Bildschirmbrille muss vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden

Eine Bildschirmbrille ist eine spezielle Sehhilfe für Arbeiten am Bildschirm. Dabei geht es um den typischen Abstand zum Monitor, so grob eine Unterarmlänge. Sie ist notwendig, wenn die Arbeitsaufgabe mit „normalen“ Sehhilfen nicht zufriedenstellend erfüllt werden kann. Häufig tritt das ab dem 45. Lebensjahr auf und hängt meist mit der schwächelnden Augenmuskulatur zusammen.

Die Rechtsgrundlage ist ziemlich eindeutig: Ein Arbeitgeber muss Arbeitnehmern, die am Bildschirm arbeiten, vor Aufnahme ihrer Tätigkeit, während der Tätigkeit und allgemein bei Sehproblemen eine Angebotsvorsorge anbieten.

Eine solche Angebotsvorsorge beinhaltet eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens – also ein ärztliches Gespräch mit Ermittlung der Vorgeschichte und aktueller Beschwerden, ein Sehtest sowie eine ärztliche Beurteilung und persönliche Beratung. Stellt sich hier heraus, dass Mitarbeiter eine spezielle Bildschirmbrille benötigen, muss diese vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Dass spezielle Sehhilfen vom Arbeitgeber gestellt (und bezahlt) werden müssen, wird an verschiedenen Stellen durch entsprechende Urteile untermauert.

Eine Bildschirmbrille muss vom Arbeitgeber gestellt werdenWann ist eigentlich eine Bildschirmbrille notwendig? Dieser Fall kann eintreten, wenn die Akkommodationsfähigkeit soweit eingeschränkt ist, dass der Bildschirm mit der normalen Sehhilfe nicht mehr ohne Probleme scharf gesehen werden kann. Akkommodation ist die dynamische Anpassung (durch die Augenmuskulatur) der Brechkraft des Auges. Eine der Ursachen für Sehprobleme alterssichtiger Bildschirmnutzer kann zudem in dem integrierten Nahteil einer Zweistärkenbrille liegen: Um Sehobjekte im Nahbereich scharf zu sehen, müssen unter Umständen gezielte Kopfbewegungen ausgeführt werden, wo Nichtalterssichtige einfach nur Augen(muskel)kontraktionen benötigen.

Nicht immer ist ein Betriebsarzt benannt (typischerweise bei kleinen Unternehmen), der die Entscheidung über die Notwendigkeit einer solchen Brille trifft. Da muss dann ein externer Augenarzt konsultiert werden. Da sich die Kassen seit ungefähr 1997 weigern, die Kosten für die Verordnung einer Bildschirmbrille zu übernehmen, ist zunächst zu klären, wieweit der Arbeitgeber für diese Kosten aufkommt. Solange diese Haltung der Krankenkassen besteht, gilt es sicherzustellen, dass Mitarbeitern keine Kosten für besondere Bildschirmbrillen entstehen.

Der Arbeitgeber hat also dafür zu sorgen, dass den Mitarbeitern auf seine Kosten innerhalb eines festzulegenden Kostenrahmens eine geeignete Sehhilfe zur Verfügung gestellt wird. Die Anpassung und Anfertigung der Brille macht ganz normal ein Augenoptiker-Fachgeschäft. Da hier in Bezug auf Gestaltung und Kosten einer Brille ohne entsprechende Festlegungen ein erheblicher Spielraum besteht, empfiehlt es sich, vorab Absprachen über den Kostenrahmen zu treffen. „Luxusausstattungen“ trägt der Mitarbeiter – dabei geht man allgemein von allen Ausstattungen über 150 Euro aus.

Für den öffentlichen Dienst hat das Bundesverwaltungsgericht übrigens schon 2003 bestimmt, dass die speziellen Sehhilfen nicht wie beihilfefähige Leistungen zu sehen sind, sondern im vollen Umfang vom Dienstherrn zu bezahlen sind.

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Wer online Bio-Lebensmittel verkauft, ist zur Angabe aller Öko-Kontrollnummern verpflichtet

Die EG-Öko-Verordnung regelt, dass für eine Öko-Zertifizierung von Betrieben, ein nach der Verordnung vorgesehenes Kontrollverfahren durchgeführt werden muss. Im Rahmen eines staatlich überwachten, aber ausschließlich privatrechtlich organsierten System müssen sie sich überwachen lassen. Dabei kann ein Betrieb unter den am Markt auftretenden Öko-Kontrollstellen frei wählen und mit jener seiner Wahl dann einen Vertrag schließen. Mit Urteil vom September 2018, stellte das OLG Celle folgerichtig klar, dass der Verkauf eines Bio-Lebensmittel ohne Angabe aller Öko-Kontrollnummern wettbewerbswidrig und damit abmahnbar ist.

