Im April 2020 sollte während der Corona-Pandemie in den Büroräumen der Hausverwaltung eine Eigentümerversammlung (EV) stattfinden. Die Hausverwaltung wies in ihrer Einladung darauf hin, dass die Versammlung nur in Anwesenheit des Verwalters und maximal eines weiteren Eigentümers abgehalten werden kann. Das Einladungsschreiben enthielt folgenden fett gedruckten und unterstrichenen Hinweis: „Wir können zur Zeit keine EV abhalten, in der mehr als zwei Personen sich im Raum aufhalten. Bitte übersenden Sie deshalb eine Vollmacht. Sollten Eigentümer zum Termin erscheinen, müssen wir die Versammlung abbrechen und auf unbestimmte Zeit verschieben.“
Es wurde daher um Erteilung von Vollmachten gebeten. Zudem wurde in Aussicht gestellt, dass die Versammlung abgebrochen und auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben wird, sollten weitere Eigentümer erscheinen. Auf der Versammlung wurden verschiedenen Beschlüsse getroffen, die daraufhin von mehreren Wohnungseigentümern wegen der Art und Weise der Durchführung der Versammlung gerichtlich angegriffen wurden.
Weist die Einladung zu einer Eigentümerversammlung darauf hin, dass sie aufgrund einer Virus-Pandemie nur in Anwesenheit des Verwalters und maximal eines weiteren Wohnungseigentümers durchgeführt werden kann – und bei Erscheinens weiterer Eigentümer abgebrochen und auf unbestimmte Zeit verschoben wird – so sind die dort mit Hilfe von Vollmachten gefassten Beschlüsse unwirksam. Dies hat das Amtsgericht Bad Schwalbach im Oktober 2020 entschieden.
Die Gründe für die Entscheidung zugunsten der Kläger seien im Wesentlichen, dass diese an der persönlichen Teilnahme und Stimmabgabe gehindert wurden, wodurch ihnen die Mitwirkungsrechte entzogen worden seien. Die Einladung zur Eigentümerversammlung habe eine klare Aufforderung enthalten, der Versammlung fernzubleiben und der Hausverwaltung Stimmrechtsvollmacht zu erteilen. Eine bloße Bitte oder ein Appell habe nicht vorgelegen. Aus der Einladung habe sich klar und deutlich ergeben, dass keiner der Eigentümer an der Versammlung persönlich teilnehmen dürfe, da die Versammlung anderenfalls aufgelöst werde.
Nach Auffassung des Amtsgerichts würde auch keine Pandemie eine Ausnahme von der eklatanten Einschränkung der Teilnahme- und Stimmrechte der Wohnungseigentümer rechtfertigen. Eine Eigentümerversammlung hätte unter Beachtung der geltenden Hygiene- und Abstandsregeln durchgeführt werden können. Gegebenenfalls hätte die Hausverwaltung einen geeigneten größeren Saal anmieten oder von vorneherein die Versammlung verschieben müssen, bis eine Besserung der COVID19-Lage eintritt.
Amtsgericht Bad Schwalbach, Urteil vom 26.10.2020; AZ – 3 C 268/20 (1) –
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