Abmahnung als E-Mail-Anhang: Rechtlicher Zugang erst bei tatsächlicher Öffnung

Das Oberlandesgericht Hamm stellte in einer Entscheidung vom März 2022 klar, dass eine Abmahnung als E-Mail-Anhang erst dann rechtlich wirksam wird, wenn der Empfänger den Anhang auch tatsächlich öffnet. Das Gericht betonte dabei, dass niemand verpflichtet ist, Dateianhänge von unbekannten Absendern zu öffnen.

Der konkrete Fall betraf einen Internetversandhändler, der im März 2020 eine E-Mail mit einem anwaltlichen Abmahnschreiben erhielt. Das eigentliche Schreiben befand sich ausschließlich in einer PDF-Datei namens „2020000067EU12894.pdf“, die der E-Mail angehängt war. Die E-Mail selbst enthielt lediglich ein Aktenzeichen im Betreff und einen kurzen Verweis auf die beigefügten Dokumente. Der Händler bestritt später im Rechtsstreit, die E-Mail überhaupt erhalten zu haben.

Das Oberlandesgericht Hamm entwickelte in seiner Entscheidung wichtige Grundsätze für den elektronischen Geschäftsverkehr. Demnach reicht das bloße Ankommen einer E-Mail mit Dateianhang im Posteingang nicht aus. Der rechtliche Zugang – die Zustellung – tritt erst ein, wenn der Empfänger den Anhang tatsächlich öffnet und damit die Möglichkeit erhält, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen.

Diese Rechtsprechung berücksichtigt die berechtigten Sicherheitsbedenken im digitalen Zeitalter. Das Gericht verwies ausdrücklich auf die regelmäßigen Warnungen vor Schadsoftware, Viren und Malware, die über E-Mail-Anhänge verbreitet werden. Empfänger müssen daher nicht das Risiko eingehen, unbekannte Dateianhänge zu öffnen, nur um mögliche rechtliche Dokumente zur Kenntnis zu nehmen.

Sicherheitsbedenken bei der E-Mail-Nutzung finden zunehmend auch in der juristischen Bewertung angemessene Berücksichtigung.Die Entscheidung hatte konkrete Folgen für den vorliegenden Fall. Das Gericht hob eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung auf, da das Abmahnschreiben dem Empfänger nie rechtswirksam zugegangen war. Der Versandhändler konnte sich erfolgreich darauf berufen, dass er den verdächtig benannten Dateianhang aus Sicherheitsgründen nicht geöffnet hatte.

Diese Rechtsprechung stärkt die Position von E-Mail-Empfängern erheblich. Unternehmen und Privatpersonen können sich darauf verlassen, dass sie nicht verpflichtet sind, jeden Dateianhang von unbekannten Absendern zu öffnen. Das bloße Vorhandensein einer E-Mail im Posteingang begründet noch keine Kenntnisnahme des Inhalts.

Für Versender von Abmahnungen bedeutet das Urteil, dass sie ihre Kommunikationsstrategie grundlegend überdenken müssen. Wollen sie sicherstellen, dass ihre Rechtsschreiben tatsächlich rechtswirksam werden, sollten sie wichtige Informationen bereits im E-Mail-Text selbst mitteilen oder alternative Übermittlungswege wählen.

Das Urteil macht deutlich, dass zwischen dem technischen Empfang einer E-Mail und der rechtlichen Zustellung ihrer Inhalte zu unterscheiden ist. Während die E-Mail durchaus im Postfach angekommen sein mag, entfaltet das darin enthaltene Abmahnschreiben erst dann rechtliche Wirkung, wenn der Adressat tatsächlich Kenntnis vom Inhalt erlangen konnte.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt exemplarisch, wie sich das Recht an die Realitäten der digitalen Kommunikation anpasst. Sicherheitsbedenken bei der E-Mail-Nutzung finden zunehmend auch in der juristischen Bewertung angemessene Berücksichtigung. Empfänger sind nicht mehr schutzlos unbekannten Dateianhängen ausgeliefert.

