Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass die Funktion des Vorsitzenden im Betriebsrat in der Regel unvereinbar mit der Rolle des Datenschutzbeauftragten im Unternehmen ist. Die Entscheidung bezieht sich auf einen Fall, in dem ein Arbeitnehmer sowohl Vorsitzender des Betriebsrats als auch Datenschutzbeauftragter war. Das Unternehmen widerrief seine Bestellung als Datenschutzbeauftragter, da es einen Interessenkonflikt sah. Die Vorinstanzen hatten dem Kläger zunächst Recht gegeben, doch mit dem Urteil vom Juni 2023 entschied das Bundesarbeitsgericht klar dagegen.
Kern der Entscheidung ist der Gedanke des Interessenkonflikts. Der Betriebsrat hat laut Betriebsverfassungsgesetz spezifische Aufgaben und Befugnisse, darunter auch den Zugang zu bestimmten personenbezogenen Daten des Unternehmens. Der Datenschutzbeauftragte hingegen ist dafür verantwortlich, die Einhaltung der Datenschutzgesetze im Unternehmen sicherzustellen. Beide Rollen erfordern unterschiedliche Herangehensweisen an die Verarbeitung personenbezogener Daten, was zu einem Interessenkonflikt führen kann.
Für den Datenschutzbeauftragten ist es von zentraler Bedeutung, unabhängig zu agieren. In der Rolle des Betriebsratsvorsitzenden könnte die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten beeinträchtigt werden, insbesondere wenn es um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht, die der Betriebsrat anfordert oder nutzt. Hier stellt sich erkennbar die Frage, ob der Datenschutzbeauftragte in dieser Konstellation wirklich die nötige Unabhängigkeit bewahren kann, um faktisch sicherzustellen, dass das Unternehmen die Datenschutzgesetze einhält.
Die Entscheidung macht deutlich, dass ein Interessenkonflikt vorliegt, wenn der Datenschutzbeauftragte innerhalb einer Einrichtung eine Position bekleidet, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Das Urteil wirft letztlich auch Licht auf die breitere Thematik der Unvereinbarkeit von Ämtern und zeigt, wie wichtig es ist, die unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb eines Unternehmens klar abzugrenzen, um effektiven Datenschutz sicherzustellen.
Diese Entscheidung bietet daher nicht nur klare rechtliche Leitlinien, sondern auch eine wertvolle Orientierung für Unternehmen und Betriebsräte, um sicherzustellen, dass die jeweiligen Funktionen im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen stehen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6.6.2023; AZ – 9 AZR 383/19 –
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