Errichtung von E-Ladesäulen: Grundstückseigentümer sind zur Duldung verpflichtet

Die fortschreitende Elektromobilität verändert zunehmend das Erscheinungsbild deutscher Straßen. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom Oktober 2022 stärkt den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur. Der Fall betrifft einen Hauseigentümer, der sich gegen die Installation von E-Ladesäulen vor seinem Grundstück wehrte.

Die richterliche Entscheidung macht deutlich, dass Grundstückseigentümer die Errichtung von Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum grundsätzlich akzeptieren müssen. Dies gilt auch dann, wenn sich das betroffene Grundstück in einem reinen Wohngebiet befindet. Die Richter bewerteten die mit der Nutzung von E-Ladesäulen einhergehenden Beeinträchtigungen als sozialadäquat und damit zumutbar.

Besonders bemerkenswert ist die Einschätzung des Gerichts zu den nächtlichen Nutzungszeiten. Die Argumentation des Eigentümers, der sich gegen Lärmbelästigungen durch nächtliches Ein- und Aussteigen, Türenschlagen sowie Gespräche der Fahrzeugnutzer wandte, überzeugte nicht. Das Gericht stellte klar: Selbst in reinen Wohngebieten besteht kein Anspruch auf vollständige nächtliche Ruhe.

E-Ladesäulen müssen auch vor dem eigenen Haus und in einem Wohnrevier akzeptiert werden.Diese Rechtsprechung berücksichtigt die gesellschaftliche Bedeutung der Elektromobilität. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur stellt einen wesentlichen Baustein für den Erfolg der Verkehrswende dar. Gleichzeitig wirft die Entscheidung ein Schlaglicht auf die Herausforderungen beim Infrastrukturausbau. Neben Lärmaspekten durch Kühlungsprozesse während der Ladevorgänge ergeben sich auch Fragen zur Parkraumsituation. E-Ladesäulen vor dem eigenen Haus sind damit ganz klar hinzunehmen.

Die Entwicklung zeigt: Die Integration von Ladeinfrastruktur in bestehende Wohngebiete erfordert einen ausgewogenen Interessenausgleich. Die Gerichte orientieren sich dabei an der Straßenverkehrsordnung, die das Parken von Elektrofahrzeugen im öffentlichen Raum ausdrücklich ermöglicht. Diese rechtliche Einordnung verdeutlicht den Vorrang des Gemeingebrauchs vor individuellen Belangen einzelner Anwohner.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts folgt damit einem bundesweiten Trend zur Förderung nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Gerade in dicht besiedelten urbanen Räumen entstehen dadurch neue Anforderungen an die Gestaltung des öffentlichen Raums. Kommunen stehen vor der Aufgabe, die steigende Nachfrage nach Ladeinfrastruktur mit den Bedürfnissen der Anwohner in Einklang zu bringen.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.10.2022; AZ – OVG 1 S 28/22 –

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Pro Klimaschutz: Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich erlaubt

Die Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen zur Deckung des privaten Energieverbrauchs im Außenbereich wird als privilegiertes Vorhaben anerkannt. Eine Entscheidung des Koblenzer Oberveraltungsgerichts vom April 2024 betont die Förderung der Windenergie als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Nutzung erneuerbarer Energien.

Im konkreten Fall beantragten Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids für vier Kleinwind-Energieanlagen mit einer Höhe von 6,5 Metern auf ihrem Grundstück im Außenbereich. Der Landkreis Altenkirchen lehnte diesen Antrag ab, da die Anlagen nicht der öffentlichen Energieversorgung dienen würden und öffentliche Belange dem Vorhaben entgegenstünden. Die Kläger erhoben daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht, das den Landkreis zur Erteilung des Bauvorbescheids verpflichtete. In der Berufung bestätigte das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Private Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass die Errichtung und der Betrieb der Kleinwind-Energieanlagen ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des Baugesetzbuchs darstellt. Die Privilegierung beziehe sich auf die Nutzung der Windenergie, unabhängig davon, ob der erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist oder für den privaten Verbrauch genutzt wird. Diese Auslegung unterstützt den umwelt- und ressourcenschonenden Ansatz der gesetzlichen Regelung und trägt zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien bei.

