Das Oberlandesgericht Hamm stellte in einer Entscheidung vom März 2022 klar, dass eine Abmahnung als E-Mail-Anhang erst dann rechtlich wirksam wird, wenn der Empfänger den Anhang auch tatsächlich öffnet. Das Gericht betonte dabei, dass niemand verpflichtet ist, Dateianhänge von unbekannten Absendern zu öffnen.
Der konkrete Fall betraf einen Internetversandhändler, der im März 2020 eine E-Mail mit einem anwaltlichen Abmahnschreiben erhielt. Das eigentliche Schreiben befand sich ausschließlich in einer PDF-Datei namens „2020000067EU12894.pdf“, die der E-Mail angehängt war. Die E-Mail selbst enthielt lediglich ein Aktenzeichen im Betreff und einen kurzen Verweis auf die beigefügten Dokumente. Der Händler bestritt später im Rechtsstreit, die E-Mail überhaupt erhalten zu haben.
Das Oberlandesgericht Hamm entwickelte in seiner Entscheidung wichtige Grundsätze für den elektronischen Geschäftsverkehr. Demnach reicht das bloße Ankommen einer E-Mail mit Dateianhang im Posteingang nicht aus. Der rechtliche Zugang – die Zustellung – tritt erst ein, wenn der Empfänger den Anhang tatsächlich öffnet und damit die Möglichkeit erhält, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Diese Rechtsprechung berücksichtigt die berechtigten Sicherheitsbedenken im digitalen Zeitalter. Das Gericht verwies ausdrücklich auf die regelmäßigen Warnungen vor Schadsoftware, Viren und Malware, die über E-Mail-Anhänge verbreitet werden. Empfänger müssen daher nicht das Risiko eingehen, unbekannte Dateianhänge zu öffnen, nur um mögliche rechtliche Dokumente zur Kenntnis zu nehmen.
Die Entscheidung hatte konkrete Folgen für den vorliegenden Fall. Das Gericht hob eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung auf, da das Abmahnschreiben dem Empfänger nie rechtswirksam zugegangen war. Der Versandhändler konnte sich erfolgreich darauf berufen, dass er den verdächtig benannten Dateianhang aus Sicherheitsgründen nicht geöffnet hatte.
Diese Rechtsprechung stärkt die Position von E-Mail-Empfängern erheblich. Unternehmen und Privatpersonen können sich darauf verlassen, dass sie nicht verpflichtet sind, jeden Dateianhang von unbekannten Absendern zu öffnen. Das bloße Vorhandensein einer E-Mail im Posteingang begründet noch keine Kenntnisnahme des Inhalts.
Für Versender von Abmahnungen bedeutet das Urteil, dass sie ihre Kommunikationsstrategie grundlegend überdenken müssen. Wollen sie sicherstellen, dass ihre Rechtsschreiben tatsächlich rechtswirksam werden, sollten sie wichtige Informationen bereits im E-Mail-Text selbst mitteilen oder alternative Übermittlungswege wählen.
Das Urteil macht deutlich, dass zwischen dem technischen Empfang einer E-Mail und der rechtlichen Zustellung ihrer Inhalte zu unterscheiden ist. Während die E-Mail durchaus im Postfach angekommen sein mag, entfaltet das darin enthaltene Abmahnschreiben erst dann rechtliche Wirkung, wenn der Adressat tatsächlich Kenntnis vom Inhalt erlangen konnte.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt exemplarisch, wie sich das Recht an die Realitäten der digitalen Kommunikation anpasst. Sicherheitsbedenken bei der E-Mail-Nutzung finden zunehmend auch in der juristischen Bewertung angemessene Berücksichtigung. Empfänger sind nicht mehr schutzlos unbekannten Dateianhängen ausgeliefert.
Beschluss des Oberlandesgericht Hamm vom 9.3.2022; AZ – 4 W 119/20 –
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Im konkreten Fall hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Klage gegen Apple Distribution International Ltd. eingereicht. Im „App Store“ werden bei der Beschreibung von Anwendungen die üblichen Sternebewertungen sowie Rezensionen von Nutzern angezeigt, einschließlich des Durchschnittswerts und der Verteilung der Bewertungen. Allerdings prüft Apple nicht, ob die Bewertungen von Personen stammen, die die jeweilige App tatsächlich auch genutzt haben. Dieser wichtige Umstand wurde nur in den Nutzungsbedingungen unter der Überschrift „Deine Beiträge zu unseren Diensten“ erwähnt.


Die Widerrufsbelehrungen für Standard- und Speditionswaren unterschieden sich im konkreten Fall in den Regelungen zur Rücksendung. Während bei der Speditionsware eine Abholung durch das Unternehmen und das Tragen der Kosten durch dieses vorgesehen war, war für Standard-Paketware geregelt, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen habe.
Das bedeutet, dass die Fundstelle des Tests deutlich erkennbar angegeben werden muss, sie leicht zugänglich ist und eine eindeutige Zuordnung erlaubt.
Im zu verhandeln Fall klagte ein Unternehmen, das Schwimmscheiben als mehrfarbige Oberarmschwimmhilfen aus permanent schwimmfähigem Material fertigt. Die Schwimmhilfen tragen die Marke der Klägerin, eingeprägte Sicherheitshinweise, Name und Anschrift der Klägerin sowie ein CE-Kennzeichen. Auf Ebay wurden von gewerblichen Verkäufern Schwimmscheiben chinesischer Herkunft angeboten, die weder über eine Herstellerkennzeichnung noch eine CE-Kennzeichnung, EU-Konformitätserklärung und Baumuster-Prüfbescheinigung verfügten. Die Klägerin beanstandete dies im Vorwege mehrfach schriftlich gegenüber der Handelsplattform wegen eines Verstoßes gegen die Produktsicherheitsvorschriften.
Erwartet wird, dass die Verbraucher die Möglichkeit haben, alle Produktinformationen gleichzeitig mit Abgabe der Abschlusserklärung wahrnehmen zu können. Eine reine Verlinkung sei nicht ausreichend, so die Nürnberger Richter. Die Schaltfläche war mit „Jetzt kaufen“ beschriftet. Damit, so heißt es weiter, beziehe sich diese ausdrücklich nur auf einen Kaufvertrag, und nicht auch auf den sich davon deutlich unterscheidenden Mitgliedschaftsvertrag. Ein solcher Vertrag oder Abonnement kann auch dem allgemeinen Sprachgebrauch nach nicht „gekauft“ werden. Für diesen gab es im vorliegenden Fall keine ausdrückliche und eigene Bestätigung. Damit würde durch den Klick auf den Button zwar ein Kauf, aber eben kein Mitgliedschaftsvertrag zustande kommen.
Im Fall des OLG Hamm ging es um eine Abmahnung und anschließende Klage des Mitbewerbers eines Online-Händler, der auf „Amazon“ Taschenmesser der Herstellers Victorinox angeboten. Victorinox wiederum gewährt eine (teilweise) zeitlich unbeschränkte, sogenannte Victorinox-Garantie. Der Händler hatte diese Garantie nicht weiter beworben, sondern lediglich in einem Untermenü der Angebotsseite den Hyperlink „Weitere technische Informationen“ eingebettet. Bei dessen Anklicken wurde das auf Amazon als PDF-Datei gespeicherte Informationsblatt des Herstellers geöffnet. Dazu müssten, dem Urteil nach, Angaben kommen, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, doch die waren eben so wenig enthalten, wie der Hinweis auf die davon unabhängigen gesetzlichen Gewährleistungsrechte.