Rechtliche Möglichkeiten bei offensichtlich fehlerhaften Stromrechnungen

Bei Stromrechnungen mit auffällig hohen Beträgen besteht oft die Frage nach der rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung. Ein Urteil vom Oktober 2024 des Landgerichts Lübeck bietet hierzu wichtige Erkenntnisse. In diesem Fall ging es um eine ungewöhnlich hohe Forderung eines Stromanbieters gegenüber einem Gewerbetreibenden, der eine Wohnung für seine Mitarbeiter angemietet hatte. Der Kläger vermutete daher, dass fehlerhafte Stromrechnungen die Ursache seien.

Der Sachverhalt stellte sich folgendermaßen dar: Nach Beendigung des Mietverhältnisses erhielt der Gewerbetreibende eine Stromrechnung in Höhe von 17.948,11 Euro für einen Verbrauchszeitraum von lediglich vier Monaten (Juli bis Oktober). Der hohe Betrag erschien besonders fragwürdig, da die Mitarbeiter die Wohnung bereits Ende Juni verlassen hatten. Zudem führte der Gewerbetreibende an, dass in dem Gebäude vier verschiedene Verbrauchsstellen existierten, jedoch nur zwei Stromzähler installiert waren. Dies erschwerte die eindeutige Zuordnung des Stromverbrauchs.

Bei unklaren Zuständigkeiten oder fehlenden kritischen Daten wie Zählernummern im Übergabeprotokoll verringert sich dessen Wert als Beweismittel erheblich.Der Stromanbieter stützte seine Forderung auf ein Übergabeprotokoll mit dokumentierten Zählerständen. Der Gewerbetreibende erklärte jedoch, dieses Protokoll aufgrund von Sprachproblemen im Vertrauen auf den Vermieter unterschrieben zu haben, ohne den Inhalt vollständig zu verstehen.

Das Landgericht Lübeck entschied zugunsten des Gewerbetreibenden. Nach richterlicher Auffassung konnte der Stromanbieter nicht nachweisen, dass der berechnete Strom tatsächlich in der betreffenden Wohnung verbraucht wurde. Ein entscheidender Aspekt: Der Stromanbieter kam trotz mehrfacher Aufforderung seiner Verpflichtung nicht nach, die für eine Zeugenbefragung des Vermieters notwendigen Auslagen vorzuschießen.

Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung findet sich in der Stromgrundversorgungsverordnung. Diese besagt, dass Stromkunden die Zahlung verweigern dürfen, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers in der Abrechnung besteht. In solchen Fällen trägt der Stromanbieter die Beweislast – er muss nachweisen, dass die berechnete Strommenge tatsächlich vom Kunden verbraucht wurde.

Für die Beweisführung reicht ein Übergabeprotokoll mit dokumentierten Zählerständen allein nicht aus, wenn begründete Zweifel an der korrekten Zuordnung des Verbrauchs bestehen. Dies gilt besonders bei mehreren Verbrauchsstellen mit unklarer Zählerzuordnung. Zudem unterliegt die Beweiskraft eines Übergabeprotokolls bestimmten Voraussetzungen. Beide Parteien müssen das Dokument unterschreiben, und bei ungewöhnlich hohen Verbrauchswerten muss der Anbieter zusätzliche Nachweise erbringen.

Bei unklaren Zuständigkeiten oder fehlenden kritischen Daten wie Zählernummern im Übergabeprotokoll verringert sich dessen Wert als Beweismittel erheblich. Stromkunden sollten daher bei Erhalt auffällig hoher Rechnungen zunächst prüfen, ob die berechneten Verbrauchswerte plausibel erscheinen und ob die Zählerstände korrekt zugeordnet wurden. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine rechtliche Beratung, um die Erfolgsaussichten einer Zahlungsverweigerung für fehlerhafte Stromrechnungen einschätzen zu lassen.

Urteil des Landgericht Lübeck vom 17.10.2024; AZ – 5 O 125/23 –

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Mietminderung bei Baulärm: Pauschale Minderungsquote für gesamte Bauphase zulässig

Ein Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte vom Februar 2024 stärkt die Position von Mietern, die unter lärmintensiven Bauarbeiten leiden. Das Gericht hat entschieden, dass eine einheitliche Mietminderung bei Baulärm über den gesamten Zeitraum von Bauarbeiten angewendet werden kann. Diese Entscheidung bietet Mietern mehr Planungssicherheit und reduziert komplizierte Einzelfallberechnungen.