Die Argumentation des Landkreises, die Privilegierung solle nur für Windenergieanlagen gelten, die der öffentlichen Versorgung dienen, wurde vom Gericht als unbegründet zurückgewiesen. Auch aus der Entstehungsgeschichte der entsprechenden Gesetzesvorschrift ergaben sich keine Hinweise auf ein solches Erfordernis. Vielmehr unterstreicht die Norm die Bedeutung einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien, zu der auch privat genutzte Kleinwind-Energieanlagen beitragen können.

Bedenken des Landkreises hinsichtlich eines möglichen Wildwuchses von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich wurden ebenfalls entkräftet. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen die Errichtung solcher Anlagen im Außenbereich nur dann sinnvoll, wenn der erzeugte Strom vor Ort verbraucht wird oder eine Netzeinspeisung wirtschaftlich tragfähig ist. Da dies in den meisten Fällen nicht gegeben ist, bleibt das Risiko eines übermäßigen Ausbaus gering.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von Kleinwind-Energieanlagen im Außenbereich erfüllt sind, wenn sie der privaten Energieversorgung dienen und keine anderen Belange entgegenstehen. Dies trägt zur Förderung erneuerbarer Energien und zum Klimaschutz bei, indem es die Nutzung von Windenergie auch für private Zwecke ermöglicht.

Oberverwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 4.4.2024; –  1 A 10247/23.OVG –

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Steuerauswirkungen bei Verkauf der Familien-Immobilie nach einer Scheidung

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom Februar 2023 könnte für geschiedene Paare, die gemeinsam eine Immobilie besitzen, als sehr elementar herausstellen. In diesem Fall entschied der BFH, dass der Verkauf eines Miteigentumsanteils an der gemeinsamen Immobilie nach der Scheidung an den früheren Ehepartner als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig sein kann.

Die Situation, die zu dieser Entscheidung führte, war folgende: Ein Paar kaufte 2008 ein Einfamilienhaus und lebte dort mit ihrem gemeinsamen Kind. Als die Ehe 2015 in eine Krise geriet, zog der Ehemann aus. Die Ehefrau und das gemeinsame Kind blieben in der Immobilie. Nach der Scheidung stritten die beiden über die Immobilie, es drohte eine Zwangsversteigerung – und der Ehemann verkaufte schließlich 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Das Finanzamt stufte den Gewinn aus dem Verkauf als steuerpflichtig ein, und das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Verkauf der Familien-Immobilie nach einer ScheidungDas Urteil des BFH bestätigte diese Entscheidung. Die Richter stellten fest, dass ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, wenn eine Immobilie innerhalb von 10 Jahren gekauft und wieder verkauft wird. Dies gilt auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen verkauft wird. Die Veräußerung einer Immobilie ist in der Regel nicht steuerpflichtig, wenn sie durchgehend zwischen dem Kauf und dem Verkauf oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. In diesem Fall aber zog der Ehemann aus, und nur die geschiedene Ehefrau und das gemeinsame Kind wohnten weiterhin dort.

Es gab auch keine Zwangslage, die das private Veräußerungsgeschäft ausschließen würde, wie z.B. bei einer Enteignung oder Zwangsversteigerung (die zumindest „angedroht“ wurde). Obwohl die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt hatte, verkaufte er seinen Anteil an dem Einfamilienhaus letztlich freiwillig an seine geschiedene Frau.

Diese Entscheidung unterstreicht, wie wichtig es ist, die steuerlichen Auswirkungen von Entscheidungen im Rahmen einer Scheidung zu berücksichtigen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.2.2023; AZ – IX R 11/21–

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Verzicht auf Zwangsgeld bei Vernachlässigung der Heckenpflege

Wenn Nachbarn sich im Streit um den Rückschnitt von Hecken einigen und einer der Beteiligten der übernommenen Verpflichtung nicht nachkommt, kann das natürlich schnell zum Streit vor Gericht ausarten. Dazu hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einer Entscheidung vom März 2023 eine richtungsweisende Klarstellung vorgenommen.

In dem Fall verpflichtete sich ein Nachbar, die Hecke auf seiner Seite, die sich über die Länge der überdachten Terrasse des anderen Nachbarn erstreckt, auf eine Höhe von 2,50 Metern zu kürzen und diese Höhe beizubehalten. Der andere Nachbar beschwerte sich, dass die Verpflichtung nicht erfüllt wurde und beantragte ein Zwangsgeld gegen die nachlässige Partei. Das Landgericht stimmte diesem Antrag zu und verhängte ein Zwangsgeld von 500 Euro, ersatzweise bei fehlender Beitreibbarkeit einen Tag Zwangshaft.