Beschluss des Oberlandesgericht Hamm vom 9.3.2022; AZ – 4 W 119/20 –

Foto: shurkin_son

Transitvisum: Informationspflicht für Online-Reiseportale

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main stärkt die Rechte von Reisenden gegenüber Online-Buchungsplattformen in einer bedeutsamen Entscheidung zum Thema „Transitvisum: Informationspflicht“. Die Richter entschieden, dass Reisevermittlungsportale künftig über die Notwendigkeit von Durchreisegenehmigungen informieren müssen, wenn Flüge Zwischenstopps in Drittländern vorsehen.

Der konkrete Fall verdeutlicht die praktischen Auswirkungen fehlender Informationen: Eine Familie buchte über ein Online-Portal einen Flug von Zürich nach Auckland mit einem Zwischenstopp in Los Angeles. Das Reiseportal versäumte es, die Buchenden über die erforderliche ESTA-Durchreisegenehmigung für die USA zu informieren. Am Abreisetag verweigerte die Fluggesellschaft der gesamten Familie den Zutritt zum Flugzeug, da die notwendige Autorisierung fehlte.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts etabliert klare Grundsätze für die Informationspflichten von Reisevermittlern. Wenn der gesamte Buchungsvorgang ausschließlich über die Internetseite des Portals abläuft, trägt der Vermittler die Verantwortung, alle wesentlichen Informationen bereitzustellen. Dazu gehören explizit Hinweise auf erforderliche Durchreisegenehmigungen bei Zwischenstopps in Drittländern.

Klare Grundsätze für die Informationspflichten von Online-Reisevermittlern Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung, dass Durchschnittsreisende bei Flugbuchungen zwar an Visumserfordernisse für das Zielland denken, jedoch nicht automatisch an Transitgenehmigungen für reine Zwischenstopps. Diese Wissenslücke führt zu einem erheblichen Informationsgefälle zwischen Verbrauchern und professionellen Reisevermittlern.

Besonders gewichtig bewerteten die Richter die praktischen Konsequenzen fehlender Informationen. Die Durchführbarkeit einer Reise beeinflusst naturgemäß die Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Flugrouten. Reisende mit kurzfristigem Reiseantritt können möglicherweise nicht mehr rechtzeitig die erforderlichen Genehmigungen beantragen. Zusätzlich beeinflussen die Kosten für Transitvisa oft die Entscheidung für bestimmte Verbindungen.

Die rechtliche Bewertung stützt sich auf das Wettbewerbsrecht. Das Gericht klassifizierte das Verhalten des Reiseportals als wettbewerbswidrig, da es Reisedienstleistungen ohne wesentliche Informationen anbot. Transitgenehmigungen stellen keine nebensächlichen Details dar, sondern wesentliche Voraussetzungen für die Durchführung der gebuchten Reise.

Ein Verbraucherverband hatte die Klage gegen das Reiseportal eingereicht und damit stellvertretend für betroffene Reisende gehandelt. Das Landgericht hatte bereits in erster Instanz zugunsten der Verbraucherrechte entschieden. Die Berufung des Reiseportals scheiterte vor dem Oberlandesgericht.

Die Entscheidung schafft wichtige Präzedenzwirkung für die gesamte Reisebranche. Online-Buchungsplattformen müssen ihre Informationspolitik überprüfen und erweitern. Pauschale Hinweise auf mögliche Transitvisum-Erfordernisse werden künftig als Mindeststandard erwartet.

Für Reisende bedeutet das Urteil erhöhte Rechtssicherheit bei Online-Buchungen. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da das Reiseportal eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen kann. Dennoch signalisiert die Entscheidung eine klare Richtung für verbraucherfreundliche Standards in der digitalen Reisevermittlung.

Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 20.1.2025; AZ – 6 U 154/24 –

 Foto: contrastwerkstatt

Gerichtsentscheidung zur Transparenzpflicht bei Sternebewertungen

Das Landgericht Berlin hat in einem Urteil vom August 2024 entschieden, dass die Firma Apple besser darüber aufklären muss, dass Sternebewertungen in ihrem „App Store“ nicht auf ihre Echtheit geprüft werden. Die bisherige Praxis des Unternehmens, einen entsprechenden Hinweis lediglich in den Nutzungsbedingungen zu verstecken, wurde vom Gericht als unzureichend bewertet. Es fehlt also eindeutig die Transparenzpflicht bei Sternebewertungen.