Der Fall begann im Dezember 2019, als das Amtsgericht Berlin-Mitte feststellte, dass die betroffenen Mieter aufgrund von lärmintensiven Bauarbeiten auf einem Nachbargrundstück berechtigt waren, ihre Miete pauschal um 20 Prozent zu mindern. Diese Minderung sollte bis zum Abschluss der Bauarbeiten gelten. Das Gericht erläuterte seine Entscheidung damit, dass zu Beginn der Arbeiten eine höhere Minderungsquote von 50 Prozent angemessen gewesen wäre, die jedoch im Laufe der Baumaßnahmen sukzessive auf null sinken würde. Aus praktischen Erwägungen wurde daher eine einheitliche Pauschale festgelegt.

Die Situation entwickelte sich weiter, als die Vermieterin ab Dezember 2020 wieder die volle Mietzahlung forderte. Sie behauptete, dass keine lärmintensiven Arbeiten mehr stattfänden. Die Mieter widersprachen dieser Darstellung und beriefen sich auf fortlaufende Bauaktivitäten. Sie beharrten darauf, dass ihr Minderungsrecht weiterhin bestand und zahlten entsprechend weiterhin nur 80 Prozent der vereinbarten Miete.

Das Gericht stellte klar, dass der Vermieter die Beweislast trägt, wenn er behauptet, dass die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten nicht mehr bestehen.In der erneuten gerichtlichen Auseinandersetzung entschied das Amtsgericht Berlin-Mitte zugunsten der Mieter. Das Gericht bestätigte, dass die Festsetzung einer einheitlichen Minderungsquote für den gesamten Bauzeitraum rechtmäßig ist. Dies bedeutet erhebliche Erleichterungen für Mieter, da nicht für jeden Monat oder jede Phase der Bauarbeiten separate Minderungsquoten berechnet werden müssen.

Besonders bemerkenswert ist die Entscheidung bezüglich der Beweislast. Das Gericht stellte klar, dass der Vermieter die Beweislast trägt, wenn er behauptet, dass die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten nicht mehr bestehen. Im vorliegenden Fall konnte die Vermieterin nicht nachweisen, dass seit Dezember 2020 keine minderungsrelevanten Immissionen mehr auf die Wohnung einwirkten. Folglich durften die Mieter ihre Miete weiterhin um die festgelegten 20 Prozent reduzieren.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass einmal gerichtlich festgestellte Minderungsrechte fortbestehen, bis der Vermieter eindeutig nachweisen kann, dass die Beeinträchtigungen vollständig weggefallen sind. Dies bietet Mietern Planungssicherheit in langwierigen Bauphasen und reduziert den Dokumentationsaufwand bezüglich der Lärmbelästigung.

In Ballungsgebieten mit anhaltender Bautätigkeit trägt die Entscheidung zur Klärung der Rechtslage bei und erleichtert die Handhabung von Minderungsansprüchen. Mieter werden von der täglichen Protokollführung oder der regelmäßigen Neuverhandlung von Minderungsquoten entlastet, um eine Mietminderung bei Baulärm zu erzielen. Parallel dazu obliegt es den Vermietern, das Ende der Beeinträchtigungen konkret nachzuweisen, bevor sie die volle Mietzahlung einfordern können.

Urteil des Amtsgericht Berlin-Mitte vom 1.2.2024; AZ – 104 C 33/23 –

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Mietvertragsende nach Trennung ohne Zustimmung zur Kündigung

Das Urteil des Amtsgerichts Bad Segeberg vom Mai 2024 stärkt die Position ausgezogener Mieter bei der Beendigung gemeinsamer Mietverhältnisse nach einer Trennung. Die Entscheidung zeigt Möglichkeiten für ein Mietvertragsende auch ohne formelle Kündigung auf.

Die grundlegende Situation erschien zunächst rechtlich schwierig: Eine Mieterin verließ nach der Trennung im September 2020 die gemeinsam angemietete Wohnung in Schleswig-Holstein. Der ehemalige Partner verblieb nicht nur in der Wohnung, sondern ergriff auch Maßnahmen, die seiner Ex-Partnerin den Zugang unmöglich machten – er tauschte die Schlösser aus. Die ausdrückliche Bitte der ausgezogenen Mieterin um Zustimmung zum Mietvertragsende durch Kündigung lehnte er kategorisch ab.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass ein Mietvertragsende nicht ausschließlich durch formelle Kündigung erfolgen muss. Die rechtliche Auseinandersetzung entwickelte sich, als die Vermieterin von der ausgezogenen Mieterin rückständige Mietzahlungen für die Jahre 2022 und 2023 einforderte. Das Gericht fällte eine grundlegende Entscheidung zum Mietvertragsende: Nach Auffassung der Richter endete das Mietverhältnis mit der ausgezogenen Mieterin aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben.