Zwangsgeld bei Vernachlässigung der HeckenpflegeDie Entscheidung des Landgerichts wurde jedoch von den Richtern des  Oberlandesgericht Frankfurt am Main in Frage gestellt. Es entschied, dass das verhängte Zwangsgeld zur Durchsetzung der vereinbarten Verpflichtung rechtswidrig sei. Der Grund dafür ist, dass der Rückschnitt der Bepflanzung nicht persönlich von dem nachlässigen Nachbarn durchgeführt werden muss, sondern auch von Dritten erfolgen kann. Damit handelt es sich um eine sogenannte vertretbare Handlung. In den Augen des Gerichts war es für die Hausnachbarn, die das Zwangsgeld beantragt hatte, rechtlich und wirtschaftlich irrelevant, wer die Arbeit durchführt.

Diese Partei könnte daher beantragen, die erforderlichen Maßnahmen – immer unter Beachtung der naturschutzrechtlichen Grenzen – selbst durchzuführen. Sollte für die Durchführung der Arbeiten das Betreten des Grundstücks des nachlässigen Nachbarn erforderlich sein, könnte das Gericht auch eine entsprechende Duldungspflicht festlegen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist nicht anfechtbar und hat mit seinem Urteil dadurch eine durchaus richtungsweisende Entscheidung getroffen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.3.2023; AZ –26 W 1/23 –

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Fristgerechte Räumung des Gewerbemieter: Keine Bestätigungspflicht bei Kündigung

Mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Dezember 2022 wurde klargestellt, dass ein Gewerbemieter keine Pflicht hat, dem Vermieter die fristgerechte Räumung nach einer Kündigung zu bestätigen. Das Gericht urteilte, dass das Schweigen des Mieters in einem solchen Fall keine vorbeugende Räumungsklage rechtfertigt.

Der zugrunde liegende Fall betraf die ordentliche Kündigung eines Gewerbemieters im März 2022. Die Mieterin sollte bis Ende September 2022 die Räumlichkeiten räumen. Da sie auf das Kündigungsschreiben nicht antwortete, baten die Vermieter im April und Mai 2022 um Bestätigung der fristgerechten Räumung. Als auch hier keine Reaktion erfolgte, erhoben die Vermieter eine vorbeugende Räumungsklage. Die Mieterin erkannte den Anspruch an, war jedoch der Meinung, nicht für die Verfahrenskosten aufkommen zu müssen.

Räumung: Gewerbemieter zur Bestätigung verpflichtet?Das Landgericht Duisburg entschied zunächst, dass die Mieterin die Kosten tragen müsse, da sie Anlass zur Klageerhebung gegeben habe. Die Mieterin legte jedoch umgehend Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied denn auch zugunsten der Mieterin. Sie müsse die Verfahrenskosten nicht tragen, sondern die Kläger entsprechend der gesetzlichen Regelung. Die Mieterin habe keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, da sie keine aktiven Handlungen vorgenommen habe, die den Klägern Anlass zur Befürchtung gaben, sie würde nicht fristgerecht ausziehen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist ein Gewerbemieter in der Regel nicht verpflichtet, dem Vermieter vor Fälligkeit die Bereitschaft zur Erfüllung der Kündigung (und damit Räumung) anzuzeigen. Die bloße Untätigkeit des Mieters sei für einen besonnenen Vermieter kein berechtigter Grund zur Annahme, dass sein Anspruch ohne gerichtliche Hilfe nicht fristgerecht erfüllt werde. Die Erfüllungsbereitschaft schriftlich zu bestätigen, könne sogar nachteilig für den Mieter sein, da sie als Anerkenntnis oder Zeugnis gegen sich selbst gewertet werden könne. Letztlich biete auch eine positive Rückmeldung keine Gewissheit darüber, ob der Mieter seiner Räumungspflicht fristgerecht nachkommt.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2022; AZ – 24 W 39/22 –

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Unwirksame Klausel bei der Immobilienmakler-Reservierungsgebühr

Manchmal vereinbaren potenzielle Käufer mit Maklern eine Reservierungsgebühr für eine vermeintlich perfekte Immobilie, die sie gefunden haben. Sollte der Kauf jedoch nicht zustande kommen, so der Bundesgerichtshof, muss der Makler die Gebühr zurückerstatten.

