliehen habe, mit der Zeit zu einer Standard-Ausstattung werden. Auch die Bewertung der Lage kann sich durch ökologische, soziale und städtebauliche Situation eines Stadtteils mit der Zeit ändern.

Vermieter würden durch dieses Urteil nicht beeinträchtigt. Denn sie könnten auf andere Begründungen, etwa die Benennung von Vergleichswohnungen, zurückgreifen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2019; AZ – VIII ZR 340/18 –

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Führt die Meldung einer eigenen Datenpanne automatisch zu einer Geldbuße?

Nach der Datenschutz-Grundverordnung sind die für Datenverarbeitung Verantwortlichen (die „Datenschutzbeauftragten“) eines Unternehmens verpflichtet, bei einer wie auch immer zustande kommenden Panne – bei der personenbezogene Daten im Spiel sind – die zuständige Datenschutzbehörde zu informieren. Dabei stellt sich natürlich die Frage, ob die Meldung einer Datenpanne eventuell zu einem Bußgeldverfahren führt – also quasi die Verpflichtung besteht, sich selbst zu belasten. Das ist so einfach nicht der Fall.

Binnen 72 Stunden, nachdem Verantwortliche ein Problem entdeckt haben, sollten die entsprechenden Information übermittelt werden. Viele Datenschutz-Aufsichtsbehörden bieten dazu inzwischen die Möglichkeit über ihre Webseiten entsprechende Datenpannen online zu melden. Es ist also ein eher geringer Aufwand, der aber nicht dazu verleiten sollte, auf eine solche Meldung zu verzichten.

In bestimmten Fällen muss ein Unternehmen die Datenpanne auch den direkt Betroffenen, also etwa den Kunden melden. Voraussetzung ist, dass die Verletzung  zu einem voraussichtlich hohen Risiko für die persönlichen Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führt. Als Firma muss man also eine Prognose treffen, ob ein solcher Fall eintreten wird. Datenpannen mit personenbezogenen Daten müssen gemeldet werden, sonst droht ein Bußgeld.Übrigens: die Benachrichtigung muss unverzüglich erfolgen und zudem in einer klaren und einfachen Sprache übermittelt werden.

Um es klar zu sagen: Versäumte oder verspätete Meldungen stellen einen Verstoß dar und können mit Bußgeld geahndet werden. Sofern von einer Meldung abgesehen wird, weil kein Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zu bestehen scheint, ist dies sorgfältig zu dokumentieren und zu begründen.

Wie muss man als Unternehmer bei einer Datenpanne vorgehen?

Liegt hingegen die Verletzung personenbezogener Daten vor, sind für eine Risikobeurteilung insbesondere folgende Fragen zu stellen:

  • In welcher Form ist eine Datenpanne aufgetreten?
  • Welche Schäden können für die betroffene Person eintreten?
  • Durch welche Handlung und Umstände kann ein solches Schadensereignis eintreten?

So führt beispielsweise der Verlust von Kreditkartendaten durch ein Problem mit dem Server des Betreibers zum Risiko eines Kreditkartenmissbrauchs – und eventuell auch zu einem materiellen Schaden in Form einer unbefugten Kreditkarten-Nutzung.

Wobei nach dem Bundesdatenschutzgesetz einschränkend gilt, dass die Meldung einer Datenpanne in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Meldepflichtigen nur mit dessen Zustimmung verwendet werden darf. Das gilt auch für die Einleitung eines Strafverfahrens. Wer diese Zustimmung also nicht erteilt, braucht somit nicht zu befürchten, dass die Datenschutz-Aufsicht auf Grundlage der eigenen Meldung ein Bußgeld-Verfahren einleitet.

Aber, sollten Dritte die Datenpanne melden – so steht die gegebenenfalls bußgeldbewehrte Frage im Raum, warum die Verantwortlichen diese Panne nicht gemeldet haben.

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Altersteilzeit: Gibt es Urlaubsansprüche auch in der Freistellungsphase?

Schon deutlich vor dem Erreichen des staatlich festgelegten Rentenalters schon aus dem Erwerbsleben auszusteigen, ist für viele Arbeitnehmer ein gerne gehegter Gedanke. Allerdings scheitert die Realisierung oftmals an dem Umstand, dass die Zeit bis zum Renteneintritt finanziell ja auch überbrückt werden muss. Staatliche Förderungen, die ehemals derartige Modelle bezuschussten, gibt es seit dem Jahr 2010 nicht mehr – was ja auch angesichts des Arbeitsmarkt Ende dieses Jahrzehnts kaum nachvollziehbar wäre.