Zur eindeutigen Identifikation erhält jede der Kontrollstellen dauerhaft eine eindeutige Nummer, eben besagte die Öko-Kontrollnummer. Diese Nummer ist für deutsche Stellen nach dem Schema „DE-ÖKO-xxx“ aufgebaut. Das niedersächsische Gericht hatte zu diesem Thema zu entscheiden, da ein Unternehmer auf einer Internet-Plattform Kokosöl unter Nutzung der Bezeichnung „Bio“ angeboten hatte, ohne dabei eine solche Öko-Kontrollnummer anzugeben.

Bio-Lebensmittel brauchen Öko-Kontrollnummern beim Online-VerkaufDafür wurde er von einem Verbraucherschutzverein abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, der er aber nicht nachkam. Woraufhin der Verein den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragte. Die Angabe der Codenummer stelle jedoch eine verpflichtende Information über Lebensmittel dar, so das Celler Gericht in seinem Urteil. Zu dieser gehören aber nicht nur Pflichtinformationen sondern auch solche, die sich aus anderen Rechtsakten ergeben.

Allgemein ist Online-Händlern geläufig, dass diese wenn, sie biologisch/ökologisch gekennzeichnete Erzeugnisse vertreiben möchten, sich einer vorherigen Kontrolle durch eine Kontrollstelle unterziehen, die Zertifizierung abwarten und dann die Öko-Kontrollnummern „ihrer“ Kontrollstelle angeben müssen. Das Gericht erkannte in seinem Urteil, dass die Angabe nur der „eigenen“ Öko-Kontrollnummer nicht hinreichend sei, schließlich würden die meisten Onlineshops ja auch fremde Ökoprodukte vermarkten. Konsequenterweise muss daher immer auch die Kontrollnummer angegeben werden, die für die Kontrolle desjenigen Unternehmers zuständig ist, der die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungs“handlung“ an dem speziellen Lebensmittel vorgenommen hat.

Ganz so kompliziert ist die Angabe der zusätzlichen Kontrollnummern nicht, denn nach Ansicht des OLG Celle müssen diese nicht notwendig in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Angeboten angegeben werden, sondern können auch etwa auf einer verlinkten Seite mit weiteren Produktinformationen enthalten sein. Es kann jedoch vermutlich nicht schaden, die „fremde“ Öko-Kontrollnummer direkt in der Artikelbeschreibung anzugeben.

Letztlich ist allen Onlineshops, die Lebensmittel mit Schlagworten wie „Bio“ oder „Öko“ bewerben anzuraten, zu überprüfen, wie gut sichtbar und deutlich lesbar die Angabe der Kontrollstellen-Nummern ist, das die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung an dem dort beworbenen Lebensmittel vorgenommen hat, tatsächlich ist. Vollständige Transparenz steht nach diesem Urteil klar im Vordergrund.

Urteil des Oberlandesgericht Celle vom 11.9.2018; AZ – 13 W 40/18 –

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Risiken und Nebenwirkungen – Medikamente am Arbeitsplatz

Die Belastungsprofile in der sich verändernden Arbeitswelt ändern sich massiv: Zeit-, Termin-, Leistungs- und Kostendruck sind Taktgeber der Arbeit. Diese gestiegenen Anforderungen machen hohe Anpassungsleistungen von Arbeitnehmern erforderlich. Viele Arbeitstätige bedienen sich daher Hilfsmitteln, die es ihnen erleichtern oder überhaupt erlauben, ihrer Beschäftigung nachzugehen. Die Verschreibung und Einnahme von Psychopharmaka nimmt zu. Aber: Psychopharmaka haben neben den erwünschten Wirkungen auch Nebenwirkungen, die ein sicheres Arbeiten erschweren können. Und selbst die wünschenswerten Effekte „normaler“ Medikamente können in der Realität des modernen Arbeitsplatz eine sichere Arbeitsausführung verhindern, zumindest jedoch beeinträchtigen.

Dieses Problem hat tatsächlich viele Komponenten – so gilt es unter anderem zu erkennen, dass ältere Arbeitnehmer sich oft in Konkurrenz zu jüngeren sehen, und ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen wollen oder müssen. Ein Mittel, das die Leistung erhält oder gar steigert, ist da oft willkommen. Auch geschlechtsspezifisch gibt es Unterschiede: Während Männer eher Alkohol als Hilfsmittel bei Problemen zu Rate ziehen, bevorzugen Frauen die unauffälligere Variante des Medikamentenkonsums vor. Aber da verschieben sich heutzutage die Anteile, auch Männer neigen immer mehr zu Medikamentenmissbrauch am Arbeitsplatz.