Hintergrund der Entscheidung ist eine seit dem 28. Mai 2022 geltende gesetzliche Verpflichtung für Anbieter von Online-Plattformen. Diese müssen transparent darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen, die das Produkt oder die Dienstleistung genutzt oder gekauft haben. Die Vorschrift soll Verbraucher vor gefälschten Nutzerbewertungen schützen und ihnen ermöglichen, auf Basis authentischer Bewertungen fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.

Sternebewertungen stellen für viele Verbraucher ein wichtiges Entscheidungskriterium dar.Im konkreten Fall hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Klage gegen Apple Distribution International Ltd. eingereicht. Im „App Store“ werden bei der Beschreibung von Anwendungen die üblichen Sternebewertungen sowie Rezensionen von Nutzern angezeigt, einschließlich des Durchschnittswerts und der Verteilung der Bewertungen. Allerdings prüft Apple nicht, ob die Bewertungen von Personen stammen, die die jeweilige App tatsächlich auch genutzt haben. Dieser wichtige Umstand wurde nur in den Nutzungsbedingungen unter der Überschrift „Deine Beiträge zu unseren Diensten“ erwähnt.

Das Landgericht Berlin stellte klar, dass diese Praxis irreführend sei. Die Richter betonten, dass es Verbrauchern nicht zumutbar sei, in den Geschäftsbedingungen nach wesentlichen Informationen zu suchen. Zudem würden Verbraucher nicht erwarten, einen solchen Hinweis unter der genannten Überschrift zu finden.

Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für alle Unternehmen, die derartige Online-Bewertungssysteme anbieten. Die Transparenzpflicht bei Sternebewertungen betrifft dabei nicht nur Tech-Giganten wie Apple, sondern grundsätzlich alle Betreiber von Online-Plattformen mit Bewertungsfunktionen. Unternehmen müssen nun sicherstellen, dass Informationen zur Prüfung der Authentizität von Bewertungen für Verbraucher leicht zugänglich und vor allem verständlich platziert werden.

Das Urteil verdeutlicht die zunehmende Bedeutung von Transparenz im digitalen Handel. Schließlich stellen Sternebewertungen für viele Verbraucher ein wichtiges Entscheidungskriterium dar. Die mangelnde Überprüfung der Echtheit kann jedoch die Aussagekraft solcher Bewertungen erheblich einschränken. Durch die gerichtlich bestätigte Informationspflicht sollen Verbraucher nun besser einschätzen können, wie verlässlich die angezeigten Bewertungen tatsächlich sind.

Für Unternehmen bedeutet dies, ihre Bewertungssysteme äußerst kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen – um so den Transparenzanforderungen gerecht zu werden und rechtliche Risiken zu minimieren.

Urteil des Landgericht Berlin vom 29.8.2024; AZ – II52 O 254/23 –

Foto: Umar Draz

Kein Anscheinsbeweis: Zugang einfacher E-Mails – Gericht fordert konkrete Nachweise

Für den Zugang einer einfachen E-Mail besteht kein Anscheinsbeweis. Dies bedeutet, dass allein das Absenden einer E-Mail und der fehlende Erhalt einer Unzustellbarkeitsnachricht keine ausreichenden Indizien für den erfolgreichen Zugang darstellen. Dies entschied das Oberlandesgericht Rostock im April 2024. Der Begriff „Anscheinsbeweis“ bezieht sich dabei auf eine rechtliche Vermutung: Er besagt, dass ein typischer Geschehensablauf, der nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlich ist, als gegeben angenommen wird, solange keine gegenteiligen Beweise vorliegen.

Auch bei alltäglichen Dingen wie ein E-Mail-Zugang kann nicht einfach von einem Anscheinsbeweis ausgegangen werden.Im Fall von E-Mails wird jedoch festgehalten, dass der Empfang nicht so typisch ist, dass allein durch das Versenden auf den Zugang geschlossen werden kann. Es gibt immer wieder technische Gründe oder Filterungen, die den Empfang verhindern, was einen Anscheinsbeweis in solchen Fällen ausschließt.

