Unterlassene Anhörung vor Löschung eines Facebook-Posts kann nachgeholt werden

Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs sind die Regelungen in den Nutzungsbedingungen, die Facebook (FB) bei Hassrede eine Befugnis zur Löschung einräumen, unwirksam. Es ist kein echtes Verfahren bei  FB aktiv, aufgrund dessen betroffene Nutzer über die Entfernung ihres Posts umgehend informiert, der Grund dafür mitgeteilt und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung eingeräumt wird – woran sich eine neue Entscheidung mit der Möglichkeit der Wiederfreischaltung des Posts anschließt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat Ende Juni 2022 entschieden, dass die fehlende Anhörung seitens der Beklagten in einem Gerichts-Verfahren nachgeholt werden kann und, wenn dies zu keiner anderen Bewertung führt, der betroffene Nutzer dann nicht die Wiederfreischaltung des Posts beanspruchen kann. Das Löschungsrecht ergebe sich in diesem Fall bei einem vertragswidrigen Post aus dem Nutzungsvertrag. so das OLG.

Anhörung vor Löschung Facebook-PostsDer Kläger stimmte den im April 2018 geänderten Nutzungsbedingungen der Beklagten zu. Im November 2018 postete er im Zusammenhang mit einem Artikel über gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Afghanen in einer Flüchtlingsunterkunft, in deren Verlauf diese untereinander Messer eingesetzt hätten. Die Beklagte löschte diesen Beitrag und sperrte außerdem vorübergehend Teilfunktionen des klägerischen Kontos. Der Kläger begehrte daraufhin vor dem Landgericht unter anderem die Freischaltung des gelöschten Beitrags. Das Landgericht hatte die Klage jedoch abgewiesen.

Die Berufung vor dem OLG hatte auch keinen Erfolg. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Wiederfreischaltung des gelöschten Posts. Der Post sei zwar eine Meinungsäußerung. Er verstoße aber gegen die über die Nutzungsbedingungen vereinbarten Bestimmungen in den Gemeinschaftsstandards zur Hassrede. Der Begriff der Hassrede sei hinreichend transparent und in den Regelungen klar definiert.

Soweit die Löschung des Posts erfolgte, ohne den Kläger umgehend zu informieren und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme mit anschließender Neuentscheidung zu gegeben, könne die Beklagte sich nicht auf ihre Regelungen zum Entfernungs- und Sperrvorbehalt berufen. Diese seien gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam. Sie sei aber zur Löschung unmittelbar aus dem Nutzungsvertrag berechtigt. Die Beklagte sei aber grundsätzlich verpflichtet, den Nutzer über die Entfernung eines Beitrags zu informieren und im Gelegenheit zur Stellungnahme und Neuentscheidung zu geben. Dies sei im Rahmen des vorliegenden Prozesses nachgeholt worden. Der anfängliche Anhörungsfehler sei damit nachträglich geheilt worden.

Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig (Stand Juli 2022). Der Senat des OLG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich des Antrags auf Wiederherstellung des gelöschten Artikels die Revision zum BGH zugelassen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30. 6.2022; AZ – 16 U 229/20 –

Foto: ymgerman

 

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