Besondere Aufmerksamkeit ist geboten bei Medikamenten, die wegen ihrer beruhigenden und sedierenden Wirkung die Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Konzentration beeinträchtigen sowie das Reaktionsvermögen herabsetzen. Die Folgen sind Müdigkeit, Mattigkeit und verlängerte Reaktionszeiten. Zudem kann es zu Störungen der Grob- und Feinmotorik sowie der Koordination kommen. Und die Informationsaufnahme und -verarbeitung kann erschwert sein, so dass Gefahrensituationen unrealistisch eingeschätzt werden.

Arbeitsplatzprobleme durch Medikamente

Vorgesetzte müssen – auch arbeitsrechtlich – vorsichtig aber nachhaltig auf Probleme mit der Einnahme von Medikamenten ihrer Mitarbeiter eingehen.

Durch die Medikation bedingte psychische Ausnahmezustände, wie Unruhe, Angst- oder Erregung, machen insbesondere für Mitarbeiter mit Kundenkontakt die Bewältigung der Arbeit schwierig, und umgekehrt sind Kunden irritiert, wenn sich Mitarbeiter nicht konform am Arbeitsplatz verhalten. Manche Psychopharmaka machen aggressiv, was zu Konflikten zwischen Kunden und Kollegen und den betroffenen Mitarbeitern führen können.

Nicht bei allen Medikamenten sind die Risiken offensichtlich. Auch manche ärztlich verschriebenen und notwendigen Medikamente für chronisch Kranke sind mit Bedacht zu verwenden. Und ganz gefährlich: Relativ unbedarft werden selbst verordnete Arzneimittel eingenommen. Wer denkt schon bei Appetitzüglern, Hustenmitteln und Augentropfen daran, dass auch manche dieser Präparate Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben können?

Auffällige Verhaltensweisen wie bei einer Alkoholproblematik sind bei Medikamenten oft nur schwer zu beobachten. Kollegen und Führungskräfte bekommen in der Regel erst dann mit, dass etwas nicht stimmt, wenn es zu Auffälligkeiten im Umgang untereinander, zu Leistungseinbußen, zu Störungen des betrieblichen Ablaufs oder zu sonstigen Verletzungen der arbeitsvertraglichen Pflichten kommt. Hat ein Vorgesetzter begründete Zweifel an der Eignung des Mitarbeiters die Tätigkeit körperlich und geistig ausüben zu können, sollte er sich durch einen Eignungsnachweis, den ein Arzt ausstellt, absichern.

Generell gilt bei auffälligem Verhalten am Arbeitsplatz: Je früher die Ansprache erfolgt, desto eher können Verhaltensauffälligkeiten im Leistungs- und Sozialverhalten korrigiert werden. Auch verringert sich die Gefahr einer Leugnung und Verfestigung des Verhaltens. Wichtig dabei: Ein entsprechendes Fürsorgegespräch sollte keinen disziplinarischen Charakter haben. Ändert sich das Verhalten nicht, finden weitere Gespräche statt. Im Zusammenhang mit Suchtmittelmissbrauch gibt es in vielen Unternehmen Betriebsvereinbarungen, in denen – wichtig – mit Zustimmung der Personalvertretung Stufengespräche vereinbart wurden. Den betroffenen Arbeitnehmern sollte allerdings parallel klar und deutlich gesagt werden, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur verhaltensbedingten Kündigung drohen.

Innerbetrieblich bietet sich ein Gespräch mit dem Betriebsarzt und der Sozialberatung an. Beide unterliegen der Schweigepflicht. Extern können Betroffene ihren Hausarzt oder Suchtberatungsstellen konsultieren. Wichtig: Als verantwortlicher Vorgesetzter muss man sich an Fakten halten. Wie bei allen Verhaltensauffälligkeiten gilt es sorgsam Fakten zusammenzutragen, sich nicht von Vermutungen und Gerede („Klatsch und Tratsch am Arbeitsplatz“) beeinflussen zu lassen oder sich dadurch zu einer unbedachten Entscheidung hinreißen zu lassen.

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Unterhaltsansprüche unverheirateter Partner: Ab wann darf gekürzt werden?

Nicht verheiratet gewesen zu sein, kann sehr große Unterschiede beim Unterhalt bedeuten. So verlangte eine Mutter von ihrem Ex-Freund weiterhin Unterhalt für das gemeinsame Kind, obwohl sie bereits mit einem neuen Partner zusammenlebte. Und tatsächlich, das Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt / M. sprach mit seinem Urteil vom Mai 2019 der Mutter Unterhaltsansprüche gegen ihren früheren Partner zu – Ansprüche, die ihr wohl nicht zugestanden hätten, wären die beiden verheiratet gewesen. Zu erwarten gewesen wäre „normalerweise“, dass eine Ehe auf der finanziellen Seite steuerliche Vorteile gegenüber unverheirateten Paaren bedeutet.