Zudem stellte das Gericht klar, dass der Empfänger nicht verpflichtet ist, seinen gesamten elektronischen Posteingang offenzulegen, um den Zugang einer E-Mail nachzuweisen. Diese Entscheidung beruht auf ähnlichen Regelungen aus der analogen Kommunikation. Wie auch beim Postversand keine Durchsuchung privater Räume verlangt werden kann, so muss der Empfänger auch nicht seinen Posteingang offenlegen. Diese Maßnahme würde unverhältnismäßig in die Privatsphäre eingreifen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock zeigt, dass der elektronische Schriftverkehr nicht automatisch dieselben Beweiserleichterungen bietet wie andere Kommunikationsmittel. Absender sollten daher auf technische Hilfsmittel wie Empfangsbestätigungen zurückgreifen, um den Zugang nachweisen zu können. Ohne solche Vorkehrungen bleibt es schwer, den Zugang einer E-Mail im Streitfall zu belegen.

Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 3.4.2024; AZ – 7 U 2/24

Foto: Tada Images

Rechtlicher Schutz vor ungewollter E-Mail-Werbung gestärkt

Das Landgericht Paderborn hat in seinem durchaus richtungsweisenden Urteil vom März 2024 deutlich gemacht, dass es gilt, die Rechte von Verbrauchern im Umgang mit unerwünschter Werbung erheblich zu stärken. In diesem spezifischen Fall nutzte ein Reisebüro die E-Mail-Adresse eines Geschäftskunden weiterhin für Werbezwecke, obwohl der Kunde ausdrücklich und durch ein Anwaltsschreiben den Stopp derartiger E-Mail-Werbung gefordert hatte. Die Entscheidung des Gerichts bestätigte, dass eine solche Abmeldung von Werbe-E-Mails sofort wirksam sein muss und dass die gängige Praxis der Verzögerung nicht akzeptabel ist.

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gelten Werbemaßnahmen, die ohne ausdrückliche Zustimmung des Empfängers durchgeführt werden, grundsätzlich als unzumutbare Belästigung. Eine Ausnahme von dieser Regel ist jedoch möglich, wenn die Empfänger ihre Zustimmung zur E-Mail-Werbung explizit erteilt haben – und ihnen jederzeit klar und deutlich die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Zustimmung zu widerrufen. Im vorliegenden Fall konnte das Reisebüro jedoch nicht nachweisen, dass es die notwendigen Anforderungen für eine solche Ausnahme erfüllt hatte, insbesondere fehlte der Nachweis einer klaren und unmissverständlichen Zustimmung bei der Datenerhebung. Abmeldung von Werbe-E-Mails muss sofort wirksam sein!

Das Gericht kritisierte insbesondere die Praxis des Reisebüros, die relevanten Informationen über das Widerspruchsrecht tief in einer langen und komplizierten Datenschutzerklärung zu verbergen. Diese Vorgehensweise entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine transparente und verständliche Kommunikation. Die relevanten Informationen waren erst auf den hinteren Seiten der 26-seitigen Datenschutzerklärung zu finden, was das Gericht als komplett unzureichend erachtete um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Und natürlich ist so ein Vorgehen in der Realität quasi sinnfrei, da davon auszugehen ist, dass Kunden derart lange Erklärungen nicht lesen werden.

Die Folgen für das Reisebüro waren gravierend. Neben den Kosten der rechtlichen Auseinandersetzung und den Abmahngebühren wurde eine strafbewehrte Unterlassungsverfügung verordnet, die bei weiteren Verstößen (eben etwa weiterer E-Mail-Werbung) hohe Geldstrafen oder sogar eine Ordnungshaft für den Geschäftsführer zur Folge haben könnte. Dieses Urteil der Paderborner Richter sendet ein klares Signal an alle Unternehmen, die Datenschutzbestimmungen und die Rechte der Verbraucher ernst zu nehmen.

