Das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ soll erwachsene Kinder, deren Eltern im Heim gepflegt werden, besser stellen. Es ist ja auch kein Geheimnis mehr, dass die Kosten für Aufenthalte in Heimen und die Pflege permanent steigen. Gehälter der Angestellten werden angepasst (sicher ohnehin schon lange nötig), dazu kommt der Unterhalt der Heime, Pflege und Verpflegung der Bewohner. Kurz: Die Rente Einzelner reicht meist nicht für die Heimkosten, denn im Durchschnitt liegt der Eigenanteil für einen Platz in einem Pflegeheim bei rund 1.700 Euro im Monat. Über kurz oder lang werden die Eltern zum Sozialfall und die Kinder müssen einspringen. Das soll der Eltern-Unterhalt abfedern.
Bislang lag das Nettoeinkommen, das ein „Kind“ vor Inanspruchnahme schützte, bei 1.800 Euro netto. Wer nach Abzug unterhaltsrechtlich relevanter Belastungen weniger hatte, musste nichts zahlen, wer mehr hatte, musste davon die Hälfte abgeben. Für Eheleute galt ein gemeinsamer Selbstbehalt von netto 3.240 Euro. Auf ein Jahr gerechnet entspricht das bei einem kinderlosen Single einem Jahres-Brutto von 33.000 Euro – bei Eheleuten etwa 70.000 Euro. Der Eltern-Unterhalt legt nun zugrunde, dass unterhalb von 100.000 Euro eigenem Bruttoeinkommen kein Kind mehr für seine Eltern zahlen soll – jedenfalls nicht aus eigenen Einkommen.
Im Bereich der „Grundsicherung im Alter“ ist dies schon länger so Praxis und führt etwa dazu, dass Empfänger von Grundsicherung routinemäßig nach den Berufen der Kinder gefragt werden. Daraus leitet dann ein Sachbearbeiter ab, wer wohl keine 100.000 Euro verdient, aber auch, bei wem sich eine nähere Nachfrage lohnen könnte.
Wie bisher gilt aber: Liegen durch diese Angaben Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so darf das Sozialamt dann doch bei den Kindern detaillierte Auskünfte verlangen. Was solche „hinreichenden Anhaltspunkte“ sind, liegt im Ermessen der Ämter. Außerdem können die Ämter im Blick haben, dass eine Unterhaltsleistungsfähigkeit nicht nur aus Einkommen, sondern auch aus Vermögen gezogen werden kann – und dann müssten sie sowieso Auskunft verlangen. Eltern-Unterhalt soll damit also keine generelle Leistung werden, sondern zielt darauf weniger verdienende Kinder bei Pflege ihrer Eltern zu entlasten.
Ob dabei die Vermögens-Schongrenzen Gültigkeit haben, die der BGH kreiert hat ist noch abzuwarten. Generell soll der Familienverband entlastet und die Solidargemeinschaft stärker in die Verantwortung genommen werden. Die bisher bestehenden Strukturen der Einstandspflicht der Kinder sollen weitestgehend aufgebrochen werden. Hintergrund ist, dem gesellschaftlichen Wandel durch eine stärkere Inanspruchnahme des Staates Rechnung zu tragen.
(Stand Oktober 2019)
Foto: zinkevych– stock.adobe.com