Und doch wird diese Form der Frühverrentung gerne von Arbeitgebern genutzt, die aus wirtschaftlichen Umständen mit der Notwendigkeit von Personalabbau konfrontiert sind. So lässt sich eine sozial verträgliche und in der Belegschaft durchaus gern in Anspruch genommene Anpassungen des Personalbestands erreichen.

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) vom September 2019 erleichtert den Arbeitgebern die Situation noch zusätzlich: Auch in der passiven Freistellungsphase entstehen nämlich keine Urlaubsansprüche.

Urlaubsansprüche in der Freistellung nicht einklagbar!Im konkreten Fall hatte der Arbeitnehmern mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass er ab Dezember 2014 in ein Altersteilzeitverhältnis eintreten soll, das bis zum Ende Juli 2017 andauern sollte. Bis einschließlich März 2016 sollte er weiter in Vollzeit arbeiten, von April 2016 dann bis zur Beendigung freigestellt sein. Für den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit war die Zahlung eines durchgängigen Bruttomonatsgehalts von mehr als 7.000 Euro vorgesehen.

Der Altersteilzeitvertrag sah zudem vor, dass der ab Eintritt in die Freistellungsphase entstehende Urlaubsanspruch durch die erfolgte Freistellung als gewährt gelten sollte. Diese Regelung wollte der Kläger aber im Nachhinein nicht anerkennen lassen und hielt sie für unwirksam. Er war der Meinung, dass auch in den Jahren seiner Freistellung, also 2016 und 2017, Urlaubsansprüche entstehen. Da eine Gewährung nach Beendigung nicht mehr möglich sein, müsse seine Arbeitgeberin die Urlaubsansprüche abgelten. Und so klagte er auf der Basis von 52 Urlaubstagen für 2016 und 2017 auf rund 17.000 Euro brutto.

Arbeitsleistung während der Freistellung gleich Null

Mit seiner Zahlungsklage scheiterte der Teilzeitarbeiter aber sowohl in der ersten wie in der zweiten Instanz. Während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit entstünden keine Urlaubsansprüche, so die Richter. Auch sei die Freistellungsphase als „Teilzeit mit einer Arbeitsleistung von Null“ zu bewerten, da keinerlei Arbeit mehr zu erbringen sei. Folglich entstünden erst gar keine Urlaubsansprüche. Selbst wenn man deren Entstehen annähme, so wären die Ansprüche überdies mit der Freistellungsphase abgegolten.

Der Kläger blieb dennoch hartnäckig und verlangte mit seiner Revision beim Bundesarbeitsgereicht (BAG) nach rechtlicher Prüfung dieser Argumentation. Insbesondere berief er sich dabei auf den formalen Bestand des Arbeitsverhältnisses (sichtbar durch die Zahlung eines regelmäßigen Monatsgehalts). Doch auch das BAG hat die Revision zurückgewiesen und entschieden, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung zustehen. Es begründete dies damit, dass mit letztlich „null“ Arbeitstagen einem Arbeitnehmer für den Zeitraum der Freistellungsphase kein Urlaubsanspruch zustehe. Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit seien, so das BAG, weder nach nationalen Bestimmungen noch nach Maßgabe des EU-Rechts Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben.

Die Entscheidung dürfte Arbeitgeber aufatmen lassen, denn das BAG schafft mit dieser Entscheidung Sicherheit. Sie müssen nicht befürchten, dass ihre in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer nachträglich Urlaubsabgeltungs-Ansprüche geltend machen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.9.2019; AZ – 9 AZR 481/18 –

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Ab Januar 2020 soll „Eltern-Unterhalt“ für pflegebedürftige Eltern möglich sein

Das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ soll erwachsene Kinder, deren Eltern im Heim gepflegt werden, besser stellen. Es ist ja auch kein Geheimnis mehr, dass die Kosten für Aufenthalte in Heimen und die Pflege permanent steigen. Gehälter der Angestellten werden angepasst (sicher ohnehin schon lange nötig), dazu kommt der Unterhalt der Heime, Pflege und Verpflegung der Bewohner. Kurz: Die Rente Einzelner reicht meist nicht für die Heimkosten, denn im Durchschnitt liegt der Eigenanteil für einen Platz in einem Pflegeheim bei rund 1.700 Euro im Monat. Über kurz oder lang werden die Eltern zum Sozialfall und die Kinder müssen einspringen. Das soll der Eltern-Unterhalt abfedern.