Maßgeblich für diese Entscheidung zum Mietvertragsende war das Verhalten des in der Wohnung verbliebenen Partners: Die Kombination aus verweigerter Zustimmung zur Kündigung und der vollständigen Zugangsverwehrung durch den Austausch der Schlösser wertete das Gericht als treuwidrig. Diese Handlungen ließen der ausgezogenen Mieterin faktisch keine Möglichkeit mehr, ein reguläres Mietvertragsende herbeizuführen.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass ein Mietvertragsende nicht ausschließlich durch formelle Kündigung erfolgen muss. Die Richter berücksichtigten die Gesamtumstände des Einzelfalls. Ein treuwidriges Verhalten, das dem anderen Partner jede Möglichkeit zur Beendigung des Mietverhältnisses nimmt, kann zum rechtlichen Mietvertragsende führen. Die ausgezogene Mieterin wurde folglich von der Pflicht zur Zahlung rückständiger Miete befreit.

Diese Rechtsprechung schafft Klarheit für getrennte Paare in gemeinsamen Mietverhältnissen. Sie verhindert Situationen, in denen ein Partner durch Verweigerungshaltung den anderen dauerhaft an vertragliche Verpflichtungen binden kann.

Urteil des Amtsgericht Bad Segeberg vom 23.05.2024; AZ – 17b C 66/23 –

Foto: Paula

Datenschutzrechtliche Grenzen bei Immobilienfotos: LG Frankenthal stärkt Mieterrechte

Eine Entscheidung des Landgerichts Frankenthal vom Juni 2024 beleuchtet die datenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Erstellung von Immobilien-Exposés. Der Fall eines Ehepaars aus dem Rhein-Pfalz-Kreis zeigt die Komplexität der rechtlichen Bewertung von Wohnraum- bzw. Immobilienfotos im Spannungsfeld zwischen Vermarktungsinteressen und Privatsphäre. Das Gericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass Aufnahmen bewohnter Räumlichkeiten als personenbezogene Daten einzustufen sind. Diese Klassifizierung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Einrichtung und Gestaltung der Wohnräume Rückschlüsse auf die Persönlichkeit, Lebensgewohnheiten und wirtschaftliche Situation der Bewohner ermöglichen.

Im konkreten Fall hatte ein Maklerbüro Innenaufnahmen einer vermieteten Doppelhaushälfte angefertigt und diese in einem Online-Exposé auf verschiedenen Immobilienportalen veröffentlicht. Die betroffenen Mieter fühlten sich durch die öffentliche Zurschaustellung ihrer privaten Räume in ihrer Intimsphäre verletzt. Nach Bekanntwerden der Veröffentlichung entwickelten sie ein Gefühl des Beobachtetseins und der Demaskierung ihrer Privatsphäre. Das Gericht betonte in seiner Entscheidung die grundsätzliche Notwendigkeit einer Einwilligung der Bewohner für die Anfertigung und Veröffentlichung solcher Immobilienfotos. Diese Einwilligung muss jedoch nicht zwingend schriftlich erfolgen. Eine konkludente, also durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebrachte Zustimmung kann bereits ausreichend sein.

Immobilienfotos im Spannungsfeld zwischen Vermarktungsinteressen und PrivatsphäreIm vorliegenden Fall wertete das Gericht das Verhalten der Mieter als stillschweigende Einwilligung, da sie den Fotografen wissentlich Zugang zu ihrer Wohnung gewährt hatten. Den Mietern musste nach Auffassung des Gerichts klar gewesen sein, dass die Immobilienfotos für Vermarktungszwecke bestimmt waren und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden würden. Allerdings stellte das Gericht auch einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten fest. Der Makler hatte es versäumt, die Mieter über ihr jederzeitiges Widerrufsrecht bezüglich der erteilten Einwilligung aufzuklären. Dieser Mangel führte jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung.

