Müssen Mieter vorhandene Originalbelege zu Betriebskosten in jedem Fall einsehen können?

In einem Urteil vom Dezember 2021 urteilte der Bundesgerichtshof: „Ein Mieter kann hinsichtlich der bei einer Betriebskosten-Abrechnung vom Vermieter geschuldeten Belegvorlage grundsätzlich Einsicht in die Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung verlangen, ohne insoweit ein besonderes Interesse darlegen zu müssen.“ Und ergänzte: „In Ausnahmefällen kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben allerdings in Betracht kommen, dass der Vermieter lediglich die Vorlage von Kopien oder Scanprodukten schuldet. Die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, entzieht sich allgemeiner Betrachtung und ist vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.“

Das ist zunächst der Hintergrund für ein Urteil des Amtsgericht Ludwigslust vom März 2022, dass tatsächlich vorhandene Originalbelege als Priorität sah, und zwar vor eingescannten Belegen, die von dem Kläger ebenfalls hätten direkt eingesehen werden können. Sind die Originalbelege zu einer Betriebskosten-Abrechnung noch vorhanden, so bezieht sich das Einsichtsrecht auf diese Unterlagen. Ein Verweis auf digitale Belege ist dann unzulässig. Dies gelte auch dann, wenn die Originalbelege in einem von der Mietwohnung weit entfernten Ort aufbewahrt werden.

Mietern steht Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege zuMieter einer Wohnung in Mecklenburg-Vorpommern wollten in jedem Fall die Originalbelege zu den Betriebskosten-Abrechnungen für die Jahre 2015 bis 2017 sehen und bekamen damit auch recht. Die Vermieterin verwies zwar darauf, dass in ihrem Büro in Boizenburg Einsicht in die digitalen Belege genommen werden könne – da die Mieter mit der Einsicht in die eingescannten Belege jedoch nicht einverstanden waren, verweigerten sie die Zahlung der Nebenkostennachforderungen. Die Vermieterin erhob daraufhin Klage.

Den Mietern stehe nach Auffassung des Amtsrichters ein Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege zu und zwar wegen der großen Entfernung zum Hauptsitz der Vermieterin in Berlin im Büro in Boizenburg. Grundsätzlich sei ein Vermieter nicht daran gehindert, Originalbelege einzuscannen, dann zu vernichten und dem Mieter Ausdrucke zur Verfügung zu stellen. Etwas anderes sei es aber, wenn die Unterlagen woanders noch bereitgehalten werden. In diesem Fall müsse der Vermieter entweder die Unterlagen beschaffen oder dem Mieter die Einsicht ermöglichen.

Führen Vermieter grundsätzlich ein papierloses Büro, dann ist die Situation absolut eindeutig. Im zu verhandelnden Fall hatte die Vermieterin aber nicht vorgetragen, dass die Originalbelege vernichtet wurden.

Urteil des Amtsgericht Ludwigslust vom 14.3.2022; AZ – 44 C 504/20 –

Foto: Konstantin Yuganov

 

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.