Bislang lag das Nettoeinkommen, das ein „Kind“ vor Inanspruchnahme schützte, bei 1.800 Euro netto. Wer nach Abzug unterhaltsrechtlich relevanter Belastungen weniger hatte, musste nichts zahlen, wer mehr hatte, musste davon die Hälfte abgeben. Für Eheleute galt ein gemeinsamer Selbstbehalt von netto 3.240 Euro. Auf ein Jahr gerechnet entspricht das bei einem kinderlosen Single einem Jahres-Brutto von 33.000 Euro – bei Eheleuten etwa 70.000 Euro. Der Eltern-Unterhalt legt nun zugrunde, dass unterhalb von 100.000 Euro eigenem Bruttoeinkommen kein Kind mehr für seine Eltern zahlen soll – jedenfalls nicht aus eigenen Einkommen.

Der Eltern-Unterhalt soll erwachsene Kinder, deren Eltern im Heim gepflegt werden, besser stellen.Im Bereich der „Grundsicherung im Alter“ ist dies schon länger so Praxis und führt etwa dazu, dass Empfänger von Grundsicherung routinemäßig nach den Berufen der Kinder gefragt werden. Daraus leitet dann ein Sachbearbeiter ab, wer wohl keine 100.000 Euro verdient, aber auch, bei wem sich eine nähere Nachfrage lohnen könnte.

Wie bisher gilt aber: Liegen durch diese Angaben Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so darf das Sozialamt dann doch bei den Kindern detaillierte Auskünfte verlangen. Was solche „hinreichenden Anhaltspunkte“ sind, liegt im Ermessen der Ämter. Außerdem können die Ämter im Blick haben, dass eine Unterhaltsleistungsfähigkeit nicht nur aus Einkommen, sondern auch aus Vermögen gezogen werden kann – und dann müssten sie sowieso Auskunft verlangen. Eltern-Unterhalt soll damit also keine generelle Leistung werden, sondern zielt darauf weniger verdienende Kinder bei Pflege ihrer Eltern zu entlasten.

Ob dabei die Vermögens-Schongrenzen Gültigkeit haben, die der BGH kreiert hat ist noch abzuwarten. Generell soll der Familienverband entlastet und die Solidargemeinschaft stärker in die Verantwortung genommen werden. Die bisher bestehenden Strukturen der Einstandspflicht der Kinder sollen weitestgehend aufgebrochen werden. Hintergrund ist, dem gesellschaftlichen Wandel durch eine stärkere Inanspruchnahme des Staates Rechnung zu tragen.

(Stand Oktober 2019)

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Urheber benennen – Verwendung von Fotos und was es für alle Internetnutzer bedeutet

Die Situation ist eigentlich mehr als eindeutig. Nichts ist umsonst, nichts geht einfach so – eigentlich ein Gemeinplatz. Und doch ignorieren Nutzer in Social-Media, auf Webseiten und in Foren permanent die klaren Rechte von Urhebern. Quellen müssen benannt werden, Urheber gegebenenfalls auch bezahlt werden. Bilder, Texte, Zeichnungen, Videos usw. usw. müssen entsprechend gekennzeichnet sein. Und last but not least hat die Erstellung ja auch irgendwann einmal Geld gekostet.

Besonders eklatant ist es bei Fotografen, deren Bilder quer über den Globus auftauchen, aber die nichts davon haben und die nicht einmal über eine Nennung identifizierbar gemacht werden. Tatsächlich dürfen sie auf eine solche Nennung sogar verzichten – doch was bedeutet das? Ganz einfach, bei Fotos entscheidet der Urheber, wie er oder sie das mit der Urhebernennung gerne hätte. Es besteht hier auch keine Pflicht zur Gleichbehandlung, so dass man als Fotograf schlichtweg völlig willkürlich entscheiden darf, ob Kunde Eins die Urhebernennung weglassen darf, Kunde Zwei sie aber anbringen muss.

Fotos haben immer UrheberUnd was passiert nun, wenn die Nennung nicht erfolgt? Vielfach scheint bei Internet-Nutzern die Auffassung zu bestehen, es handelt sich dabei um eine Art  Kavaliersdelikt. Dem ist mitnichten so, es sollte deutlich sein, dass es neben dem Verstoß gegen das Urheberrecht es auch zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen kommen kann. In der Praxis bedeutet es, dass man als Rechtinhaber sogar die Wahl hat, also etwa nur die unterlassene Benennung mit einer urheberrechtlichen Abmahnung verfolgen kann – aber auch hierfür Schadensersatz verlangen darf. Ist ein Foto ohne Nutzungsrecht und ohne Urhebernennung (eine allzu häufige Kombination) genutzt worden, hat der Fotograf gerichtsnotorisch meist Anspruch auf den doppelten Schadensersatz.