In einem aktuellen Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) im April 2023 entschieden, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) unwirksam ist, wenn die Kunden von Immobilienmaklern zur Zahlung einer Reservierungsgebühr verpflichtet und eine Rückzahlung ausnahmslos ausschließt. Die Richter stellten fest, dass Kunden in solchen Fällen unangemessen benachteiligt werden, da sie keine nennenswerten Vorteile oder eine geldwerte Gegenleistung des Maklers erhalten würden und zudem auch nicht verpflichtet sind, eine erfolgsunabhängige Provision zu zahlen.

Reservierungsgebühr für eine vermeintlich perfekte ImmobilieIm vorliegenden Streitfall aus Sachsen hatten die Kläger auf der Suche nach einem Eigenheim einen Maklervertrag und später einen Reservierungsvertrag mit einer Immobilienmaklerin abgeschlossen. Die Reservierungsgebühr betrug 4.200 Euro (1% des Kaufpreises) und sollte das ausgewählte Grundstück bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorhalten. Als die Kläger vom Kauf zurücktraten, forderten sie die Rückzahlung der Reservierungsgebühr. In den Vorinstanzen wurde ihre Klage abgewiesen.

Der BGH stellte sich jedoch auf die Seite der Kläger und verurteilte die beklagte Immobilienmaklerin zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr. Der Reservierungsvertrag unterliegt der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, da es sich dabei um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung und nicht um eine eigenständige Vereinbarung handelt.

Der BGH betonte, dass der Ausschluss der Rückzahlung der Reservierungsgebühr unangemessen sei und die Maklerkunden benachteilige. Die Kunden erhalten aus dem Reservierungsvertrag keine wirklichen Vorteile oder gar eine geldwerte Gegenleistung des Maklers. Zudem käme der Reservierungsvertrag der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich, was dem Leitbild der gesetzlichen Regelung von Maklerverträgen widerspreche.

Diese Entscheidung ergänzt eine ähnliche Entscheidung aus dem Jahr 2010, bei der eine entsprechende Klausel bereits von Anfang an im Maklervertrag enthalten war.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.4.2023; AZ – I ZR 113/22 –

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Kiesbeete sind keine Grünflächen: Bauaufsichtsbehörden können die Beseitigung von Schottergärten anordnen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom Januar 2023 entschieden, dass Schottergärten nicht als Grünflächen im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung angesehen werden können. Dieses Urteil hat bedeutende rechtliche Auswirkungen für Immobilieneigentümer und kann dazu führen, dass die Beseitigung von Schottergärten von den Bauaufsichtsbehörden angeordnet wird.

Im zugrundeliegenden Fall hatten die Eigentümer eines Einfamilienhauses zwei Beete mit einer Gesamtfläche von etwa 50 Quadratmetern im Vorgarten angelegt. Die Beete waren mit Kies bedeckt und enthielten vereinzelte Pflanzen. Die Eigentümer argumentierten, dass es sich bei den Beeten aufgrund der Anzahl und Höhe der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen handele. Sie verwiesen zudem auf die Rasenflächen und Anpflanzungen hinter ihrem Haus, die insgesamt einen ökologisch wertvollen Lebensraum darstellten.

Beseitigung von SchottergärtenDas Oberverwaltungsgericht stimmte dieser Argumentation jedoch nicht zu und urteilte, dass die Beete nicht als Grünflächen gelten. Sie wurden als Kiesbeete eingestuft, in denen punktuell Koniferen, Sträucher und Bodendecker gepflanzt waren. Grünflächen, so das Gericht, seien durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen charakterisiert. Ein wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei ihr „grüner Charakter“.

Steinelemente können zwar in Grünflächen enthalten sein, aber nur, wenn sie nach einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls eine untergeordnete Bedeutung haben. Die Tatsache, dass die nicht überbauten Flächen insgesamt „überwiegend“ Grünflächen sein müssten, bedeute nicht, dass die Kiesbeete im Vorgarten der Kläger zulässig wären. Dies widerspreche der Intention des Gesetzgebers, die „Versteinerung der Stadt“ auf das notwendige Maß zu begrenzen. Der Beschluss des Gerichts ist nicht anfechtbar.