Die Schadensersatzklage der Mieter wurde letztlich abgewiesen, da sie keinen konkreten immateriellen Schaden nachweisen konnten. Das Urteil ist rechtskräftig und gibt wichtige Orientierung für die Immobilienbranche im Umgang mit Wohnraumfotos.

Landgericht Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 04.06.2024; –  3 O 300/23  –

Foto: Tom Bayer

Dürfen Vermieter die Telefonnummer von Mietern an Handwerker weitergeben?

Die Weitergabe der Telefonnummer eines Mieters durch den Vermieter an Handwerker wirft verschiedene datenschutzrechtliche Fragen auf. Laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind Telefonnummern als  personenbezogene Daten zu verstehen und unterliegen daher strengen Regelungen. Grundsätzlich ist die Verarbeitung solcher Daten verboten, es sei denn, es liegt eine gesetzliche Erlaubnis oder eine ausdrückliche Einwilligung vor.

Die Übermittlung der Telefonnummer des Mieters an einen Handwerker stellt eine Datenverarbeitung dar. Nach den Grundsätzen der DSGVO muss diese Verarbeitung transparent und rechtmäßig erfolgen. Der Vermieter ist verpflichtet, den Mieter darüber zu informieren, dass seine Telefonnummer weitergegeben wird. Zudem darf nur die für den Zweck notwendige Information weitergegeben werden, also in diesem Fall ausschließlich die Telefonnummer, nicht jedoch zusätzliche Daten wie E-Mail-Adresse oder Kontoverbindung.

Eine Einwilligung des Mieters muss freiwillig und nachweisbar sein. Problematisch wird es, wenn der Mieter sich gezwungen fühlt, seine Einwilligung zu erteilen, weil sonst notwendige Reparaturen nicht durchgeführt werden könnten. Eine erzwungene Einwilligung gilt jedoch nicht als freiwillig und ist daher unwirksam. Darf man dem Handwerker von Vermieterseite einfach eine Telefonnummer des Miters geben?

Falls der Vermieter die Telefonnummer ohne die erforderliche Einwilligung weitergibt, können rechtliche Konsequenzen folgen. Mögliche Folgen sind Schadenersatzansprüche seitens des Mieters – sollte es gar zu irgenwelchen Belästigungen durch den Handwerker kommen – bis hin zu Bußgeldern. Dies gilt dann unabhängig davon, ob ein tatsächlicher Schaden entstanden ist oder nicht.

Auch wenn der Mieter seine Einwilligung zur Weitergabe gegeben hat, bleibt diese rechtlich an den Zweck gebunden, für den sie erteilt wurde. Der Vermieter darf die Telefonnummer nicht beliebig oft weitergeben. Der Mieter hat zudem das Recht, seine Einwilligung jederzeit zu widerrufen, wodurch die Weitergabe ab diesem Zeitpunkt unzulässig wäre.

Alternativ zur Einwilligung kann die Weitergabe der Telefonnummer auch rechtmäßig sein, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung notwendig ist. Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache in einem gebrauchsfähigen Zustand zu halten, wozu auch die Beauftragung von Handwerkern gehört. Jedoch muss hier ebenfalls eine sorgfältige Abwägung erfolgen, ob die Weitergabe der Telefonnummer tatsächlich notwendig war.

Schließlich kann auch ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Weitergabe der Telefonnummer bestehen. Dies setzt jedoch eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters voraus. Die Weitergabe darf nicht automatisch erfolgen, sondern muss im Einzelfall gerechtfertigt sein. Zudem muss der Mieter über sein Widerspruchsrecht informiert werden.

Foto: Wellnhofer Designs

Grenzen für Vorauszahlungsanpassung müssen von Vermietern beachtet werden

Beim Mietrecht sind die Regelungen zu den Betriebskostenvorauszahlungen von zentraler Bedeutung und führen immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Betriebskostenvorauszahlungen – umgangssprachlich oft auch als Nebenkosten bezeichnet – ermöglichen es dem Vermieter, von den Mietern Vorauszahlungen für die zu erwartenden Nebenkosten zu verlangen. Doch wie oft im Laufe eines Abrechnungsjahres dürfen diese angepasst werden? Eine Entscheidung des Amtsgerichts Köln vom Dezember 2023 wirft Licht auf die Frage, was bei einer Vorauszahlungsanpassung erlaubt ist.