Im vorliegenden Fall hatten sich die Eltern bereits vor der Geburt des Kindes getrennt, anschließend übernahm die Mutter die Betreuung. Nach der Elternzeit stieg die Bankangestellte zunächst wieder zu 50 Prozent ins Berufsleben ein, kurz nach dem zweiten Geburtstag ihres Kindes war sie dann wieder in Vollzeit tätig. Während sie vor der Geburt noch 2.800 Euro netto verdient hatte, blieb sie nun aber dahinter zurück, weshalb sie von ihrem fast doppelt so viel verdienenden Ex-Freund Unterhalt für das gemeinsame Kind verlangte. Der hatte zwar nach der Geburt noch Unterhalt gezahlt, diesen aber mit Wiedereinstieg der Mutter ins Berufsleben gekürzt.

Unterhaltsansprüche sind bei unverheirateten Paaren anders als bei verheirateten.Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) hat eine unverheiratete Mutter eines Kindes gegen dessen Vater einen Anspruch auf Unterhalt für die Zeit nach der Geburt und, sofern sie in dieser Zeit betreuungsbedingt zuhause bleibt, für mindestens drei weitere Jahre. Geschiedene Ehegatten haben dabei zeitlich etwa deckungsgleiche Unterhaltsansprüche.

Nun war die Mutter der Ansicht, ihr „Ex“ habe den Unterhalt gar nicht kürzen dürfen, da eben von ihr in den ersten drei Lebensjahren des Kindes überhaupt nicht erwartet werden könne, schon wieder arbeiten zu gehen. Ihre Einkünfte dürften daher nicht voll angerechnet werden. Dem ehemaligen Partner missfiel das, zumal sie zwischenzeitlich einen neuen Partner gefunden hatte, mit dem sie auch zusammenlebte.

Bei der Entscheidung des OLG war das Grundsatz klar: Geht eine Ehe zu Ende und die Ex-Frau sucht sich einen neuen Partner, so kann das ihren Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater gefährden. Denn sofern sie mit dem neuen Partner in einer „verfestigten Lebensgemeinschaft“ lebt, kann eine weitere Zahlungspflicht des Vaters als grob unbillig abgelehnt werden. Für unverheiratete Paare sei dieser Fall aber bis dato nicht geregelt.

Das Gericht verwies denn auch auf die gesetzgeberische Entscheidung, die Regelungen nicht vollends anzugleichen und verzichtete auf eine entsprechende Anwendung. Es stellte klar, dass Einkünfte der Mutter in den ersten drei Jahren nach der Geburt in der Tat nur begrenzt anzurechnen seien, da die Mutter in dieser Zeit nicht zur Arbeit „verpflichtet“ sei. Die Härteregelung für Ehepaare sei gerade nicht auf unverheiratete Paare zu übertragen. Der Gesetzgeber habe die Unterhaltsregelungen schließlich in mehreren Punkten uneinheitlich belassen.

So bekomme etwa eine nicht-verheiratete Mutter keinen Altersvorsorgeunterhalt oder Ausgleich für Nachteile im Erwerbsleben, die durch die zeitweilige Betreuung des Kindes entstünden. Da die nicht-eheliche Mutter somit grundsätzlich schlechter stehe, dürfe dies nicht durch eine Angleichung bei Thema Unterhaltsansprüche noch verstärkt werden.

Urteil des Oberlandesgericht, Frankfurt / M. vom 3.5.2019; AZ – 2 UF 273/17 –

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Trennungsunterhalt gilt auch bei arrangierter Ehe ohne dauerhaftes Zusammenleben

Die Ehe war von den Eltern arrangiert worden, die aus dem indischen Kulturkreis kommen. Die Frau lebte zum diesem Zeitpunkt bei ihren Eltern in Deutschland, der Mann arbeitete als Wertpapierhändler in Paris. An den Wochenenden besuchten die beiden sich nach den Angaben des Gerichts regelmäßig, hatten aber keinen sexuellen Kontakt. Jedoch, Ehe ist Ehe – auch wenn sie von den Eltern arrangiert wurde, so das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einem Urteil vom Juli 2019. Für einen Anspruch auf Trennungsunterhalt komme es nicht darauf an, ob ein Paar wirklich zusammen lebt oder die Ehe auf sonstige Weise „vollzogen“ hat.

