Das Bundesurlaubsgesetz regelt den gesetzlichen Mindesturlaub und die entsprechende Urlaubsabgeltung für Arbeitnehmer. Diese Ansprüche sollen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses unverzichtbar sein. Eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den Verzicht auf den Mindesturlaub oder dessen Abgeltung vorsieht, ist somit nicht zulässig, solange das Arbeitsverhältnis andauert. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eröffnet sich die Möglichkeit eines Verzichts.
Dieser Grundsatz wurde durch ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom April 2024 bekräftigt. Im zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien eines Arbeitsvertrags im Januar 2023 vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 30.4.2023 enden und sämtliche Urlaubsansprüche als in Natur gewährt gelten sollten. Der Arbeitnehmer konnte im Jahr 2023 krankheitsbedingt keinen Urlaub nehmen. Trotz der getroffenen Vereinbarung klagte er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Urlaubsabgeltung – und erhielt sowohl in erster als auch in zweiter Instanz Recht.
Das Landesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen. Diese sollen sicherstellen, dass der Anspruch auf den Mindesturlaub und dessen Abgeltung während des laufenden Arbeitsverhältnisses gewahrt bleiben. Eine Vereinbarung, die diese Ansprüche ausschließt oder beschränkt, würde den Schutzzweck verfehlen.
Die Richter stellten klar, dass der Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarung entscheidend ist. Da diese im Januar 2023 und somit während des laufenden Arbeitsverhältnisses geschlossen wurde, war sie unzulässig. Unerheblich sei dabei, dass das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt bereits feststand.
Auch einen sogenannten Tatsachenvergleich, bei dem sich das Nachgeben auf eine Ungewissheit im Tatsächlichen bezieht, verneinte das Gericht. Ein solcher Vergleich könne sich nicht auf eine völlig unstreitige Forderung beziehen. Im vorliegenden Fall habe kein Streit über die Anzahl der aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Jahr 2023 noch nicht gewährten Urlaubstage bestanden. Das Entstehen, der Umfang und die Nichterfüllung der gesetzlichen Urlaubsansprüche seien unstrittig gewesen.
Das Urteil unterstreicht den hohen Stellenwert des gesetzlichen Mindesturlaubs und der entsprechenden Urlaubsabgeltung. Diese stehen während des Arbeitsverhältnisses nicht zur Disposition der Vertragsparteien. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nicht einvernehmlich auf diese Ansprüche verzichten. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung.
Die Entscheidung schafft Klarheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Der gesetzliche Mindesturlaub und die Urlaubsabgeltung sind während des Arbeitsverhältnisses unverzichtbar. Eine Vereinbarung, die hiervon abweicht, ist unwirksam – unabhängig davon, ob das Ende des Arbeitsverhältnisses bereits feststeht. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses können die Parteien über einen Verzicht disponieren.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11.4.2024; AZ – 7 Sa 516/23 –
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