Die zentrale Fragestellung in dem verhandelten Fall bezog sich auf die Möglichkeit der mehrfachen Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen durch den Vermieter. Laut gesetzlicher Regelung ist eine solche Anpassung grundsätzlich einmal pro Abrechnungsperiode zulässig. Der Hintergrund dieser Regelung ist, dass sowohl Vermieter als auch Mieter ein Interesse an einer möglichst genauen Abrechnung der tatsächlich entstandenen Betriebskosten haben. Eine Anpassung der Vorauszahlungen kann im Allgemeinen erforderlich werden, wenn sich abzeichnet, dass die tatsächlichen Kosten höher oder niedriger ausfallen als zunächst angenommen.

Spielregeln für Betriebskostenvorauszahlungen und eine Vorauszahlungsanpassung. Der spezifische Fall vor dem Amtsgericht Köln drehte sich um eine Vermieterin, die nach einer ersten Anpassung der Vorauszahlungen für Heiz- und Betriebskosten eine weitere Erhöhung vornahm. Sie begründete diesen Schritt mit signifikant gestiegenen Energiepreisen, die sie auf den Ukrainekrieg zurückführte. Die Mieterin hingegen sah in der erneuten Erhöhung hingegen einen unrechtmäßigen Vorgang und zog vor Gericht.

Das Gericht urteilte, dass eine zweite Anpassung der Vorauszahlungen innerhalb derselben Abrechnungsperiode tatsächlich  auch in einem solchen „Ausnahmefall“ nicht zulässig ist. In seiner Begründung verwies es darauf, dass die erste Anpassung zu einem Zeitpunkt vorgenommen wurde, zu dem die gestiegenen Energiepreise bereits bekannt waren. So konnte denn auch die Vermieterin nicht schlüssig nachweisen, dass sich die Umstände in einer Weise verändert hatten, die eine erneute Anpassung rechtfertigen würde.

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und vorausschauenden Handhabung von Betriebskostenvorauszahlungen. Vorauszahlungsanpassungen unterliegen strengen Regelungen. Für Vermieter bedeutet es, dass sie die Entwicklung der Betriebskosten wirklich ganz genau im Auge behalten sollten und Anpassungen der Vorauszahlungen wohlüberlegt und im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben vornehmen müssen. Für Mieter wiederum bekräftigt es die Gewissheit, dass sie vor unerwarteten und mehrfachen Erhöhungen der Vorauszahlungen innerhalb eines Abrechnungszeitraums geschützt sind.

Amtsgericht Köln, Urteil vom 11.12.2023; AZ – 203 C 73/23 –

Foto: laddawan

BGH-Urteil zur Untervermietung bei beruflich genutzten Zweitwohnungen

In einer dynamischen (Arbeit-)Welt, in der berufliche und private Lebensumstände sich schnell ändern können, stellt die Flexibilität in der Wohnsituation eine wesentliche Komponente dar. Insbesondere für Berufstätige, die aus praktischen Gründen eine Zweitwohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes unterhalten, kann die Möglichkeit, einen Teil dieser Wohnung unterzuvermieten, von großer Bedeutung sein. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich die familiären oder beruflichen Umstände so verändern, dass solche Zweitwohnungen zwar weiterhin benötigt werden, aber nicht mehr in dem Umfang wie zuvor.

Flexibilität bei beruflich genutzten Zweitwohnungen. BGH urteilt dazu.Ein vom Bundesgerichtshof im September 2023 gefälltes Urteil unterstreicht die Bedeutung dieser Flexibilität. Es besagt, dass ein Mieter, der eine Wohnung aus beruflichen Gründen als Nebenwohnung nutzt, unter bestimmten Umständen das Recht hat, Teile dieser Wohnung unterzuvermieten, auch wenn die Wohnung nicht mehr als Hauptwohnsitz dient.

Die Argumentation der Richter am BGH basiert auf dem Verständnis, dass die Erhaltung einer Wohnung, an der ein Mieter festhalten möchte, nicht zwangsläufig bedeutet, dass diese auch als Hauptwohnsitz dient. Vielmehr wird anerkannt, dass berufliche Verpflichtungen eine doppelte Haushaltsführung erforderlich machen können – und dass die Möglichkeit, einen Teil der Wohnung unterzuvermieten, dazu beitragen kann, diese aufrechtzuerhalten. Ganz im Einklang mit dem modernen Verständnis von Mobilität und Flexibilität im Berufsleben.