Die Beseitigung von Schottergärten und die Schaffung von Grünflächen können Kosten verursachen und rechtliche Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Daher gilt es (in Niedersachsen), sich bei der Planung und Gestaltung von Gärten an die gesetzlichen Vorgaben zu halten – die zudem schon seit über zehn Jahren gelten und längst Allgemeingut sein sollten.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 17.01.2023; AZ – 1 LA 20/22 –

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Nachbarn müssen Reflexionen einer Photovoltaikanlage hinnehmen!

Sind grundlegend unvermeidbare Reflexionen einer Photovoltaikanlage bereits eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks? Darüber musste im Juli 2022 das Oberlandesgericht Braunschweig entscheiden. Die Entscheidung war deutlich – ein Grundstückseigentümer kann nur dann gegen eine störende Reflexion auf dem Dach eines Nachbarn vorgehen, wenn dadurch wirklich „wesentliche“ Beeinträchtigungen vorliegen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf dem Hausdach der Beklagten sind in Richtung des Wohnhauses der klagenden Partei mehrere Paneele einer Photovoltaikanlage montiert. Die klagende Partei behauptete, durch die Reflexion der Sonneneinstrahlung in Teilen ihres Hauses in unzumutbarer Weise geblendet zu werden. Es gebe technische Normen und Regelwerke, die vorgeben würden, wie Lichtemissionen/-immissionen zu bewerten seien – und welche Grenzwerte bestünden. Diese seien im vorliegenden Fall erkennbar  überschritten. Dies wies das Landgericht Göttingen nach Einholung eines Sachverständigengutachtens schon in der ersten Instanz ab.

Reflexionen einer Photovoltaikanlage: Muss man das hinnehmen?Aber auch mit ihrer Berufung hat die klagende Partei keinen Erfolg. Zwar sei das Eigentum der klagenden Partei durch die Reflexionen grundsätzlich beeinträchtigt. Jedoch sei diese Beeinträchtigung nicht wesentlich. Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“, also in diesem konkreten Fall des „Durchschnittsbenutzers“ des beeinträchtigten Grundstücks. Wie bereits das Landgericht urteilte das OLG, dass für Reflexionen durch Sonneneinstrahlung keine durch Gesetze oder Richtlinien festgelegten Richtwerte existieren.

Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) wies im Prozess darauf hin, dass eine erhebliche Belästigung vorliegen könne, wenn die Lichteinwirkung mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Kalenderjahr betrage. Es beträfe im Grunde eigentlich andere Konstellationen und sei überdies nicht verbindlich, könne aber als Entscheidungshilfe herangezogen werden. Aber auch dies in Betracht gezogen, sei nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung durch diese Photovoltaikanlage auszugehen.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen, auf die sich die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Wesentlichen stützt, seien in dem Wohnraum der klagenden Partei insgesamt nur an 60 Tagen im Jahr und insgesamt unter 20 Stunden pro Jahr Reflexionen verursacht durch die Paneele wahrnehmbar. Dafür erstellte der Experte eine umfangreiche Analyse u.a. über die Lage der Wohnhäuser, die Neigungswinkel der Anlage, den Sonnenstand und Wetterdaten. Auch beim durchgeführten Ortstermin konnte nur eine Aufhellung festgestellt werden, ohne dass eine Blendung des Auges gegeben war.

Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 14.7.2022; AZ – 8 U 166/21 –

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Keine überdimensionale Garage im Gartenbereich wegen negativer Vorbildwirkung planen!

Eine geplante Garage mit einer Grundfläche von 80 qm ist wegen der von ihr ausgehenden negativen Vorbildwirkung bauplanungsrechtlich unzulässig. Das entschied das Verwaltungsgericht Mainz im Februar 2022.

Dem Bauherrn war eine Baugenehmigung zur Errichtung der großen Garage (Traufhöhe 3,20 m, Firsthöhe 4 m) unmittelbar an der rückwärtigen Grenze seines Wohnhaus genehmigt worden, nachdem die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt hatte. Der schüttete in der Folgezeit sein an einem Hang liegendes Grundstück um bis zu 1,60 m auf und bereitete die Herstellung einer Bodenplatte für eine Garage vor. Die Baugenehmigungsbehörde ließ daraufhin weitere Bauarbeiten einstellen.