Ein spezieller Fall sind „Creative Commons“-Lizenzen (meist CC abgekürzt und für kommerzielle und nicht kommerzielle Nutzung, je nach Erlaubnis des Erstellers). Doch ganz entscheidend: Auch bei kostenlos gestellten CC müssen Benennungen stattfinden, ohne Wenn und Aber.

In der Praxis herrscht hier immer wieder Streit darüber, was passiert, wenn die Aufnahmen denn doch ohne die dort vorgesehene Namensnennung auf Webseiten oder in Social-Media benutzt werden. Nun, die Namensnennung bei CC-Bildern ist eine auf Vertragsebene vereinbarte Pflicht des Bildverwenders. Ganz deutlich sind daher auch die Konsequenzen: Wenn nun eine Aufnahme, die unter einer solchen Lizenz steht, ohne Namensnennung etc. benutzt wird, hat der Verwender mit Ansprüchen auf Unterlassung und Schadensersatz seitens des Fotografen zu rechnen.

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BGH beerdigt den fiktiven Schadensersatz für das Werkvertragsrecht. Demnächst für alle Bereiche?

Versicherungsbetrügereien soll der Boden entzogen werden. Das entspricht ganz und gar dem Frust von Richtern darüber, dass die derzeitigen Regeln für kriminelle Machenschaften ausgenutzt werden.  Und speziell im Bereich Auto- / KFZ-Versicherung ist die Masche mit dem fiktiven Schadensersatz allzu verbreitet.

Typischerweise werden Fahrzeuge der Oberklasse mit hohem Wiederbeschaffungswert eingesetzt und absichtlich in fingierten Unfällen beschädigt. Von der Versicherung wird dann die Regulierung auf Basis der fiktiven Reparaturkosten verlangt, während die Unfallspuren in irgendwelchen Hinterhofwerkstätten zu vielfach niedrigeren Kosten beseitigt werden.

Fiele diese Möglichkeit, von dem Unfallgegner die fiktiven Reparaturkosten zu verlangen, weg und wären stattdessen nur noch die tatsächlich entstandenen Kosten nach einer erfolgten Reparatur zu bezahlen, hätte sich dieses “Geschäftsmodell“ ein für alle Mal erledigt.

die Masche mit dem fiktiven SchadensersatzMit ihrem Urteil waren sich die Richter des Bundesgerichtshofes (BGH 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17 ) im Werkvertragsrecht (hier Baurecht) durchaus im Klaren darüber, was sie mit ihrer Entscheidung ins Rollen bringen – sie räumten auch ein, dass das derzeitige System der Schadensabwicklung auf der Grundlage fiktiver Reparaturkosten wohlvertraut sei und – was seine technische Abwicklung betrifft – im Wesentlichen reibungslos funktioniere. Klar wurde aber auch, dass das langfristige Ziel bei diesem Urteil die generelle Unterbindung von unrechtmäßigen Bereicherungen und  damit wichtiger als die Aufrechterhaltung des Status quo sei.

Anlass für eine Ausweitung des BGH-Urteils auch auf Versicherungsfälle mit fiktiven oder gar falsch abgerechneten Autounfällen sah das Darmstädter Landgericht in einem der besagten Verkehrsurteile mit fiktiven Schadenberechnungen. Hier hatte der Richter wohl „einen zu viel“ solcher Fälle auf dem Tisch und entschied zu Ungunsten des Klägers. Zu sehr hatten sich dieser und sein Anwalt auf die ständige Rechtsprechung verlassen und waren nachvollziehbar perplex, als der Richter seine “Drohung“ wahr machte und BGH-konträr entschied.

Ob es nun wirklich zu einer Ausweitung auf alle Bereiche bei fiktivem Schadensersatz kommt, muss noch abgewartet werden. Dazu wird der Bundesgerichtshof noch konkret Stellung nehmen. Eine in diesem Sinne positive Entscheidung wäre aber nachvollziehbar. Denn es gibt neben den fingierten Verkehrsunfällen auch für andere Versicherungssparten und Gegenstände ähnliche Situationen. Brillen und IT-Geräte stehen ganz oben auf der Versicherungsbetrugs-Hitliste, beim Autodiebstahl wird eine Betrugsquote von 50 Prozent gemutmaßt, und nach Einbrüchen – geschätzt – wird der Schaden in 60-70 Prozent der Fälle nach oben frisiert. Besonders bei kleineren Schäden haben die Betrüger gut Karten. Denn bei Bagatellschäden gilt bei vielen Versicherungsunternehmen die „Zok-Regelung“ (= Zahlen ohne Kontrolle).