Wichtig ist dabei, dass der Mieter nicht den gesamten Wohnraum aufgeben muss, um einen Teil davon untervermieten zu können. Es genügt, wenn der Mieter beispielsweise ein Zimmer der Wohnung für sich behält. Das Gericht stellt klar, dass die Untervermietung bei Zweitwohnungen ein anerkanntes Recht des Mieters darstellt, welches nicht durch eine zu enge Auslegung des Gesetzes eingeschränkt werden sollte.

Zudem wurde betont, dass die Interessen des Vermieters durch andere Bestimmungen geschützt sind, etwa durch die Möglichkeit, die Untervermietung abzulehnen, wenn berechtigte Gründe vorliegen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bietet somit eine wichtige Orientierung für Mieter und Vermieter gleichermaßen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.9.2023; AZ – VIII ZR 88/22 

Foto:  Bruno Daniel

Tierhaltung in Mietwohnungen: Konkrete Entscheidungsgründe für Verbot nötig

In einem Urteil des Landgerichts Berlin vom Dezember 2022 wurde ein Fall behandelt, der für viele Mieter und Vermieter von Interesse sein dürfte: Es ging um die Frage, ob Mieter für die Haltung eines Hundes in ihrer Wohnung die Zustimmung des Vermieters benötigen. In diesem speziellen Fall hatten die Mieter, trotz der Verweigerung durch ihre Vermieterin, einen Hund in ihrer Wohnung gehalten und daraufhin rechtliche Schritte eingeleitet, um feststellen zu lassen, dass sie für die Tierhaltung keine Zustimmung benötigen.

Das Richter kamen zu dem Schluss, dass die Klausel im Mietvertrag, die eine Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung vorsah, die Mieter unangemessen benachteiligte und daher unwirksam war. Die Entscheidung beruhte auf der Erkenntnis, dass eine solche Klausel den Mietern kein nachvollziehbares Kriterium für die Zustimmung zur Tierhaltung bietet und somit in das freie Ermessen des Vermieters gestellt wird. Dies steht im Widerspruch zu den Grundsätzen von Treu und Glauben, die eine faire und nachprüfbare Entscheidungsfindung erfordern. Die Entscheidung über die Tierhaltungmuss auf einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten beruhen.

Das Gericht betonte weiterhin, dass die Entscheidung über die Tierhaltung auf einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten beruhen muss. Hierbei sind sowohl die Bedürfnisse und die Lebensumstände der Mieter als auch potenzielle Störungen und Beeinträchtigungen für die Nachbarn und den Vermieter zu berücksichtigen. In dem verhandelten Fall wurden die individuellen Umstände der Mieter, wie die Möglichkeit zur Betreuung des Hundes und ihre Erfahrungen mit der Tierhaltung, als ausreichend angesehen, um die Haltung des Hundes zu rechtfertigen.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Pauschalverbote zur Tierhaltung in Mietverträgen nicht haltbar sind und dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss. Mieter und Vermieter sind gleichermaßen angehalten, im Dialog eine einvernehmliche Lösung zu finden, die den Interessen beider Seiten gerecht wird. Dabei ist es wichtig, dass Vermieter bei der Formulierung von Vertragsklauseln zur Tierhaltung klare und nachprüfbare Kriterien anlegen, die eine gerechte Entscheidungsfindung ermöglichen.

Für Mieter und Vermieter ergibt damit die Notwendigkeit, sich eingehend mit den Bedingungen und der praktischen Umsetzung von Tierhaltung in Mietwohnungen auseinanderzusetzen. Sie sollten sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein, um Konflikte zu vermeiden und eine für beide Seiten angemessene Lösung zu finden.

Urteil des Landgericht Berlin vom 7.12.2022; AZ – 64 S 151/22 –

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Kurzfristiges Abstellen von Gegenständen im Hausflur rechtfertigt keine Kündigung

In der Rechtspraxis ergeben sich häufig Situationen, die sowohl für Mieter als auch Vermieter durchaus sehr unterschiedlich bewertet werden. Ein solcher Fall wurde kürzlich vom Amtsgericht Berlin-Neukölln behandelt, bei dem es um die Frage ging, ob das kurzfristige Abstellen von Gegenständen im Hausflur eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann.

Im August 2021 erhielt eine Mieterin in Berlin eine fristlose, und zusätzlich eine ordentliche Kündigung. Auslöser hierfür war das wiederholte, kurzzeitige Abstellen einer Mülltüte vor ihrer Wohnungstür sowie das gelegentliche Parken eines Kinderwagens durch eine Besucherin im Flurbereich. Die Mieterin lehnte die Kündigung ab, woraufhin die Vermieter eine Räumungsklage einreichten.