Der Bauherr reichte darauf hin einen neuen Bauantrag für den Bau einer gleichgroßen Garage ein und beanspruchte dabei die alte Genehmigung in Form einer Wiedereinsetzung. Jetzt sollte diese auf dem aufgeschüttetem Teil des Grundstücks und mit einem Abstand von drei Metern zur hinteren Grundstücksgrenze entstehen. Die Gemeinde lehnte ab mit dem Hinweis auf die wegen der Aufschüttung überdimensional wirkenden Garage in einem Bereich, in dem allein Gärten und kleine Schuppen anzutreffen seien. Die optische Wirkung des ursprünglichen Vorhabens ohne Aufschüttung sei weniger massiv gewesen.Keine überdimensionale Garage im Gartenbereich bauen!

Der Bauherr habe das von der Gemeinde verweigerte Einvernehmen im neuen Antrag zu Unrecht ersetzt, so das Gericht, denn das im unbeplanten Innenbereich vorgesehene Garagengebäude sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es füge sich nicht in die nähere Umgebung ein. Unter Einbeziehung der Aufschüttung erreiche die Garage mit ihrer ohnehin großen Grundfläche ein Bauvolumen, das den in der näheren Umgebung anzutreffenden Rahmen auch hinsichtlich des Standorts klar überschreite. Mit der Garage würde erstmals ein von seiner Dimension eher mit einem Wohnhaus vergleichbares Gebäude im rückwärtigen Bereich von Wohngrundstücken entstehen.

Das Vorhaben füge sich auch nicht ausnahmsweise in die nähere Umgebung ein, die bisher eben nur von Gartenflächen und kleineren Nebenanlagen geprägt sei. Es entfalte für die rückwärtige Grünzone der Grundstücke eine negative Vorbildwirkung – zumindest für vergleichbare massive Nebengebäude. Mit Blick auf die Änderung der ursprünglich vorgesehenen Garage hinsichtlich ihrer Höhe und ihres Standorts sei die Gemeinde auch nicht an ihr früher erteiltes Einvernehmen gebunden, sondern berechtigt gewesen, bei der Genehmigung des „anderen“, des neuen Vorhabens das Einvernehmen zu versagen.

Urteil des Verwaltungsgericht Mainz vom 16.2.2022; AZ – 3 K 411/21.MZ –

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BGH: Mietminderung für Einzelhändler beim Lock-Down möglich

Gewerbetreibende haben bei einer pandemiebedingten Schließung ihrer Geschäftsräume wegen behördlicher Anordnungen grundsätzlich Anspruch auf Mietminderung. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden im Januar 2022 entschieden. Wie hoch der Abschlag ist, muss allerdings im Einzelfall geprüft werden. Eine Pauschalregelung gebe es nicht.

Bei einer Corona-Pandemie bestehe grundsätzlich einen Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage, so die Richter. Es muss allerdings weiterhin erwogen werden, ob dem Mieter ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Bei der Mietminderung müssten immer sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, entschieden die Richter. Dazu zählten zum Beispiel die Umsatzeinbußen für das konkrete Objekt, staatliche Hilfen oder Versicherungsleistungen.

Mietminderung wg. behördlicher Anordnungen möglich?Im konkreten Fall ging es um eine Filiale des Textil-Discounters Kik im Raum Chemnitz, die vom 19. März bis zum 19. April 2020 schließen musste – und für die der Vermieter die volle Miete von rund 7.850 Euro haben wollte. Infolge der behördlich angeordneten Betriebsschließung entrichtete die beklagte Filiale für den Monat April 2020 keine Miete.

Das zunächst zuständige Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der Miete für den gesamten Monat April 2020 verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Dresden diese erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Beklagte – unter Abweisung der Klage – zur Zahlung von nur etwa der Hälfte der Miete verurteilt. Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung sei eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin gebiete, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Beide Seiten – Mieter und Vermieter – seien durch die staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie belastet, keine Seite trage allein Verantwortung. Halbe/Halbe-Aufteilungen der Miete seien aber zu pauschal, erklärten die Richter am Bundesgerichtshof. Und ordneten eine Neu-Einschätzung der Dresdner OLG an. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpfe allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der hier aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung werde jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume noch tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stehe und stand grundsätzlich trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

Die Begründung zeigt, dass im Fall einer Pandemie und entsprechender behördlicher Maßnahmen nicht per se eine Mietminderung möglich ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.1.2022; AZ – XII ZR 8/21 – 

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