Insgesamt unterstreicht das Urteil die Notwendigkeit, die Datenschutzvorschriften streng einzuhalten und die Kommunikation über Datenschutzrechte klar und für alle und jeden zugänglich zu gestalten. Es stärkt die Position von Verbrauchern erheblich, sich gegen unerwünschte Werbemaßnahmen wirksam zu wehren und betont die Bedeutung des Schutzes persönlicher Daten in der digitalen Kommunikation.

Urteil des Landgericht Paderborn vom 12.4.2024; AZ – 2 O 325/23 –

Foto_ GamePixel

Eigen-Verantwortung bei Online-Banking und Phishing-Fallen

Im zunehmend digitalen Zeitalter (für alle Berufe und alle Altersstufen) bietet Online-Banking schon lange eine einfache und bequeme Möglichkeit, Finanzgeschäfte zu tätigen. Diese Technologie erfordert jedoch stets ein hohes Maß an Wachsamkeit von den Nutzern, insbesondere im Umgang mit Sicherheitsverfahren. Ein bemerkenswerter Fall, der vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verhandelt wurde, hebt die Bedeutung der Eigenverantwortung bei der Nutzung dieser Dienste hervor. Das Urteil vom Dezember 2023 lässt dies unzweideutig erkennen.

Ein Rechtsanwalt und Steuerberater verlor eine große Summe Geld nach einem Phishing-Angriff, weil er grob fahrlässig gehandelt hatte. Der Betroffene hatte eine SMS erhalten, die ihn aufforderte, sein Überweisungslimit temporär zu erhöhen und eine Überweisung zu tätigen. Die Nachricht schien von seiner Bank zu kommen, enthielt sogar eine Telefonnummer, die früher von der Bank verwendet wurde. Er folgte den Anweisungen, die ihn letztendlich auf eine gefälschte Webseite führten. Dort gab er unwissentlich die Kontrolle über sein Konto an Kriminelle.

Sicherheit im Online-Banking nicht allein durch technische Maßnahmen gewährleistet Der Fall zeigt deutlich, dass die Sicherheit im Online-Banking nicht allein durch technische Maßnahmen gewährleistet werden kann. Nutzer müssen aktiv an der Sicherung ihrer finanziellen Transaktionen mitwirken. Es ist entscheidend, dass Benachrichtigungen auf ihre Authentizität hin überprüft werden, insbesondere wenn sie zur Freigabe von Transaktionen auffordern. In diesem Fall wurde der Kläger aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und seiner Kenntnisse im Umgang mit Online-Banking als grob fahrlässig eingestuft.

Die Richter aus Frankfurt unterstrichen, dass der Kläger hätte erkennen müssen, dass die Aufforderung, Sicherheitsmerkmale in einer ungewöhnlichen Umgebung freizugeben, ein potenzieller Betrugsversuch war. Banken warnen nämlich regelmäßig vor Phishing-Versuchen, die darauf abzielen, Kunden dazu zu bringen, auf betrügerische Weise persönliche Daten preiszugeben. Diese Warnungen sind in der Regel Teil der Sicherheitsprotokolle, die von Banken implementiert werden, um ihre Kunden zu schützen.

Der Vorfall unterstreicht die Notwendigkeit, dass Nutzer stets aufmerksam bleiben und die Quellen jeglicher Kommunikation, die sie im Zusammenhang mit ihren Finanzen erhalten, gründlich überprüfen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Vorteile des Online-Bankings nicht durch Sicherheitsrisiken überschattet werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.12.2023; AZ – 3 U 3/23 –

Foto: PheelingsMedia

Verständnis von grober Fahrlässigkeit bei Online-Banking-Betrug und Phishing

Im digitalen Zeitalter, in dem Online-Transaktionen zur Norm geworden sind, erhöht sich auch das Risiko von Betrugsfällen, insbesondere durch Phishing-Angriffe. Ein Fall, der im Dezember 2023 vor dem Landgericht Lübeck verhandelt wurde, wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung von Wachsamkeit bei der Nutzung von Online-Banking-Diensten. Ein Mann wurde Opfer eines Phishing-Betrugs, nachdem er auf eine gefälschte Bankwebsite gelockt und dazu verleitet wurde, persönliche Daten sowie Transaktionsfreigaben preiszugeben. Die Folge war ein erheblicher finanzieller Verlust.

