In dem zu entscheidenden Fall ging es um einen Mann, der ohne ordnungsgemäßen Sicherheitsabstand mit seinem Auto auf der Autobahn fuhr. Eine Abstandsmessung ergab nach dem üblichen Toleranz-Abzug, dass er bei 131 km/h weniger als drei Zehntel des halben Tachowerts Abstand zum Vordermann hielt. Der Fahrer erhielt daraufhin einen Bußgeldbescheid über 530 Euro sowie zusätzlich einen Monat Fahrverbot.
Nun kann in gewissen außergewöhnlichen Situationen (bei einem Einscheren oder Abbremsen des Vordermanns) eine Unterschreitung des Mindestabstands „nur“ als fahrlässig bewertet werden. Gibt es dagegen keine solche Sondersituation, kann das Unterschreiten auch als Billigung oder Vorsatz gewertet werden. Das zeigt ein Urteil des Amtsgericht Landstuhl vom April 2021.
Ohne Vorliegen konkreter, dagegen sprechender Anhaltspunkte muss davon ausgegangen werden, dass Autofahrern das Unterschreiten des Sicherheitsabstandes bewusst ist und sie dies zumindest billigend in Kauf nehmen.
Da die Behörden dem Mann vorsätzliches Verhalten vorwarfen, war das Bußgeld doppelt so hoch wie üblich. Dagegen legte der Mann Einspruch ein – und nachdem er Einsicht in die Messakte hatte, bemängelte er die gemessene Strecke als zu kurz. Im Messbereich habe sich sein Abstand zum Vorausfahrenden nur ganz kurz verringert und sei dann wieder größer geworden. Daher sei ihm kein Vorsatz zu unterstellen.
Das Argument zog beim Amtsgericht in Landsberg allerdings gar nicht. Nach dessen Ansicht reichte es für den Vorwurf des Vorsatzes aus, dass der Abstand zu irgendeinem Zeitpunkt unterschritten war. Denn es habe keine außergewöhnliche Situation durch Abbremsen oder Einscheren des Vordermannes gegeben. Der Fahrer habe also mit Absicht gehandelt.
In einem Zeitraum von mehr als zwei Sekunden hatte der Fahrer zu wenig Sicherheitsabstand – er hätte diesen aber ohne Probleme durch leichtes Abbremsen vergrößern können, was er aber nicht tat. Das wertete das Gericht nicht mehr als Fahrlässigkeit, sondern ging davon aus, dass der Kläger sich der Unterschreitung bewusst war oder diese zumindest billigte.
Der ADAC kommentierte dies, in dem er darauf hinwies, dass es dem Gericht hier darauf ankam, dass der Mann früher hätte reagieren müssen. Es gebe zwar in Deutschland auch Gerichte, die eine gewisse Dauer der Unterschreitung voraussetzen – was im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen sei. Tatsächlich ist eine Einschränkung der „nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung“ dem § 4 StVO nicht zu entnehmen.
Amtsgericht Landstuhl, Urteil vom 20.4.2021; AZ – 2 OWi 4211 Js 1233/21 –
Foto: Stefan Weis