Oft enthalten Arbeitsverträge Klauseln, nach denen anfallende Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind. Solche Klauseln sind nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer aus der Klausel zweifelsfrei ersehen kann, in welchem Umfang diese zu leisten sind. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Klausel besagt, dass „erforderliche Überstunden“ oder schlicht und einfach jedwede Überstunden mit dem normalen Gehalt abgegolten sein sollen.
Zulässig ist hingegen eine vertragliche Abgeltung zeitlich konkret eingegrenzter Überstunden (beispielsweise mit „10 Stunden pro Monat“ benannt). Auch eine Abgeltung einer größeren Zahl von Überstunden in den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes ist möglich. Das heißt diese können umgangssprachlich „abgefeiert“ werden, es findet also ein echter Ausgleich statt. In dem Fall gilt es allerdings zu beachten, dass Überstunden bis zur Höchstarbeitsgrenze des Arbeitszeitgesetzes von 48 Stunden wöchentlich bereits mit dem normalen Entgelt abgegolten sind.
Bei Diensten höherer Art (zum Beispiel bei angestellten Rechtsanwälten in der Rechtsabteilungen von Konzernen) oder bei Arbeitnehmern mit Führungsaufgaben, die nicht unter das Arbeitszeitgesetz fallen (zum Beispiel Chefärzte und leitende Angestellte) muss der Entgeltanspruch für Überstunden nicht zwangsweise gültig sein. Eine weitere wichtige Grenze hat dazu das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom Februar 2012 gezogen: Bei Zahlung einer deutlich hervorgehobenen Vergütung – gekennzeichnet etwa durch die Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung – besteht keine objektive Vergütungserwartung für Überstunden. Diese sind dann in der Tat mit dem herausgehobenen Gehalt bereits abgegolten.
Nach statistischen Erhebungen werden in Deutschland jährlich tatsächlich mehrere Milliarden Überstunden erbracht. Deren Ableistung dürfte also in der Praxis der Regelfall sein. Sofern Arbeitnehmer hinreichend genaue Aufzeichnungen über die von ihnen geleistete Überstunden geführt haben, können bei längeren Zeiträumen durchaus beträchtliche Zahlungsansprüche anwachsen. Die gesetzliche Verjährungsfrist beträgt dabei übrigens drei Jahre. Danach können also grundsätzlich auch rückwirkend keine Vergütungsansprüche mehr geltend gemacht werden. Bevor man als Arbeitnehmer aber allzu optimistisch hohe zusätzliche Einkünfte aus einem Überstundenguthaben einkalkuliert, lohnt sich der Blick in den Arbeitsvertrag.
Häufig sind nämlich im Arbeitsvertrag Ausschlussfristen enthalten (also beispielsweise eine Bestimmung, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von drei Monaten schriftlich geltend zu machen sind – und ansonsten schlicht verfallen). Eine wichtige Besonderheit hinsichtlich der Ausschlussfristen verdient jedoch Erwähnung: Führt nämlich der Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto und nimmt er in dieses die Überstunden von Arbeitnehmern auf, stellt dies eine klare Anerkennung dar. Die Folge ist, dass sich ein Arbeitgeber damit nicht mehr auf eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist berufen kann.
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