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat jedoch Zweifel, ob diese Auslegung des Urteils des BGH aus dem Jahr 2018 durch das Landgericht Darmstadt auch auf Verkehrsunfallregulierungen angewendet werden kann. Man darf also gespannt sein, ob und wann sich der BGH mit einem solchen Verfahren im Verkehrsunfallrecht befasst.

Landgericht Darmstadt, Urteil vom 24.10.2018; AZ – 23 O 356/17 – OLG Frankfurt am Main, Beschluß vom 18.06.2019; AZ – 22 U 210/18 –

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Schlusserbe für den Fall des gleichzeitigen Ablebens benannt – doch was bedeutet „gleichzeitig“?

Man möchte in seinem letzten Willen ja oft erreichen, dass die Verwandten oder Verwalter eines Nachlasses es nicht allzu schwer haben mit der Umsetzung des Erbes. Daher scheint es so nahe zu liegen einen Schlusserbe zu benennen, der sich dann um alle Angelegenheiten bei einem alten Ehepaar kümmert. Und so kann es sein, dass diese sich entscheiden in ihrem Testament für den Fall ihres gleichzeitigen Ablebens besagten Schlusserben einzusetzen.

Doch was ist, wenn die Eheleute eben nicht gleichzeitig versterben, sondern im Abstand mehrerer Monate? Dazu kommt, dass das Ehepaar im vorliegenden Fall zuvor im gemeinsamen Testament festgelegt hatten, sich wechselseitig als Alleinerben einzusetzen. Fast zehn Jahre nach Erstellung ihres ersten Testaments fügten die Eheleute ihrem letzten Willen folgende weitere Regelung hinzu: „Für den Fall eines gleichzeitigen Ablebens ergänzen wir unser Testament wie folgt: Das Erbteil soll gleichmäßig unter unseren Neffen bzw. Nichte [es folgen die Namen von vier Personen] aufgeteilt werden.“

Ein im Testament aber nicht einmal angedeuteter Wille des oder der Erblasser, so der BGH, könne daher auch nicht beachtet werden.Nach dem Tod der Erblasserin beantragte einer der in dem Testament benannten Neffen des Ehemannes beim Nachlassgericht einen Erbschein, um sein Viertel des Erbes anzutreten. Der beantragte Erbschein wurde in der Folge auch erteilt. Eine Cousine der Verstorbenen regte aber gegenüber dem Nachlassgericht an, dass der erteilte Erbschein als unrichtig wieder eingezogen werden solle. Sie begründete diesen Antrag mit dem Argument, dass das Testament der Eheleute gar keine Einsetzung der Neffen und der Nichte des Ehemannes als Schlusserbe vorsah, sondern lediglich eine Erbfolgeregelung für den Fall des gleichzeitigen Ablebens enthalten würde.

Tatsächlich wurde der Erbschein daraufhin vom Nachlassgericht als unrichtig eingezogen und die gegen diese Einziehungsentscheidung gerichtete Beschwerde der Neffen und Nichten vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt als Beschwerdegericht zurückgewiesen. Daraufhin ging die Sache an den Bundesgerichtshof (BGH). In der Begründung seiner Entscheidung erkannte der BGH, dass das OLG Frankfurt zu Recht entschieden hätte, dass die Neffen und die Nichte des Ehemannes nicht Erben, auch nicht Schlusserbe der Verstorbenen geworden seien.

Eine Erbeinsetzung in einem gemeinsamen Testament, die eine Regelung für den Fall des gleichzeitigen Ablebens der Eheleute enthalte, sei keine taugliche Grundlage für den Fall, in dem die Eheleute mit erheblichem zeitlichen Abstand zueinander versterben (in diesem Fall immerhin 1,5 Jahre). Letztlich wurde der Wille der Eheleute im Testament nicht angedeutet.

Das Testament könne daher nicht zu der von den Beschwerdeführern möglicherweise sogar gewünschten Erbfolgeregelung führen, da dieser Wille der Eheleute ,nicht formgerecht erklärt wurde und im Testament auch nach Auffassung der Gerichte nicht einmal andeutungsweise enthalten war.

Ein im Testament aber nicht einmal angedeuteter Wille des oder der Erblasser, so der BGH, könne daher auch nicht beachtet werden. Alleinige Erbin wurde daher die Cousine der Verstorbenen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.6.2019; AZ – IV ZB 30/18 –

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