Es kam wie es schon fast nahelag: Nach einem Ehejahr trennte sich das Paar, das Scheidungsverfahren war noch anhängig und die Ehefrau verlangte Trennungsunterhalt. Sie hätten schließlich „ein ganz normales Eheleben“ geführt, argumentierte sie. Das zunächst zuständige Amtsgericht wies ihren Antrag jedoch zurück.

Anspruch auf Trennungsunterhalt auch bei arrangierter EheDas OLG sah dies jedoch anders und entschied, dass ein Anspruch auf Trennungsunterhalt weder voraussetzte, „dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammen gelebt haben, noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen oder zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist.“ Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten oder verminderten Rechten gebe es schließlich nach dem Gesetz nicht.

Von einer Verwirkung gingen die Frankfurter Richter ebenfalls nicht aus. Ein Recht wäre dann verwirkt, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände dazukommen, die eine spätere Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gelte nicht für den Anspruch auf Trennungsunterhalt, wobei das Gericht aber auch keine nur kurze Ehedauer erkennen wollte. So spreche das ursprünglich geplante, gemeinsame Leben in Paris klar dagegen.

Darüber hinaus setze der Unterhaltsanspruch auch nicht voraus, dass die beiden sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da ein solcher Anspruch nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er in aller Konsequenz auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten eingeschränkt werden.

Im übrigen ließen die Frankfurter Richter die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu, da ihre Entscheidung von anderer oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main; Beschluss vom 12.7.2019; AZ – 4 UF 123/19 –

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Einsatz von Google-Analytics wie bisher wird risikoreicher

Der nicht datenschutzkonforme Einsatz (nach DSGVO) von Google-Analytics auf Unternehmens-Webseiten ist offenbar weiter verbreitet als man allgemein denkt. Nach dem großen Spektakel im Mai 2018 hätte man denken können, das sei kein Thema mehr. Doch wie Fachleute berichten, werden Aufsichtsbehörden mehrerer Bundesländer mit einer regelrechten Beschwerdeflut konfrontiert. So heißt es, dass ein einzelner Beschwerdeführer für den Raum Hamburg 20.000 Unternehmenswebseiten gelistet hat, die allesamt in unzulässiger Weise Google-Analytics nutzen. Eine noch höhere Anzahl soll bei der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen mit 70.000 beanstandeten Seiten zu Bearbeitung anhängig sein.

Google-Analytics ist nach wie vor das populärste Webanalyse-Tool weltweit. Der kostenlose Dienst von Google kann für seine Nutzer die statistische Auswertung ihrer Seite übernehmen – und dokumentiert unter anderem die Herkunft der Besucher, ihre Verweildauer auf einzelnen Seiten, und Bereiche, in denen der Nutzer am meisten klicken. Und natürlich ist es so möglich, ein umfassendes Benutzerprofil von Besuchern einer Webseite zu erzeugen.

ebseitenbetreiber werden aber vermutlich beim Einsatz von Google-Analytics und anderen Tracking-Tools zukünftig nicht mehr ohne die Abfrage einer vorherigen Einwilligung auskommen können.

Best-Practice-Lösung beim Einsatz von Google-Analytics war bis jetzt die aktive IP-Anonymisierung und die Möglichkeit eines Opt-Outs (Widerspruchsmöglichkeit). Die Datenschutzkonferenz, das Gremium der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, vertrat sogar länger die Auffassung, dass ein datenschutzkonformer Einsatz von Google-Analytics & Co ohne eine vorherige Einwilligung der Webseitenbesucher grundsätzlich nicht möglich ist.

Wenn es um strittige Rechtsfragen zur DSGVO ging, hielten sich jedoch die Behörden bei der Verhängung von Bußgeldern bis dato meist zurück. Das könnte sich jetzt ändern. Durch die Cookie-Entscheidung des EuGH ist auch für die Aufsichtsbehörden in das Thema neuer Schwung gekommen. Nationale Gerichte, wie der Bundesgerichtshof, aber auch Behörden, werden beim Webtracking langfristig nicht gegen des Unionsrechts und dessen Auslegung durch den EuGH entscheiden oder agieren (können).

Die Aufsichtsbehörden werden daher nicht umhin kommen, so das Fachportal „datenschutzbeauftragter-info“als sich mit den genannten Massenbeschwerden in irgendeiner Art und Weise zu befassen. Welche behördlichen Maßnahmen künftig auf Betreiber zukommen werden, lässt sich jedoch nur schwer vorhersagen. Webseitenbetreiber werden aber vermutlich beim Einsatz von Google-Analytics und anderen Tracking-Tools zukünftig nicht mehr ohne die Abfrage einer vorherigen Einwilligung auskommen können. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte wohl besser zeitnah auf ein Opt-In umstellen.

