Risiken beim Kolonnenspringen: Urteil verdeutlicht Haftungsfragen

Ein Urteil des Landgerichts Ellwangen vom März 2024 zeigt die Risiken des sogenannten Kolonnenspringen, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten und auf engen Straßen. Das Urteil stellt klar, dass beim Überholen in einer solchen Situation besondere Vorsicht geboten ist und Überholmanöver unter diesen Bedingungen als riskant einzustufen sind.

Im konkreten Fall ereignete sich ein Unfall auf einer engen Kreisstraße ohne Mittellinie, bei dem ein Teslafahrer eine Fahrzeugkolonne überholen wollte. Beim Versuch, mehrere Fahrzeuge gleichzeitig zu überholen, beschleunigte der Tesla auf 95 km/h und kollidierte mit einem in der Kolonne fahrenden Opel Astra. Das Gericht entschied, dass der Fahrer des Teslas allein für den Unfall verantwortlich sei, da er grob fahrlässig gehandelt habe.

Zwar darf eine Kolonne grundsätzlich überholt werden, jedoch müsse der Überholende die Verkehrsverhältnisse genau beachten. Im vorliegenden Fall war die Straße kurvig, ohne Bankett und nicht breit genug, um ein gefahrloses Überholen zu gewährleisten. Der Fahrer des Tesla hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass die anderen Fahrzeuge am äußersten rechten Rand der Fahrbahn fahren würden, um das Manöver („Kolonnenspringen“) zu erleichtern.

Gefahren des Kolonnenspringen und die Verantwortung des Überholenden, die Verkehrslage richtig einzuschätzenDie Ellwanger Richter stellten zudem klar, dass der Fahrer des Opels keinen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot begangen habe. Aufgrund der Straßenverhältnisse sei es legitim, nicht direkt am äußersten rechten Fahrbahnrand zu fahren, um einen sicheren Abstand zur Straße und möglichen Hindernissen zu halten. Die Fahrbahn selbst war an der Unfallstelle nur fünf Meter breit, und es war keine Verpflichtung gegeben, dem Teslafahrer ein riskantes Überholmanöver zu ermöglichen.

Das Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit, die Verkehrslage sorgfältig zu beurteilen, bevor ein Überholvorgang eingeleitet wird. Eine langsame Fahrt der vorausfahrenden Fahrzeuge allein reicht nicht aus, um eine klare Überholsituation zu begründen. Weitere Faktoren wie die Breite der Straße, Kurvenverläufe und fehlende Markierungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Einschätzung der Verkehrssituation.

Die Entscheidung des Landgerichts Ellwangen betont die Gefahren des Kolonnenspringen und die Verantwortung des Überholenden, die Verkehrslage richtig einzuschätzen. Es besteht keine Verpflichtung anderer Verkehrsteilnehmer, riskante Überholmanöver zu erleichtern, indem sie am äußersten Fahrbahnrand fahren.

Landgericht Ellwangen, Urteil vom 20.3.2024; AZ – 1 S 70/23 –

Foto: hykoe

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