Unfallflucht, ein Verhalten, das oftmals schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich zieht, wird in der Rechtspraxis kontinuierlich diskutiert und neu bewertet. Insbesondere die Frage, wann ein Schaden als „bedeutend“ einzustufen ist und somit den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigt, steht im Mittelpunkt gerichtlicher Entscheidungen.
Ein kürzlich verhandelter Fall in Hamburg veranschaulicht die Komplexität dieser Thematik. Hierbei verursachte eine PKW-Fahrerin auf einem Parkplatz einen Schaden an einem anderen Fahrzeug und verließ den Unfallort, obwohl sie den Vorfall bemerkt hatte. Die Reparaturkosten wurden auf etwa 1.600 Euro geschätzt. Das Amtsgericht Hamburg entzog der Fahrerin vorläufig die Fahrerlaubnis, woraufhin sie Beschwerde einlegte.
In seiner Entscheidung vom August 2023 hob das Landgericht Hamburg die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auf, da es den Schaden nicht als „bedeutend“ im Sinne der rechtlichen Vorschriften ansah. Hierbei ist zu beachten, dass die Definition eines „bedeutenden Schadens“ bei Unfallflucht variabel und von der aktuellen Rechtsprechung abhängig ist. Während früher Schäden ab etwa 1.300 Euro oder 1.500 Euro als bedeutend angesehen wurden, hat sich die Wertgrenze durch die fortschreitende Entwicklung der Reparaturkosten und die Einkommensentwicklung nach oben verschoben. Das Landgericht Hamburg setzte diese Grenze nun bei mindestens 1.800 Euro an.
Diese Entscheidung verdeutlicht, wie sich wirtschaftliche Entwicklungen auf die Rechtsprechung auswirken können. Die Anhebung der Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden spiegelt die die allgemeine wirtschaftliche Situation wider. Dies war der herausstechende Grund die Fahrerlaubnis der betroffenen PKW-Fahrerin nicht zu entziehen, da die geschätzten Reparaturkosten von 1.600 Euro die neu festgesetzte Grenze nicht überschritten. Folgt man den Richtern, so wird grundsätzlich deutlich, dass die Beurteilung der Schadensbedeutung sich an den Reparaturkosten- und der allgemeinen Einkommensentwicklung orientiert und auch orientieren soll.
Für Betroffene und ihre Rechtsbeistände ist es daher essenziell, stets die aktuellsten Entscheidungen und deren Auswirkungen im Blick zu haben.
Landgericht Hamburg, Beschluss vom 9.8.2023; AZ – 612 Qs 75/23 –
Foto: Ralf Geithe

Interessanterweise erkennt der BGH Ausnahmen von diesem generellen Verbot an, die sich auf das Zurücksetzen beschränken, um anderen Fahrzeugen das Ein- oder Ausfahren zu ermöglichen. Diese Ausnahmeregelung reflektiert erfreulicherweise ein deutliches Verständnis für praktische Erfordernisse im Straßenverkehr.
Die Gerichtsentscheidung verdeutlicht, dass die Pflicht zur vollständigen Registrierung der Nutzerdaten essentiell ist, um im Falle eines Verkehrsverstoßes die Verantwortung adäquat zuweisen zu können. Vermieter von E-Scootern müssen also gewährleisten, dass im Falle einer rechtlichen Nachverfolgung die nötigen Informationen vorliegen. Das Gericht betonte dabei auch, dass die Anhörung des gewerblichen Halters selbst nach nahezu zehn Wochen noch als rechtzeitig gilt, was die praktischen Herausforderungen der Bußgeldbehörden anerkennt.
Einige Wochen später erhielt die Autofahrerin einen Bescheid von der Stadt Kirtorf, in dem ihr Kosten in Höhe von 784,20 Euro für den Einsatz in Rechnung gestellt wurden. Die Begründung: Es seien insgesamt Kosten von über 1.000 Euro entstanden, aber aus Billigkeitsgründen sei die Summe um 25 % reduziert worden.
Das zunächst angerufene Landgericht Berlin wies die Klage ab. Seiner Auffassung nach komme allein eine Haftung der Winterdienstfirma in Betracht. Eine Haftung sei aber ausgeschlossen, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass am Unfalltag allgemeine Glättegefahr in Berlin herrschte und für die Beklagte konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr aufgrund einzelner Glättestellen bestanden habe.
Die Kläger wenden sich nicht gegen die Beurteilung des Landgerichts, wonach sich das Unterlassungsbegehren nicht auf eine Gesundheitsverletzung stützen lässt. Diese Beurteilung sei rechtlich auch nicht zu beanstanden. Sie nahmen auch die Annahme des Landgerichts hin, dass der beklagten Spedition keine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung zuzurechnen sei. Auch insoweit sind Rechtsfehler des Landgerichts nicht ersichtlich.
Das wollte dieser nicht hinnehmen, die Verstöße mit den drei auf ihn zugelassenen Fahrzeugen hätten andere Personen begangen. Gegen die Entscheidungen habe er lediglich kein Rechtsmittel eingelegt um der Behörde Arbeit zu ersparen. Die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage als milderes Mittel hätte zunächst greifen sollen – er sei beruflich auf die Fahrerlaubnis angewiesen.
Aus diesem Grund habe für den Beklagten eine klare Situation vorgelegen, so dass er nicht zum Überholen des Radfahrers hätte ansetzen dürfen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Beklagten beim OLG.
Das Landgericht hatte der Klage auf Basis einer Haftung des Beklagten von 25 Prozent stattgegeben. Die Berufung des Klägers führte zu einer Abänderung der Haftungsquote auf 50 Prozent Maßgeblich für die Höhe der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten sei, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden sei, betonte das OLG. So seien hier die Anteile als gleichgewichtig anzusehen und der durch den Unfall verursachte Schaden daher zu teilen.