Mietspiegel muss aktuell sein, um Mieterhöhung zu begründen

Ein 20 Jahre alter Mietspiegel ist nicht geeignet, eine Mieterhöhung formell und vor allem wirksam zu begründen. Einsehbarer Grund: Anhand eines solch alten Mietspiegels kann ein Mieter die Berechtigung nicht wirklich beurteilen. Das entschied auch der Bundesgerichtshof mit einem Urteil vom Oktober 2019.

Die Begründung einer Mieterhöhung soll Mietern ermöglichen die inhaltliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu prüfen, um so überflüssige Prozesse zu vermeiden. Dafür ist erforderlich, dass die Begründung Mietern konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhung gibt, damit diese es überprüfen und sich darüber klar werden können, ob sie dem Erhöhungsverlangen zustimmen oder nicht.

Im vorliegenden Fall verlangte der Vermieter von der Mieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Zur Begründung bezog er sich auf den Mietspiegel für die Stadt Magdeburg von 1998. Die Mieterin weigert sich, der verlangten Mieterhöhung zuzustimmen.

Für einen Mietspiegel als Begründung einer Mieterhöhung gilt AktualitätSchon auf den ersten Blick werde deutlich, so das Gericht, dass der Vermieter von falschen Voraussetzungen ausgeht und somit das Erhöhungsverlangen in wesentlichen Punkten unvollständig, unverständlich oder gar widersprüchlich erscheint. Eine solche Erklärung entspräche daher gar einer fehlender Begründung.

Zwar kann der Vermieter auf einen veralteten Mietspiegel Bezug nehmen wenn kein aktueller Mietspiegel vorhanden ist. Dennoch sei das Alter nicht völlig bedeutungslos, auch wenn das Gesetz keine Höchstgrenze festlege, bis zu der Vermieter einen veralteten Mietspiegel heranziehen können. Für eine formelle Bedeutung komme es vor allem darauf an, ob diesem noch ein Informationsgehalt zukomme.

Dies sei bei einem mehr als 20 Jahre alten Mietspiegel ausdrücklich nicht der Fall. Die Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet, unterlägen im Laufe der Zeit einem Wandel. So könne zum Beispiel eine Einrichtung, die einst einer Wohnung einen besonderen Wert verliehen habe, mit der Zeit zu einer Standard-Ausstattung werden. Auch die Bewertung der Lage kann sich durch ökologische, soziale und städtebauliche Situation eines Stadtteils mit der Zeit ändern.

Vermieter würden durch dieses Urteil nicht beeinträchtigt. Denn sie könnten auf andere Begründungen, etwa die Benennung von Vergleichswohnungen, zurückgreifen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2019; AZ – VIII ZR 340/18 –

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Führt die Meldung einer eigenen Datenpanne automatisch zu einer Geldbuße?

Nach der Datenschutz-Grundverordnung sind die für Datenverarbeitung Verantwortlichen (die „Datenschutzbeauftragten“) eines Unternehmens verpflichtet, bei einer wie auch immer zustande kommenden Panne – bei der personenbezogene Daten im Spiel sind – die zuständige Datenschutzbehörde zu informieren. Dabei stellt sich natürlich die Frage, ob die Meldung einer Datenpanne eventuell zu einem Bußgeldverfahren führt – also quasi die Verpflichtung besteht, sich selbst zu belasten. Das ist so einfach nicht der Fall.

Binnen 72 Stunden, nachdem Verantwortliche ein Problem entdeckt haben, sollten die entsprechenden Information übermittelt werden. Viele Datenschutz-Aufsichtsbehörden bieten dazu inzwischen die Möglichkeit über ihre Webseiten entsprechende Datenpannen online zu melden. Es ist also ein eher geringer Aufwand, der aber nicht dazu verleiten sollte, auf eine solche Meldung zu verzichten.

In bestimmten Fällen muss ein Unternehmen die Datenpanne auch den direkt Betroffenen, also etwa den Kunden melden. Voraussetzung ist, dass die Verletzung  zu einem voraussichtlich hohen Risiko für die persönlichen Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führt. Als Firma muss man also eine Prognose treffen, ob ein solcher Fall eintreten wird. Datenpannen mit personenbezogenen Daten müssen gemeldet werden, sonst droht ein Bußgeld.Übrigens: die Benachrichtigung muss unverzüglich erfolgen und zudem in einer klaren und einfachen Sprache übermittelt werden.