Phishing ist ein auf elektronischen Weg durchgeführter Betrugsversuch, bei dem der Empfänger eine gefälschte E-Mail zugesendet bekommt, die er häufig jedoch nicht als solche im ersten Moment erkennt. Diese Angriffsmethode, in Form einer professionell wirkenden E-Mail, ist häufig so konzipiert, dass der Empfänger dazu gebracht wird, sensible Daten preis zu geben. Gemeint sind hier vor allem personenbezogene Daten.

Ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Aufmerksamkeit müssen Kunden bei Phishing und Online-Banking beweisen. Die Angreifer bedienen sich oft namhaft klingender Unternehmen oder Institutionen, die beispielsweise im Finanz- oder Handelsbereich ansässig sind. Der Begriff Phishing stammt aus dem englischsprachigen Raum und bezeichnet im Prinzip einen Angelausflug. Hierbei dient eine eigens für den Angriff konzipierte E-Mail dem Cyberkriminellen als Köder, wobei er diesen gleich mehrfach an seine möglichen Opfer, wie z.B. an Mitarbeiter eines Unternehmens, weiterleitet.

Im konkreten Fall passierte Folgendes: Trotz der sofortigen Erkenntnis des Betrugs und der Forderung nach Erstattung des verlorenen Geldes von seiner Bank, wurde die Forderung abgelehnt. Das Lübecker Gericht stützte seine Entscheidung auf die Feststellung, dass der Mann grob fahrlässig gehandelt habe. Er hätte die Anzeichen eines Betrugs erkennen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen. Insbesondere hätte der spätabendliche Anruf von einer angeblichen Bankmitarbeiterin, die Aufforderung zur Eingabe persönlicher Daten auf einer verdächtig erscheinenden Website und die Bitte um Freigabe einer Transaktion ohne vorherige Überprüfung, Warnsignale sein müssen.

Dieser Fall unterstreicht die Notwendigkeit, bei Online-Transaktionen äußerste Sorgfalt walten zu lassen. Es reicht nicht aus auf die Sicherheitsmaßnahmen der Banken zu vertrauen. Kunden müssen selbst proaktiv sein, um Betrugsversuche zu erkennen. Dazu gehört die kritische Überprüfung von Webseiten, auf denen sie sich anmelden, die Verifikation von Anrufern die sich als Bankmitarbeiter ausgeben und die genaue Überprüfung von Transaktionsdetails, bevor diese bestätigt werden.

Die Lehre aus diesem Fall ist klar: Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, potenzielle Bedrohungen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Der Schutz vor finanziellen Verlusten durch Betrug beginnt mit der Erkenntnis, dass man selbst die erste Verteidigungslinie ist.

Landgericht Lübeck, Urteil vom 19.12.2023; AZ – 3 O 83/23 –

Foto: Fran Rodríguez

Geschäftliche Auswirkungen von Beleidigungen in Social-Media

In der rechtlichen Praxis zeigt sich immer deutlicher, dass Aktivitäten in Social-Media nicht ohne Konsequenzen für bestehende Vertragsverhältnisse bleiben. Ein besonders illustratives Beispiel hierfür liefert ein jüngster Fall, in dem das Landgericht Frankenthal im die fristlose Kündigung eines Pachtvertrags einer Gaststätte bestätigte. Dieser Fall beleuchtet die rechtlichen Grenzen der Meinungsäußerung in digitalen Medien und deren Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen.

Im Zentrum des Falles stand ein Gastwirt, der eine Gaststätte von einem Verein gepachtet hatte. Im Laufe der Zeit entwickelten sich Spannungen zwischen dem Pächter und den Vereinsmitgliedern, die sich in einer Reihe von Unstimmigkeiten und Missverständnissen manifestierten. Besonders brisant wurde die Situation, als der Gastwirt begann, in sozialen Netzwerken gegenüber einem Vorstandsmitglied des Vereins beleidigende Äußerungen zu tätigen. Diese Posts, die unter anderem Wünsche nach einem schlechten Weihnachtsfest und Krankheit im neuen Jahr sowie beleidigende Emojis enthielten, führten schließlich zur fristlosen Kündigung des Pachtvertrages durch den Verein.