Abstellen von Gegenständen im Hausflur rechtfertigt keine Kündigung.Das Amtsgericht Berlin-Neukölln fällte im Juni 2023 ein Urteil, das ganz im Sinne der Mieter ist. Es ging ja im Grunde um sehr alltägliche Situationen, die die „Überreaktion“ des Vermieters wirklich in Frage stellt. Das Gereicht stellte klar, dass das kurzfristige Abstellen von Gegenständen wie Mülltüten oder Kinderwagen, sofern es die Nutzung des Hausflurs durch andere Mieter nicht wesentlich beeinträchtigt, keinen hinreichenden Grund für eine fristlose und auch keine ordentliche Kündigung darstellt.

Diese Entscheidung berücksichtigt die im Mietrecht allgegenwärtige Notwendigkeit, einen Ausgleich zwischen den Rechten der Mieter und den Interessen der Vermieter zu finden. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, dass die Handlungen der Mieterin nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung oder Gefährdung der Hausgemeinschaft führten. Das Gericht wog hierbei die Interessen beider Parteien ab und kam zu dem Schluss, dass die vorübergehende Nutzung des Flurbereichs für derartige Zwecke im Rahmen des Zumutbaren liegt.

Dieses Urteil verdeutlicht, dass nicht jede geringfügige Abweichung von den vertraglichen Pflichten automatisch zu drastischen Maßnahmen wie einer Kündigung führen muss..

Amtsgericht Berlin-Neukölln, Urteil vom 1.6.2023; AZ – 10 C 121/22 –

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Einheit von Mietverträgen bei Wohnung und Garage

In einem Fall vom Mai 2023 stand die Frage im Raum, ob Mietverträge für eine Wohnung und eine Garage, die sich auf demselben Grundstück befinden, als separate Einheiten betrachtet werden können, auch wenn sie zeitgleich abgeschlossen wurden.

Die Klägerin, eine Vermieterin, hatte mit ihren Mietern zwei Verträge abgeschlossen: Einen für die Wohnung und einen weiteren für eine Garage auf dem gleichen Grundstück. Nach einiger Zeit entschied sich die Vermieterin, lediglich den Vertrag bezüglich der Garage zu kündigen und forderte die Mieter zur Rückgabe auf. Diese verweigerten sich jedoch, mit dem Argument, dass die Verträge für Wohnung und Garage eine untrennbare Einheit bildeten.

Die Vermieterin argumentierte vor dem Amtsgereicht Hanau, dass es sich um zwei separate Mietverträge handle, was sich aus der Nutzung zweier unterschiedlicher Vertragsformulare und der getrennten Zahlung der Mieten ableiten ließe. Zudem wurde im Garagenmietvertrag festgehalten, dass dieser unabhängig von einem möglicherweise gleichzeitig bestehenden Wohnraummietvertrag sei. Mietrecht-Urteil: Einheit von Wohnung und Garage sind anzunehmen.

Das Gericht entschied dessen ungeachtet gegen die Klägerin. Trotz der Verwendung zweier Vertragsformulare und der separaten Mietzahlungen wurde ein einheitliches Mietverhältnis für beide Objekte anerkannt. Die Mieter hatten offensichtlich die Absicht, sowohl die Wohnung als auch die Garage gemeinsam zu mieten, und es erschien praxisfern, so das Gericht, anzunehmen, dass sie die Garage nicht so lange nutzen möchten, wie sie auch in der Wohnung leben. Ein entscheidender Punkt war zudem, dass der Bundesgerichtshof eine untrennbare Verbindung der Mietverträge annimmt, wenn sich Wohnung und Garage auf demselben Grundstück befinden.

Auch wenn im Garagenmietvertrag anderslautende Regelungen getroffen wurden, standen diese nicht im Vordergrund, da es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handele, die typischerweise von der Vermieterseite gestellt werden. Solche Bedingungen könnten nicht dazu genutzt werden, um zusammengehörige Mietverträge einseitig zu trennen und separat zu kündigen. Auch die separate Zahlung der Mieten, die auf Wunsch der Vermieterin erfolgte, ändere nichts an diesem Urteil.

Amtsgericht Hanau, Urteil vom 5.5.2023; AZ – 32 C 172/22 (12) –

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