Um es klar zu sagen: Versäumte oder verspätete Meldungen stellen einen Verstoß dar und können mit Bußgeld geahndet werden. Sofern von einer Meldung abgesehen wird, weil kein Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zu bestehen scheint, ist dies sorgfältig zu dokumentieren und zu begründen.

Wie muss man als Unternehmer bei einer Datenpanne vorgehen?

Liegt hingegen die Verletzung personenbezogener Daten vor, sind für eine Risikobeurteilung insbesondere folgende Fragen zu stellen:

  • In welcher Form ist eine Datenpanne aufgetreten?
  • Welche Schäden können für die betroffene Person eintreten?
  • Durch welche Handlung und Umstände kann ein solches Schadensereignis eintreten?

So führt beispielsweise der Verlust von Kreditkartendaten durch ein Problem mit dem Server des Betreibers zum Risiko eines Kreditkartenmissbrauchs – und eventuell auch zu einem materiellen Schaden in Form einer unbefugten Kreditkarten-Nutzung.

Wobei nach dem Bundesdatenschutzgesetz einschränkend gilt, dass die Meldung einer Datenpanne in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Meldepflichtigen nur mit dessen Zustimmung verwendet werden darf. Das gilt auch für die Einleitung eines Strafverfahrens. Wer diese Zustimmung also nicht erteilt, braucht somit nicht zu befürchten, dass die Datenschutz-Aufsicht auf Grundlage der eigenen Meldung ein Bußgeld-Verfahren einleitet.

Aber, sollten Dritte die Datenpanne melden – so steht die gegebenenfalls bußgeldbewehrte Frage im Raum, warum die Verantwortlichen diese Panne nicht gemeldet haben.

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Altersteilzeit: Gibt es Urlaubsansprüche auch in der Freistellungsphase?

Schon deutlich vor dem Erreichen des staatlich festgelegten Rentenalters schon aus dem Erwerbsleben auszusteigen, ist für viele Arbeitnehmer ein gerne gehegter Gedanke. Allerdings scheitert die Realisierung oftmals an dem Umstand, dass die Zeit bis zum Renteneintritt finanziell ja auch überbrückt werden muss. Staatliche Förderungen, die ehemals derartige Modelle bezuschussten, gibt es seit dem Jahr 2010 nicht mehr – was ja auch angesichts des Arbeitsmarkt Ende dieses Jahrzehnts kaum nachvollziehbar wäre.

Und doch wird diese Form der Frühverrentung gerne von Arbeitgebern genutzt, die aus wirtschaftlichen Umständen mit der Notwendigkeit von Personalabbau konfrontiert sind. So lässt sich eine sozial verträgliche und in der Belegschaft durchaus gern in Anspruch genommene Anpassungen des Personalbestands erreichen.

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) vom September 2019 erleichtert den Arbeitgebern die Situation noch zusätzlich: Auch in der passiven Freistellungsphase entstehen nämlich keine Urlaubsansprüche.

Urlaubsansprüche in der Freistellung nicht einklagbar!Im konkreten Fall hatte der Arbeitnehmern mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass er ab Dezember 2014 in ein Altersteilzeitverhältnis eintreten soll, das bis zum Ende Juli 2017 andauern sollte. Bis einschließlich März 2016 sollte er weiter in Vollzeit arbeiten, von April 2016 dann bis zur Beendigung freigestellt sein. Für den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit war die Zahlung eines durchgängigen Bruttomonatsgehalts von mehr als 7.000 Euro vorgesehen.

Der Altersteilzeitvertrag sah zudem vor, dass der ab Eintritt in die Freistellungsphase entstehende Urlaubsanspruch durch die erfolgte Freistellung als gewährt gelten sollte. Diese Regelung wollte der Kläger aber im Nachhinein nicht anerkennen lassen und hielt sie für unwirksam. Er war der Meinung, dass auch in den Jahren seiner Freistellung, also 2016 und 2017, Urlaubsansprüche entstehen. Da eine Gewährung nach Beendigung nicht mehr möglich sein, müsse seine Arbeitgeberin die Urlaubsansprüche abgelten. Und so klagte er auf der Basis von 52 Urlaubstagen für 2016 und 2017 auf rund 17.000 Euro brutto.

Arbeitsleistung während der Freistellung gleich Null

Mit seiner Zahlungsklage scheiterte der Teilzeitarbeiter aber sowohl in der ersten wie in der zweiten Instanz. Während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit entstünden keine Urlaubsansprüche, so die Richter. Auch sei die Freistellungsphase als „Teilzeit mit einer Arbeitsleistung von Null“ zu bewerten, da keinerlei Arbeit mehr zu erbringen sei. Folglich entstünden erst gar keine Urlaubsansprüche. Selbst wenn man deren Entstehen annähme, so wären die Ansprüche überdies mit der Freistellungsphase abgegolten.