Aktivitäten in Social-Media nicht ohne Konsequenzen für bestehende Vertragsverhältnisse!Das Landgericht Frankenthal bestätigte diese Kündigung und unterstrich damit die Bedeutung eines respektvollen Umgangs in Social-Media, insbesondere in Bezug auf geschäftliche Beziehungen. Das Gericht erachtete die beleidigenden Posts als ausreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung. Hierbei spielte es keine Rolle, dass zwischen den Parteien bereits vorher Konflikte bestanden hatten. Entscheidend war die Art und Weise der Äußerungen des Gastwirts, die als persönliche Herabsetzung und Beleidigung eines Vorstandsmitglieds gewertet wurden.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass unsachgemäße und beleidigende Äußerungen in sozialen Netzwerken ernsthafte rechtliche Folgen nach sich ziehen können. In diesem Kontext ist es für Geschäftsinhaber und Pächter wesentlich, sich der Tragweite ihrer Online-Kommunikation bewusst zu sein. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erfordern ein hohes Maß an Professionalität und Respekt im Umgang mit Geschäftspartnern, auch und gerade in Social-Media.

Deutlich wird, dass dieser Fall nicht nur wie hier für Betroffene im Gastgewerbe, sondern für alle Geschäftspersonen beachtenswert ist. Er betont die Notwendigkeit, sich stets der potenziellen rechtlichen Konsequenzen von Handlungen in Social-Media bewusst zu sein – und unterstreicht die Bedeutung von professionellem Verhalten in allen Aspekten geschäftlicher Interaktionen.

LG Frankenthal, Urteil v. 26.9.2023; AZ – 6 O 75/23 –

Foto: detailblick-foto

Zulässigkeit der Benutzung eines fremden Markenname im Rahmen des Keyword-Advertising

Beim „Keyword-Advertising“ buchen Werbetreibende bei einem Suchmaschinenbetreiber so genannte Keywords, bei deren Eingabe die von ihnen gekauften Werbeanzeigen in der Trefferliste angezeigt werden. Verwendet der Werbende dabei eine fremde Marke oder ein fremdes Kennzeichen als Schlüsselwort für seine Anzeige, stellt sich häufig die Frage, ob darin eine Marken- oder Kennzeichenverletzung vorliegt. Mit dieser Fragestellung zur Nutzung eines solchen „fremden“ Markenname hatte sich das Oberlandesgericht Braunschweig in einem Urteil vom Februar 2023 zu befassen.

Die Beklagte, Betreiberin eines Portals für Kreditvergleiche, verwendete den Begriff „smava“ als Keyword unter anderem bei der Suchmaschine Google. Ihre Werbeanzeige erschien daraufhin in der Liste der Suchergebnisse an zweiter Stelle nach einer Anzeige der Klägerin, die Inhaberin der Wortmarke „smava“ ist und unter ihrer Firma „smava GmbH“ ebenfalls ein Online-Vergleichsportal für Ratenkredite betreibt. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und eine unlautere Werbung. Das Landgericht Braunschweig hat ihrer auf Unterlassung und Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte dann jedoch Erfolg.Der „fremde“ Markenname tauchte im Werbetext selbst auch nicht auf, sondern wurde lediglich als Werbe-Keyword benutzt.

Eine Verletzung der Marke oder des Unternehmenskennzeichens liege nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könne der Markeninhaber der Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens nur widersprechen, wenn diese Benutzung eine der Markenfunktionen beeinträchtige. Eine der wichtigsten Funktionen ist, dass sie den Verbraucher auf die Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Leistung hinweist, so dass er die Waren verschiedener Unternehmen auseinander halten kann. Eine solche Beeinträchtigung liege hier aber gar nicht vor.