Der Kläger blieb dennoch hartnäckig und verlangte mit seiner Revision beim Bundesarbeitsgereicht (BAG) nach rechtlicher Prüfung dieser Argumentation. Insbesondere berief er sich dabei auf den formalen Bestand des Arbeitsverhältnisses (sichtbar durch die Zahlung eines regelmäßigen Monatsgehalts). Doch auch das BAG hat die Revision zurückgewiesen und entschieden, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung zustehen. Es begründete dies damit, dass mit letztlich „null“ Arbeitstagen einem Arbeitnehmer für den Zeitraum der Freistellungsphase kein Urlaubsanspruch zustehe. Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit seien, so das BAG, weder nach nationalen Bestimmungen noch nach Maßgabe des EU-Rechts Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben.

Die Entscheidung dürfte Arbeitgeber aufatmen lassen, denn das BAG schafft mit dieser Entscheidung Sicherheit. Sie müssen nicht befürchten, dass ihre in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer nachträglich Urlaubsabgeltungs-Ansprüche geltend machen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.9.2019; AZ – 9 AZR 481/18 –

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Ab Januar 2020 soll „Eltern-Unterhalt“ für pflegebedürftige Eltern möglich sein

Das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ soll erwachsene Kinder, deren Eltern im Heim gepflegt werden, besser stellen. Es ist ja auch kein Geheimnis mehr, dass die Kosten für Aufenthalte in Heimen und die Pflege permanent steigen. Gehälter der Angestellten werden angepasst (sicher ohnehin schon lange nötig), dazu kommt der Unterhalt der Heime, Pflege und Verpflegung der Bewohner. Kurz: Die Rente Einzelner reicht meist nicht für die Heimkosten, denn im Durchschnitt liegt der Eigenanteil für einen Platz in einem Pflegeheim bei rund 1.700 Euro im Monat. Über kurz oder lang werden die Eltern zum Sozialfall und die Kinder müssen einspringen. Das soll der Eltern-Unterhalt abfedern.

Bislang lag das Nettoeinkommen, das ein „Kind“ vor Inanspruchnahme schützte, bei 1.800 Euro netto. Wer nach Abzug unterhaltsrechtlich relevanter Belastungen weniger hatte, musste nichts zahlen, wer mehr hatte, musste davon die Hälfte abgeben. Für Eheleute galt ein gemeinsamer Selbstbehalt von netto 3.240 Euro. Auf ein Jahr gerechnet entspricht das bei einem kinderlosen Single einem Jahres-Brutto von 33.000 Euro – bei Eheleuten etwa 70.000 Euro. Der Eltern-Unterhalt legt nun zugrunde, dass unterhalb von 100.000 Euro eigenem Bruttoeinkommen kein Kind mehr für seine Eltern zahlen soll – jedenfalls nicht aus eigenen Einkommen.

Der Eltern-Unterhalt soll erwachsene Kinder, deren Eltern im Heim gepflegt werden, besser stellen.Im Bereich der „Grundsicherung im Alter“ ist dies schon länger so Praxis und führt etwa dazu, dass Empfänger von Grundsicherung routinemäßig nach den Berufen der Kinder gefragt werden. Daraus leitet dann ein Sachbearbeiter ab, wer wohl keine 100.000 Euro verdient, aber auch, bei wem sich eine nähere Nachfrage lohnen könnte.

Wie bisher gilt aber: Liegen durch diese Angaben Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so darf das Sozialamt dann doch bei den Kindern detaillierte Auskünfte verlangen. Was solche „hinreichenden Anhaltspunkte“ sind, liegt im Ermessen der Ämter. Außerdem können die Ämter im Blick haben, dass eine Unterhaltsleistungsfähigkeit nicht nur aus Einkommen, sondern auch aus Vermögen gezogen werden kann – und dann müssten sie sowieso Auskunft verlangen. Eltern-Unterhalt soll damit also keine generelle Leistung werden, sondern zielt darauf weniger verdienende Kinder bei Pflege ihrer Eltern zu entlasten.

Ob dabei die Vermögens-Schongrenzen Gültigkeit haben, die der BGH kreiert hat ist noch abzuwarten. Generell soll der Familienverband entlastet und die Solidargemeinschaft stärker in die Verantwortung genommen werden. Die bisher bestehenden Strukturen der Einstandspflicht der Kinder sollen weitestgehend aufgebrochen werden. Hintergrund ist, dem gesellschaftlichen Wandel durch eine stärkere Inanspruchnahme des Staates Rechnung zu tragen.

(Stand Oktober 2019)

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