Der verständige Internet-Nutzer könne anhand der Werbeanzeige erkennen, dass die von der Beklagten angebotene Dienstleistung – nämlich die Vermittlung von Kreditangeboten – nicht von der Markeninhaberin stamme. Dass es sich um eine bezahlte Werbeanzeige handele, ergebe sich zudem aus der Kennzeichnung als „Anzeige“ oberhalb des Textes. Wichtig: Der „fremde“ Markenname tauchte im Werbetext selbst auch nicht auf, sondern wurde lediglich als Werbe-Keyword benutzt. Ein unlauterer Wettbewerb sei daher nicht zu erkennen, so die Braunschweiger Richter.

Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 9.2.2023; AZ – 2 U 1/22 –

Photo: PixieMe

Abmahnungen wegen falscher Verwendung von Google-Fonts

Aufgrund eines Verdachts auf Abmahnbetrug und Erpressungsversuch in mehr als 2.400 Fällen, wurden Mitte Dezember 2022 in einem Verfahren gegen zwei Männer – u.a. vermeintlichen Vertreter einer Interessengemeinschaft Datenschutz – in Berlin, Hannover, Ratzeburg und Baden-Baden Durchsuchungsbeschlüsse und zwei Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme von 346.000 Euro vollstreckt. Ein erster ernsthafter Versuch einer Staatsanwaltschaft, den überbordenden Abmahnungen von Webseiten-Betreibern wegen der Nutzung von externen Google-Fonts entgegen zu wirken.

Hintergrund: Mit dem Fonts-Dienst stellt Google mehr als 1.400 Schriftarten zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung, ohne dass die Fonts auf eigenen Servern bereitgehalten werden müssen. Die Fonts werden jedes Mal beim Aufruf einer Seite neu geladen. Damit werden die IP-Adressen an Google – in der Regel ohne Kenntnis und Einwilligung der Webseitenbesucher – übermittelt. Das widerspricht zunächst grundsätzlich den Datenschutz-Richtlinien der DSGVO.

Nutzung von externen Google-Fonts (DSGVO / GDPR)Webseiten-Betreiber können dem entgegenwirken, indem sie solche Google-Fonts direkt einbinden. Das funktioniert letztlich in gleicher Weise wie der Google-Dienst. Es gilt also die eigene Seite zunächst zu prüfen, wie sie überhaupt eingerichtet ist. Gibt es keine Verbindung, ist jede Abmahnung schon per se nicht zutreffend. Aber selbst, wenn es die Verbindung zu Google gibt, kann eine Abmahnung eines (vermeintlichen) Mitbewerbers nicht relevant sein, zumal es dazu bisher keine höchstrichterliche Entscheidung gibt.

Das Landgericht in München hatte zwar im Januar 2022 entschieden, dass die Weitergabe der Daten einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung darstelle und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletze. Unter Fachleuten ist das Urteil jedoch hochumstritten. Die Wertung, dass die Übermittlung der Daten in die USA „unstreitig“ sei, lässt darauf schließen, dass sich die am Urteil beteiligten Personen nicht genügend mit der Funktionsweise von Google-Fonts auseinandergesetzt haben.

Juristen sind sich auch insgesamt uneinig über den Umgang mit derartigen Abmahnungen. Klar ist allerdings, dass solche Forderungen nicht einfach bezahlt werden sollten. Dazu bedarf es eben u.a. der Entscheidung in der höchsten Instanz. Und: Die Staatsanwaltschaft schreibt, dass die Beschuldigten im vorliegenden Fall darüber getäuscht haben sollen, dass eine echte Person die Webseiten besucht hat. Tatsächlich habe eine Software automatisiert die betroffenen Webseiten aufgerufen und nach den Einbettungen gesucht. Dadurch sei aber kein abmahnfähiger Schaden entstanden, weil nur Personen von Datenschutzverstößen betroffen sein können. Es gab (und vermutlich gibt durch andere Abmahner) sogar Fälle, wo der behauptete Sachverhalt unzutreffend ist – die Abmahner haben es halt einfach mal mit einer Behauptung versucht.

Foto: Andreas Prott